Rio-Überfall: Die letzten Zeugen

Grafenwöhr/Weiden. (ca) Seit Februar steht in Weiden ein Ukrainer (41) vor Gericht. Er soll einer der Männer gewesen sein, die im April 2016 zwei Senioren in Grafenwöhr nachts überfallen, gefesselt und ausgeraubt haben. Der Prozess gegen ihn und drei mutmaßliche Beihelfer aus der Region geht seinem Ende entgegen. Für nächste Woche, 9., 11. und 12. Juli, sind die letzten vier Zeugen vorgesehen, alle von der Kriminalpolizei Weiden. Darunter sind die beiden Sachbearbeiter, auf deren Ermittlungsergebnissen die Anklage fußt.

Theoretisch wäre die Beweisaufnahme dann abgeschlossen. Theoretisch. Denn: Die Verteidigung wird weitere Anträge stellen. Anwalt Jörg Sodan vertritt den Hauptangeklagten Viktor C. Aus seiner Sicht reichen die Beweise nicht für eine Verurteilung wegen schweren Raubes: "Durch objektive Beweismittel werden bisher nicht die Indizien bekräftigt, auf die diese Anklage gestützt ist."

Viktor C. bestreitet eine Beteiligung. Und die Überfallenen können ihn nicht identifizieren: Ernst W., inzwischen 92 Jahre alt, und seine Frau Luise, 82, sahen zwei oder drei schwarz vermummte Männer. Aus Sicht von Sodan reichen auch die weiteren Indizien nicht: Die DNA von Viktor C. wurde an einem Handschuh im Bach Creußen gefunden, am Tatort aber nicht. Auch das Foto aus einer Verkehrskamera aus Prag beweist aus seiner Sicht nichts: Selbst wenn es Viktor C. am Steuer des Tatfahrzeugs zeigen würde. Dazwischen liegen 225 Kilometer Fahrtstrecke.

Richter in Prag

Zu guter Letzt belastet Viktor C., dass unter seinem Alias-Namen diesen Renault Megane gemietet wurde. Auskunft könnte der Autovermieter aus Prag geben. Ihm läuft die Strafkammer seit Beginn des Prozesses hinterher. Erst ignorierte er die Ladungen nach Weiden. Letzte Woche wurde er schließlich von einem Prager Richter vernommen. Die Weidener Strafkammer fuhr dazu in die tschechische Hauptstadt. Das Protokoll wird noch verlesen.

Erschwert wird der Prozess, weil ein Ermittler der tschechischen Polizei nicht mehr nach Weiden kommen will. Der Hauptmann aus Zlín befürchtete eine "Entehrung" durch die forschen Verteidiger. Inzwischen hat ihn ein Richter in Brünn auf die Schnelle selbst vernommen. Diese Vernehmung ist aktuell für den Papierkorb: Das Vorgehen entspricht nicht den Regeln der internationalen Rechtshilfeabkommen. "Vor diesem Hintergrund kann die Zeugenvernehmung nicht in den Prozess eingeführt werden", bedauert Vorsitzender Richter Markus Fillinger. Einen erneuten Vorstoß plant die Kammer nicht, was wiederum Verteidiger Dr. Jan Bockemühl kritisiert: "Meiner Meinung nach darf sich das Gericht damit nicht zufriedengeben."

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Täter zu viert waren: Viktor C., Oleksandr M. (in Österreich in Haft) sowie Oleg Brinza und Vadim Costev, die per internationalem Haftbefehl gesucht werden. Die Vier waren gemeinsam aus der Ukraine über die Slowakei nach Tschechien eingereist. Zwei Tage vor der Tat trafen sich Viktor C. und Oleksandr M. in Grafenwöhr mit den drei mitangeklagten Tippgebern.

Aktuell sind noch fünf Verhandlungstage bis Ende Juli angesetzt. Gut möglich, dass dies nicht reicht. Bis Freitag sollen die Verteidiger freie Termine bis Mitte August melden.

Es geht in einem solchen Prozess nicht darum, möglichst schnell, sondern richtig zu urteilen.

Verteidiger Marc Steinsdörfer