Einer genießt diesen Mittwochnachmittag in Hohenburg ganz besonders: Professor Andreas Hornung. Seit 26 Jahren beschäftigt sich der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Sulzbach-Rosenberg mit dem Thema Energiewende. Nun war hier der Spatenstich für eine Anlage, die getrockneten Klärschlamm in Kraftstoff umwandeln soll.
"Das kann keiner sonst", erklärte Hornung. "Wir sind weltweit die einzigen, die das in dieser Qualität und zu diesem Preis hinbekommen." Die eingesetzte Technologie sei technisch ausgereift und bereit für die Anwendung im Markt. Er bezeichnete den Bau der Anlage als "einen vorläufigen Höhepunkt" seiner Forschung im Bereich der thermochemischen Konversion von Biomassen und Kunststoffen.
Das Verfahren sei weder im Bau noch in der Handhabung komplex. Hierin sieht Hornung die großen Vorteile. "Es wird ein Produkt erzeugt, das eins zu eins für den Endkunden nutzbar ist." Es könne ohne Anpassung in herkömmlichen Motoren eingesetzt werden und unterscheide sich in der Qualität nicht von den bisher üblichen Kraftstoffen. Dabei sei es jedoch CO2-neutral - und erfülle zu 100 Prozent die europäischen Normen. Um das zu demonstrieren, standen zwei Autos parat, die mit dem Kraftstoff betankt wurden.
Walter Röhrl als Ehrengast
Als Testfahrer stellte sich Rallye-Ikone Walter Röhrl zur Verfügung: "Die Fahrt war gut, man hat natürlich keinen Unterschied gemerkt." Er war der Einladung von Bauherr Karl-Heinz Stiegler gefolgt. "Wir diskutieren in letzter Zeit viel darüber, wo es hingehen soll", sagte Röhrl. Er zeigte sich überzeugt, dass sich reine Elektro-Autos nicht werden durchsetzen können. In dem neuen Verfahren sieht er eine gute Alternative: "Die vorhandene Infrastruktur und die Verbrennungsmotoren können weiterhin genutzt werden, gleichzeitig wird die Umwelt geschont. Das ist unheimlich interessant."
Die Demonstrationsanlage entsteht direkt neben der Klärschlammtrocknungsanlage im Gewerbegebiet Aichaberg. Sie wird in der Lage sein, pro Stunde 500 Kilogramm getrockneten Klärschlamm in rund 50 Liter Biobenzin und Biodiesel umzuwandeln. Die Anlage ist Teil des EU-Projekts "To-Syn-Fuel", das vom Fraunhofer-Institut Umsicht in Sulzbach geleitet und mit internationalen Partnern umgesetzt wird. Insgesamt stehen dafür zwölf Millionen Euro an Fördermitteln der Europäischen Union zur Verfügung. Die Inbetriebnahme ist für Anfang 2020 geplant.
"Mit der Anlage wollen wir zeigen, dass unsere Technologie im Industriemaßstab anwendbar ist, und dass der erzeugte Kraftstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden kann", führte Projektleiter Robert Daschner aus. Als Standort biete Hohenburg viele Vorteile. So bestehe vor Ort jahrelange Erfahrung in der Trocknung und Handhabung von kommunalem Klärschlamm. Die nötige Menge und Qualität an Einsatzstoff sei ganzjährig verfügbar. Auch ist das Institut in Sulzbach-Rosenberg nicht weit entfernt. Außerdem entspreche die geografische Lage in der Oberpfalz einem Grundgedanken des Projekts, wie Hornung erklärt: "Wir setzen auf vergleichsweise kleine Anlagen, die den Kraftstoff dort erzeugen, wo die Abfallbiomasse entsteht. Dadurch entstehen einerseits weniger Transporte, gleichzeitig schaffen wir neue Möglichkeiten für die lokale Wertschöpfung."
Von Hohenburg in die Welt
Hohenburgs Bürgermeister Florian Junkes war mit seinen beiden Stellvertretern, Manfred Braun und Georg Reis, gekommen. Er freue sich über den Bau, denn "wir dürfen nicht nur über Ressourcen-Schonung sprechen, wir müssen auch etwas dafür tun". Auch Landrat Richard Reisinger bescheinigte: "Ein guter Tag für Hohenburg und den gesamten Landkreis." Die wissenschaftlichen Früchte des Fraunhofer-Instituts Umsicht sind laut Reisinger zunehmend sichtbar. "Hier gibt es Antworten auf Fragen, die sich gerade weltweit alle stellen."
Weiter bezeichnete der Landrat Hohenburg als "Vorreitergemeinde" und das Projekt als "Traum im ländlichen Raum". Dies griff Hornung gerne auf: "Von hier wollen wir das Thema nach ganz Deutschland, Europa und in die Welt tragen."
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