Hinter einer Scheune aus Holz erstreckt sich eine Hügellandschaft wie ein grünes Meer. Der Horizont schimmert gelblich. "Morgenlicht in der Oberpfalz" – so ist das Gemälde des Malers Hans May-Korbach betitelt. Laut der Inschrift auf der Rückseite des Bildes malte der Künstler es im Jahr 1947 in Kaltenbrunn. Heute ist die Ortschaft ein Teil der Gemeinde Weiherhammer.
Das Gemälde fiel der Weidenerin Susanne Kempf in die Hände, als sie den Hausstand ihrer Eltern im April dieses Jahres auflösen musste. "Ich hatte als Kind schon viele Geschichten vom Maler May-Korbach gehört", sagt die 58-Jährige. Denn das Bild hing ab den 1950er Jahren bei ihren Großeltern im Wohnzimmer. Kempfs Großvater bekam es vom Maler May-Korbach als Bezahlung, da er den Künstler juristisch vertrat. Nach dem Tod der Großeltern ging das Bild in den Besitz von Kempfs Mutter über.
Doch kein Bild von Kaltenbrunn?
Wegen ihres persönlichen Bezugs zum Gemälde, wollte die Weidenerin herausfinden, welche Landschaft das Bild zeigt. Denn von der Inschrift auf der Rückseite schloss sie darauf, dass eine Landschaft bei Kaltenbrunn abgebildet sein muss. "Also habe ich mal bei der Gemeinde Weiherhammer angefragt, ob sie mir das sagen können." Allerdings konnte diese nicht bestätigen, dass es sich um eine Ansicht aus Kaltenbrunn handele.
Alfons Bösl, Leiter des Heimatmuseums Kaltenbrunn, unterschreibt die These der Gemeinde. Das Bild zeige keinen Teil von Kaltenbrunn. "Zu dieser Zeit wurden vieler solcher Landschaften gemalt, da kann man kaum feststellen, wo genau das ist." Bösl fügt hinzu: "In dem Fall könnte ich mir sogar vorstellen, dass May-Korbach die Scheune im Vordergrund aus bildgestalterischen Gründen hinzugefügt hat."
Wie der 58-jährigen Kempf geht es vielen. Für Erben ist es nicht immer einfach herauszufinden, woher hinterlassene Bilder stammen und ob sie noch von Wert sind.
Anlaufstellen für Nachforschungen können das Ortsmuseum und das Stadtarchiv sein, so Antiquitätenhändler Georg Strehl. "Vor allem regionale Maler sind hier besser bekannt, als im Internet", sagt der 52-Jährige. Auktionshäuser und Antiquitätenhändler seien eine gute Adresse, um den Wert eines Gemäldes bestimmen zu lassen. Mehr wert sind alte Gegenstände, wenn sie als Antiquität gelten. Das sei der Fall, wenn sie über 100 Jahre alt sind, erklärt Strehl. Außerdem sei es wichtig, sich Zeit für die Recherche zum Erbstück zu nehmen – besonders bei Kunstwerken. "Wenn Menschen im 'Hauruck-Verfahren' Haushalte auflösen, werden sie Geld verlieren", betont der Experte.
Vorgehen als Laie
Doch selbst Laien könnten laut Strehl über einige Anhaltspunkte mehr zur Herkunft und zum Wert von Erbstücken herausfinden. Bei Gemälden sei das einfach. Zuerst sollen Erbende auf das Offensichtlichste schauen: das Motiv. "Motive, die schon 100 Mal gemalt wurden, sind natürlich nicht so viel wert wie einzigartige", erläutert der Antiquitätenhändler. Als nächstes gelte es, die Rückseite eines Bildes unter die Lupe zu nehmen. Hier stehen oft der Name des Künstlers sowie wann und wo das Bild gemalt wurde. Das helfe dabei, mehr über die Entstehung des Bildes zu erfahren. An dieser Stelle können dann Internet, Museen und Stadtarchive helfen.
Nach dieser Taktik ging auch Susanne Kempf vor. Das Motiv, eine Landschaft im Morgengrauen, schien auf den ersten Blick nicht besonders. "Über die Inschrift auf der Rückseite erfuhr die Weidenerin mehr darüber, wann und wo das Bild entstand. Auf ihre Anfrage bei der Gemeinde Weiherhammer folgte eine bei der Kreisstadt Korbach in Hessen. Denn dort kam Maler Hans May-Korbach zur Welt. Als Maler nutze er den Zusatz "Korbach" als Teil seines Künstlernamens. Kempf: "Die Stadt hat bestätigt, dass der Maler dort gelebt hat und in einem Künstlerregister eingetragen war." Mehr konnte die Stadt der Weidenerin allerdings nicht zum Gemälde sagen.
Auch bei anderen Gegenständen, wie Möbeln oder Porzellan, sei das Vorgehen, um Wert und Herkunft zu identifizieren, ähnlich. Als erstes prüfen, ob die Hinterlassenschaft ein individuelles Stück oder Massenware ist. Dann über Inschriften oder Gravuren, zum Beispiel, die Manufaktur ausfindig machen.
Strehl: Spenden auch Option
Nicht alle Hinterbliebenen möchten ihre Erbstücke behalten. Auch für den Fall hat Antiquitätenhändler Strehl einen Rat: "Dinge, die Menschen nicht selbst behalten möchten, können beispielsweise an die Diakonie oder andere wohltätige Organisationen gespendet werden." Daneben gibt es die Möglichkeit von Flohmärkten.
Für Kempf war von Anfang an klar, dass das Bild in ihrem Besitz bleiben soll. Die Hoffnung, herauszufinden, welche Landschaft das Gemälde zeigt, bleibt – wenn auch als blasser Schimmer am Horizont.
Wie mit Hinterlassenschaften umgehen?
- Gegenstände, die persönlich gefallen, behalten.
- Zu Wert und Herkunft gegebenenfalls nachforschen über Museen, Stadtarchive, Auktionshäuser, Antiquitätenhändler.
- Erbstücke an Freunde oder Familie weitergeben, auf Flohmärkten verkaufen.
- An wohltätige Organisationen spenden.
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