Der Frage, wie man Alkoholiker wird und wie man diesem Teufelskreis entfliehen kann, gingen die Schüler der Klassen 8a (Klassenlehrer Bernhard Philipp) und M8b (Jürgen Bayer) der Kemnather Mittelschule auf den Grund. Als Referenten hatten sie Franz K. (Name geändert) gewinnen können. Er ist bei Sozialteam STZ Nordoberpfalz in der niedrigschwelligen Tagesstätte "Oase" in Weiden beschäftigt.
Vor gut 33 Jahren wusste er, dass er mit Alkohol nicht mehr leben kann, aber auch nicht ohne. "Ich war jahrelang so zugedröhnt, dass ich erst wieder richtig sprechen und den Umgang mit Menschen lernen musste", bekannte er vor den zwei Schulklassen. Jetzt wisse er: "Man kann auch ohne Alkohol weggehen und lustig sein." Als er zunehmend dem Alkohol verfallen sei, sei der Kontakt zu Familie und Geschwistern kaputtgegangen, berichtete der 55-Jährige. "Die schämten sich in Grund und Boden für mich."
Keinen Schulabschluss
Als er die Achtklässler fragte, wer schon einmal einen Rausch gehabt habe, bekannte sich mehr als die Hälfte dazu. Beim Nikotinkonsum sah es nicht anders aus. "Gerade in der Pubertät richten Alkohol und Drogen massive Schäden an", warnte der Redner. Mit zwölf habe er das erste Mal zur Flasche gegriffen. Der Vater habe getrunken, und auch in der Verwandtschaft sei Alkohol an der Tagesordnung gewesen. Bereits in der Schulzeit suchte er sich Verstecke für seinen Alkohol. "Alkoholiker sind die größten Schauspieler und Trickser, die es überhaupt gibt." Ohne Schulabschluss habe er auf Drängen des Vaters eine Lehre als Kfz-Mechaniker begonnen. Doch anstatt zur Berufsschule sei es zum Saufen gegangen. Nach eineinviertel Jahren sei er entlassen worden.
"Damals fühlte ich mich nur unter Betrunkenen wohl", gab Franz K. zu. Den Führerschein wollte er unbedingt haben. Deshalb setzte er in dieser Zeit auch mit dem Trinken aus. Nur vor der zweiten praktischen Prüfung "habe ich vorher getrunken und hab's geschafft". In der Zeit danach lebte er sehr exzessiv. Durch den gesteigerten Alkoholpegel geriet er immer wieder in Schlägereien. Tagelang sei er planlos herumgefahren und habe Suizidabsichten gehegt. Mit 21 Jahren verursachte er dann volltrunken einen Verkehrsunfall und landete mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus. Nach künstlichem Komaschlaf war der Alkohol der erste Gedanke nach dem Aufwachen.
Drei Suizidversuche gingen schief. Einmal wurde er fast erfroren im Straßengraben gefunden und ins Krankenhaus eingeliefert. Dort kam er mit einem Patienten mit Leberzirrhose ins Zimmer. "Der Mann ist nicht verstorben, sondern verreckt", erinnert er sich heute noch mit Grauen. Sein Arzt meinte damals: "Wenn du nicht mit dem Saufen aufhörst, ergeht es dir genauso". Dieser Satz wurde zum Wendepunkt. Auf Anraten des Arztes begann er eine Entziehungstherapie im Bezirksklinikum Regensburg.
Aussetzer während Reha
Acht Wochen dauerte die Entgiftungsphase, danach folgen Monate der Reha. "Dabei merkte ich, dass es mir ohne Alkohol viel besser ging. In dieser Zeit erlebte ich Aussetzer, Filmrisse, Schweißausbrüche und sprachliche Störungen". Schäden des Körpers meldeten sich: "Leberzirrhose und epileptische Anfälle". Im Krankenhaus hatte er Angst vor der Entlassung. Auf Anraten der Mediziner schloss er sich einer Selbsthilfegruppe an. Als ihn seine Frau Anfang 2000 verlässt, steht er wieder vor einem Scherbenhaufen. Doch jetzt weiß er, wo er Hilfe bekommt und nimmt diese auch an. Er meistert sein Leben und führt aktiv Selbsthilfegruppen. Am Ende seines Vortrags konnten ihm die Schüler noch Fragen stellen.












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