Jahrzehntelang bedeutete die Bahnstation Haidenaab-Göppmannsbühl den Anschluss der Orte an die "große weite Welt". Seit 1. Januar 2010 ist Haidenaab auch nordöstlichster Haltepunkt des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN). Diesem sind 439 Gemeinden mit rund 2,871 Millionen Einwohnern (Stand: 2020) angeschlossen. Heute halten die Regionalzüge. Die Regional-Express-Züge bei Bedarf.
Der 15. Dezember 1912 - damals der dritte Adventssonntag - war ein großer Tag für die Bürger der beiden Ortsteile. Damit endete nämlich ein 23-jähriger Kampf um die Errichtung einer eigenen Haltestelle auf der 1878 eröffneten Fichtelgebirgsbahn von Nürnberg nach Marktredwitz. Es ging damit ein langgehegter Wunsch in Erfüllung, wie historische Akten, Verträge, Protokolle und zeitgenössische Zeitungen belegen. Ihnen ist Heimatforscher Werner Veigl im Gemeindearchiv Speichersdorf, in den Stadtarchiven Nürnberg und Bayreuth und im Verkehrsarchiv des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München nachgegangen, um die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte zu erforschen.
Bahnstrecke 1878 eröffnet
Vorbei war damit nach 34 Jahren der kilometerlange, beschwerliche Weg zu einem der beiden Bahnhöfe Immenreuth oder Kirchenlaibach. Per Gesetz vom 27. Juli 1874 beschlossen und am 15. Mai 1878 eröffnet, bedeutete schon der Bau der zweigleisigen Hauptstrecke Nürnberg-Marktredwitz eine Zäsur: einerseits Anbindung an das schnellste und leistungsfähigste Verkehrsmittel der Zeit und Arbeit für viele Mauerer, Bauernsöhne und Tagelöhner, andererseits gravierender Eingriff in die Landschaft, künstliche Grenze zwischen den beiden Ortsteilen.
Auch mussten die Haidenaaber und Göppmannsbühler Bürger laut Grundabtretungsvertrag vom 26. Juli 187.618,04 Tagwerk für 19.421 Mark hergeben. Die Bahn forderte auch ihren Tribut. Ein Eisenbahnarbeiter kam 1877, ein Ablösewärter 1895 ums Leben.
Bittbriefe und Petitionen
Um eine eigene Haltestelle mit Güterabfertigung am Bahnwärterposten Nummer 37 der Fichtelgebirgsbahn zu bekommen, wurde über 23 Jahre lang bei der Generaldirektion der Königlich-Bayerischen Verkehrsanstalten in München und an den Bayerischen Landtag vorgesprochen. Es wurden in konzertierten Aktionen durch die Gemeinden Göppmannsbühl am Berg, Haidenaab, Wirbenz, Kötzersdorf, Kirchenpingarten, Lienlas Eingaben, Bittbriefe und Petitionen verfasst, um zumindest den Halt von sogenannten Lokalzügen zu erreichen. Erstmals sollte ein Schreiben vom 11. Mai 1889 vom Nutzen, der Wirtschaftlichkeit und der Verbesserung der Vermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und des Tourismus überzeugen.
Name zu lang
Die Eingabe wurde aus Gründen der Kosten, Fahrplanveränderung, mangelnden Streckeneignung ebenso abgelehnt wie die 1899 und 1903. Selbst der Wirbenzer Pfarrer Gruber setzte sich 1904 ein. Es sollte jedoch noch bis zum 15. Dezember 1912 dauern, so Werner Veigl, ehe für Personen, Reisegepäck und Expressgut die Haltestelle endgültig im Fahrplan auftauchte. Auf der Zielgeraden hätte sich die Eröffnung um ein Haar verzögert, hatte das Innenministerium wegen des Doppelnamens der Haltestation Haidenaab-Göppmannsbühl sein Veto eingelegt: Er war den Beamten einfach zu lang.
Rund um die Uhr war die im Jahre 1912 in Betrieb genommene Station von einer fünfköpfigen Mannschaft abwechselnd besetzt. Rund 100 Züge passierten werktäglich den Übergang. Für jeden Zug hatte der Bahnwärter das Haus zu verlassen, um per Handkurbel die beiden großen Schranken herabzulassen. Er blieb aus Sicherheitsgründen persönlich dort, bis der Zug passiert hatte und er den Übergang wieder freigeben konnte.
Die Errichtung der Bahnstation sollte sich bezahlt machen. Nach 1419 Tickets noch in 1912 wurden ein Jahr später 12.474 Fahrkarten verkauft. Noch um die Jahrhundertwende suchten Einwohner von Grafenwöhr den heilkundigen Johann Georg Mayer von Göppmannsbühl am Berg auf. Gäste aus Hof, Marktredwitz, Bayreuth besuchten die Gaststätten.
Knapp 80 Jahre später, im August 1991, ging mit der Auflassung des Bahnübergangs und dem Abbruch des Bahnwärterhäuschens ein Stück Haidenaaber Bahngeschichte wieder zu Ende. Geblieben ist nur der Haltepunkt. Um die Trennung der beiden Ortschaften Haidenaab und Göppmannsbühl durch die zweigleisige Bahnlinie ohne Übergang zu überwinden, wurde 1991 eine neue Radfahrer- und Fußgängerunterführung gebaut.
Trauer nach Tod von Prinzregent
So unspektakulär wie die Auflösung und der Abriss 1991 erfolgte, war 79 Jahre vorher die Eröffnung vonstatten gegangen. Denn so groß die Freude damals über die Errungenschaft war, groß gefeiert werden konnte der erste Halt nicht. Drei Tage zuvor, am 12. Dezember 1912, war Prinzregent Luitpold von Bayern im Alter von 91 Jahren verstorben. Bayern befand sich in Landestrauer. So blieb es bei einer kleinen inoffiziellen Eröffnungsfeier. Der Göppmannsbühler Bürgermeister Karl Porsch und der Haidenaaber Bürgermeister Johann Veigl mitsamt ihren Gemeinderäten trafen sich mit Bürgern an der Bahnstation zu einem Bier. "Jedes Schulkind erhielt drei Würste und Brot", hatte der damalige Chronist Lehrer Ignatz Huber in seinem Notizbuch der Schule Haidenaab vermerkt.
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