Mit einer Drehleiter bringt die Hirschauer Feuerwehr am Montagvormittag Sebastian Fischer und seine Kollegen in die Luft, hoch zum Rathausdach. Denn dort gibt es an diesem Tag Arbeit für den Inhaber der Freudenberger Firma Sirenenbau Fischer. Er tauscht die alte Hirschauer Sirene gegen eine neue, digitale aus.
Elektroniker und Industriekletterer
Sebastian Fischer ist nicht nur Elektroniker und Experte für Sirenen, Alarmierungssysteme und Blitzschutzanlagen, er ist auch geprüfter Industriekletterer. Die Steigerausbildung braucht er in seinem Job. „Wir müssen bei unserer Arbeit da hingehen, wo sich sonst niemand hintraut“, erzählt er. Mit einem Klettergurt sichert er sich auf dem Dach des Hirschauer Rathauses und löst dann die alte pilzförmige Sirene. Gemeinsam mit seinen Kollegen hebt er das verrostete, etwa 80 Kilo schwere Teil in den Korb der Drehleiter. Es hat ausgedient.
An seinem Platz montiert Fischer eine neue Sirene. Eine mit vier Lautsprechern, die in verschiedene Richtungen zeigen. In welche, das wurde vorher berechnet, erklären die Experten. „Wir erfassen zunächst mit moderner Technik den Bestand und ermitteln, was nötig ist, um die Menschen im Bedarfsfall zu erreichen“, erläutert Fischer, der in ganz Deutschland und Europa, zum Beispiel in Italien und Kroatien, Sirenen installiert. 2018 war er auch in Freudenberg tätig.
Sprachdurchsagen und 64 akustische Signale
In Hirschau montieren die Männer – angepasst an die Gegebenheiten – ein Gerät mit 600 Watt. „Das ist unser neuestes Modell“, sagt Fischer. Es kann 64 akustische Signale aussenden, und auch Sprachdurchsagen sind möglich. „Damit kann bei jedem möglichen Szenario ordentlich alarmiert werden.“ Egal ob Feuer, terroristische Bedrohungen oder Wetterwarnungen. Die Durchsagen können live wiedergegeben oder ausgelöst werden. Außerdem kann die Sirene durch die Leitstelle, aber auch vor Ort bedient werden. Wenn eine SIM-Karte nachgerüstet wird, funktioniert das sogar über das Handy. „So geht eine Nachalarmierung im Notfall noch schneller als über die Leitstelle.“
Erstmals seit der Wiedervereinigung wurde am 10. September ein bundesweiter Probealarm ausgelöst. Der zeigte, dass nicht alle Systeme reibungslos funktionieren – vielerorts blieb es still. „Nach dem schiefgelaufenen Warntag rüsten viele Städte und Gemeinden nun massiv nach“, erzählt Fischer. Und das sei wichtig. Über Facebook und andere soziale Medien würden sich Gerüchte und falsche Informationen schnell verbreiten. Deshalb sei es unverzichtbar, „explizite Informationen aus erster Hand weitergeben zu können“, findet der Experte.
Hirschau und Freudenberg Vorreiter
Die Region habe hier noch massiven Nachholbedarf. „Hirschau und Freudenberg haben eine Vorreiterrolle“, sagt Sebastian Fischer. „Hier hat man sich Gedanken gemacht, wie die Bevölkerung wesentlich geschützt werden kann und das dann auch umgesetzt.“ Er wisse aber auch, dass das nicht immer nur positiv aufgenommen wird. „Das gefällt nicht jedem. Gerade in Zeiten von Corona fühlen sich viele Bürger schnell bevormundet. Aber darum geht es ja gar nicht, sondern nur um ihren Schutz.“
Auf dem Dachboden des Hirschauer Rathauses schließt der Chef mit seinen Mitarbeitern den neuen Schaltschrank an. Ein weiterer guter Grund für die neue Sirene, erklärt Fischer. Der alte Schaltschrank hätte nicht mehr dem modernen Brandschutz entsprochen. „Das kann besonders in so einem alten Dachstuhl fatale Folgen haben.“ Der neue sei außerdem sabotagefest. „Wir arbeiten auch für militärische Sicherheitsdienste.“ Wird etwas beschädigt, werde ein Alarm ausgelöst, außerdem könne die Sirene 30 Tage ohne Strom laufen. Auch eine Nachrüstung von Solarpanelen sei möglich.
„Das System meldet sich selber, wenn es ein Problem gibt“, schildert der Fachmann. Wartungsarbeiten seien deshalb nicht mehr nötig. Die verbauten Akkus müssten erst in etwa sechs bis neun Jahren ausgetauscht werden. Das System stammt aus Eigenentwicklung, betont der Firmenchef. „Made in Germany.“
Probealarm am Montagmittag
In Hirschau sollen Sprachdurchsagen nun im Ortskern gut verständlich sein, den Sirenenalarm wird man in der gesamten Ortslage hören, erläutert Fischer. Um kurz nach 12.30 Uhr sind die Arbeiter im Hirschauer Rathaus fertig. Mit einem Probealarm soll die Sirene getestet werden. Doch es ist Geduld gefragt. Die Hirschauer Feuerwehrleute sind gerade zu einem Einsatz ausgerückt. Erster Kommandant Sebastian Jasinsky befürchtet, der Probealarm könnte als Nachalarmierung missverstanden werden. Um 13 Uhr gibt er Sebastian Fischer grünes Licht. „Achtung, Achtung! Hier spricht Ihre Feuerwehr, das ist ein Probealarm!“ ertönt es zweimal, dann erklingt der Alarmton für Feuer. Test erfolgreich: Hirschaus neue Sirene ist in Betrieb.
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