Im Unternehmen und für die Oberpfalz: Werner Conrad sucht die Veränderung

Hirschau
23.02.2023 - 15:23 Uhr
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Bei Conrad Electronic gab es eine große Zeitenwende: Filialen wurden geschlossen, Geschäftskunden noch wichtiger. Werner Conrad spricht über den Wandel im eigenen Familienunternehmen – für die Oberpfalz hat er zudem ganz andere Pläne.

Der Podcast mit Werner Conrad:

Bei Werner Conrad ging es früh los mit dem Drang nach Veränderung. "Ich habe als Kind schon mein Zimmer regelmäßig umgeräumt", sagt er. Das Poster von Giacomo Agostini, einem legendären italienischen Motorradfahrer, wanderte immer mit. "Den habe ich verehrt." Das Poster durfte also im Zimmer bleiben, doch selten an der gleichen Wand. Heute ist Werner Conrad 62 Jahre alt, doch die Veränderung liebt er immer noch.

Von 1997 bis 2021 führte Werner Conrad das Oberpfälzer Familienunternehmen Conrad Electronic mit Sitz in Hirschau (Landkreis Amberg-Sulzbach) in der vierten Generation. Inzwischen hat er sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, ist nun der Vorsitzende des Verwaltungsrates. Doch umtriebig bleibt er. "Ich bin neugierig", sagt er. Conrad ist meistens auf Achse. Er nennt sich einen "Oberpfälzer Weltbürger". Auf seinen Reisen will er lernen. Wenn man wisse, was andere Staaten so draufhaben, könne man sich besser verorten. Sein Ergebnis: "Wir sollten ganz schnell von unserem hohen Ross runtersteigen." Und die Begründung liefert er in tiefstem Oberpfälzisch gleich nach: "Die andern san a ned auf da Brennsuppn dahergschwumma." In drei Punkten müsse sich Deutschland dringend verbessern – nämlich bei der Digitalisierung, der Minimierung von Bürokratie und der Bildung. "Alle drei Themen hängen unmittelbar zusammen", findet Conrad.

Er berichtet von ukrainischen Flüchtlingskindern, die an einem Samstag in Hirschau angekommen seien, und bereits am Montag mit dem Tablet am Unterricht in ihrem Heimatland teilgenommen hätten. Wenn er das mit Deutschland vergleiche? "Da liegen Welten dazwischen." Die Bürokratie habe seiner Meinung nach nicht ab-, sondern zugenommen. Außerdem würden viele Verwaltungen im europäischen Ausland viel digitaler arbeiten – und somit bürgerfreundlicher und kostengünstiger. "Wir werden nichts an Brüssel ändern, wir werden nichts an Berlin ändern", ordnet er ein.

Digitale Studienreise

Doch er wolle im Kleinen anfangen mit der Veränderung – in seiner Heimat. Der Plan: Werner Conrad will ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter von Oberpfälzer Gemeinden und Landkreisen auf eine Art Studienreise in das besser digitalisierte Ausland einladen. Außerdem habe man eine Umfrage unter den Bewohnern der Oberpfalz gestartet. Thema: die Zufriedenheit mit den Verwaltungen in der Region. Digitalisierung, Bürokratie und Bildung – diese drei Themen würden alle Bürgerinnen und Bürger betreffen, und somit auch die Unternehmerinnen und Unternehmer. "Wenn wir das in den Griff kriegen, dann glaube ich, schaffen wir es auch wieder, an die Spitze der Industrienationen zu kommen. Und da, glaube ich, gehören wir auch hin", sagt Conrad.

Der heute 62-Jährige musste aber schon früh lernen, dass Veränderung auch Folgen hat. Als er in seinem Kinderzimmer das Poster von Giacomo Agostini umgehängt hatte, ging nämlich auch immer ein Stück von der Tapete mit ab. "Damals gab es nur eine Sorte Tesafilm", erklärt er und die sei in Sachen Klebekraft viel stärker gewesen als heute. "Veränderung ist auch mit gewissen Opfern verbunden, das ist so", sagt Conrad. Ein Beispiel dafür dürften auch die Entwicklungen der vergangenen Jahre in seinem Unternehmen gewesen sein.

Es hat sich einiges geändert bei Conrad Electronic. Vor rund sechs Jahren betrieb das Unternehmen noch mehr als 20 Filialen für Privatkunden – nun ist es nur noch die eine in Wernberg-Köblitz (Landkreis Schwandorf). Der Fokus liegt nun auf Geschäftskunden, dem sogenannten B2B-Sektor ("Business-to-Business"). So wird beispielsweise die Filiale in Regensburg ab dem 27. Februar als "Profistore" wieder ihre Pforten öffnen – also einem Geschäft, das überwiegend auf die Bedürfnisse von Geschäftskunden ausgerichtet ist, in dem aber auch der technisch orientierte Privatkunde seinen Bedarf decken könne, wie das Unternehmen betont. Dem überwiegenden Teil der Conrad-Privatkunden steht laut Angaben von Conrad Electronic der Onlineshop mit über 800.000 Artikeln zur Verfügung oder eben die Filiale in Wernberg-Köblitz.

Kein Kauf nach Beratung

Warum diese Filiale dort wie bisher bestehen bleibt? Die Nähe zur Zentrale in Hirschau spiele eine Rolle, erklärt Werner Conrad. Insgesamt sei das Filialgeschäft wirtschaftlich aber nicht mehr tragbar. Zu viele Menschen hätten die so vielerorts gelobte Beratung bei Conrad genossen, dann die Produkte aber billiger bei Konkurrenten online bestellt. "Diese Quadratur des Kreises ist uns nicht gelungen und wird wahrscheinlich auch anderen nicht gelingen", sagt Conrad.

Die vergangenen fünf Jahre bei Conrad Electronic waren eine Zeitenwende. Für Werner Conrad und die Verantwortlichen in der Geschäftsführung sei es vor allem darum gegangen, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei diesem Wandel mitzunehmen. Sie wollten sie für die neuen Aufgaben qualifizieren. "Wir haben versucht, die Helden von gestern zu Helden von morgen zu machen", beschreibt es Conrad selbst. Doch das sei nicht so gut gelungen wie erhofft. "Nicht jeder ist von Haus aus ein geborener Veränderer." Vor allem mehrere junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten in dieser Zeit die Firma verlassen. Der Glauben an den Erfolg fehlte.

Inzwischen seien bereits viele von ihnen wieder zurückgekommen – oder wollten es. "Wir öffnen nicht für jeden wieder die Türe", stellt Werner Conrad klar. Doch insgesamt sehe er es als Bestätigung, dass dann doch vieles richtig gemacht worden sei. Er ist zufrieden. Aber das wird nicht so bleiben. "Dieses Zufriedensein ist eine Momentaufnahme", sagt er. Werner Conrad bleibt neugierig, will sich nichts von anderen diktieren lassen. "Wer sich nicht verändert, der wird verändert." Dieses Motto galt schon in seinem Kinderzimmer.

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Hirschau21.11.2022
 
 

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