Wer hätte das vor einem Jahr beim Sebastiansamt in Schönreuth gedacht, dass Sebastiani heuer ganz anders gefeiert werden musste? Wegen des geringen Platzangebots in der Filialkirche in Schönreuth zelebrierte Stadtpfarrer Thomas Kraus die Festmesse in diesem Jahr in der Stadtpfarrkirche.
Der heilige Sebastian war römischer Offizier der kaiserlichen Garde. Als er sich öffentlich zum christlichen Glauben bekannte, verurteilte ihn der römische Kaiser Diokletian zum Tode. Er ließ ihn an einen Baum fesseln und von Bogenschützen mit Pfeilen durchbohren. Im Glauben, er sei tot, ließ man ihn danach liegen. Sebastian aber lebte noch und wurde von einer frommen Witwe gesundgepflegt. Nach seiner Genesung kehrte er zu Diokletian zurück und bekannte sich erneut zum Christentum. Der grausame Kaiser befahl daraufhin, ihn mit Keulen im Circus zu erschlagen. Seinen Leichnam warf man in einen städtischen Abflussgraben. Danach wurde er in den Katakomben beerdigt. Sebastian ist der Schutzheilige gegen Pest und Seuchen und wird auch als Patron der Sterbenden verehrt.
Dieses Jahr wird täglich eine Woche lang um 17 Uhr in der Kemnather Kirche eine Sebastiansandacht gebetet. Dabei wird der Heilige um Beistand in der derzeitigen Corona-Pandemie angefleht. „Braucht der Mensch, ein Wesen aus Leib und Seele, diese Geschichten, die seinen beengten alltäglichen Sichthorizont sprengen, zum Leben?“, fragte Stadtpfarrer Thomas Kraus in der Predigt. "Helfen sie ihm bei den vielen Verwundungen, die der Alltag ihm immer wieder zumutet?“
In Darstellungen werde der heilige Sebastian oft mit einem durchdringenden Blick dargestellt, der nach oben, sozusagen in Richtung Gott, oder zuversichtlich nach vorne geht. Auch im Moment seines grausamen Martyriums. „Blicke können zur Freude animieren und Gemeinschaft stiften“, meinte der Geistliche, „sie können aber auch töten.“ Vergiftete Blicke seien mit giftigen Pfeilen vergleichbar: Sie könnten die Seele vergiften. „Vielleicht sollten wir in diesem verrückten Jahr 2021 immer wieder innehalten und unseren Blick schärfen“, sagte der Pfarrer: weg von den immer gleichen Nachrichten im Fernsehen und den Handys, die leider in diesen Tagen zu 90 Prozent negativ seien. Diese positive Blickrichtung helfe uns, immer wieder neu die Wunden zu heilen, die das Leben schlägt. Sie sei stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach Hoffnung frägt, die uns auch in diesen Tagen erfüllt. Eine gläubige Hoffnung lasse uns erfahren: Es geht alles vorbei, nur die Ewigkeit bleibt.
Die vier Senioren-Ministranten Alois Bayer, Markus Lehner, Gerlinde Bayer und Guntram Lauber taten Dienst am Altar. „Wir bitten um Trost, Beistand und Kraft für schwerkranke und sterbende Menschen, damit sie ihr Schicksal annehmen können und nicht verzweifeln“, war eine der Fürbitten, die Lektorin Sigrid Reger-Scharf vortrug. „Bitte, dass uns Gott verschone vor Krankheit und jähem Tod“, lautete der Refrain eines der beiden Sebastian-Lieder, die Josef Zaglmann mit den Sängerinnen Elisabeth Daschner, Liane Preininger und Ursula Dadder sang. Mit dem Lied „Ihr Freunde Gottes allzu gleich“ endete der feierliche Festgottesdienst. Vor dem Segen dankte der Geistliche den Abordnungen der Schönreuther Vereine, die diesen Festgottesdienst mitfeierten.
„Segne diese gebackenen Sebastianspfeile, die uns an das Leiden des heiligen Sebastian erinnern“, betete er am Ende des Festgottesdienstes. Gebacken hatte sie die Bäckerei Bayer (Bäcker-Adl). Jeder Gottesdienstbesucher durfte einen Sebastianspfeil mit nach Hause nehmen.
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