"Bei uns hoast' des 'Grüß Gott'"
Ein Ereignis aus meinen Kindertagen ist mir in steter Erinnerung geblieben. Ich war in der ersten Klasse Volksschule und mit meiner Oma im Herbst 1944 im "Gott'sackergassl" unterwegs zum Friedhof, um die Blumen auf dem Grab des kürzlich verstorbenen Opas zu gießen.
"Dass'd fei g'scheit grüaß'n tuas'd", ermahnte mich die Oma, als plötzlich der strenge Herr Oberlehrer Dionys Hofmann daher kam. Da er uns in der Schule eingeschärft hatte, alle Leute mit "Heil Hitler" zu grüßen und dabei den rechten Arm zu heben, dachte ich, alles richtig zu machen, als ich, den rechten Arm hebend, ihm ein "Heil Hitler" entgegen schmetterte. Meine Oma hat dagegen "Grüß Gott" gesagt.
Kaum war der Oberlehrer, der leicht nickend dankte, außer Sichtweite, gab es von der Oma eine saftige "Watschn". "Des möcht i' von dir nie mehr hörn. Bei uns hoast' des 'Grüß Gott', merk da des", sagte sie, als ich sie daraufhin fragend anschaute.
Damals kannte ich sechsjähriger Erstklässler die Welt nicht mehr: Vom Herrn Oberlehrer wird "Heil Hitler" gefordert, die Großmutter verlangte ein "Grüß Gott". Sieben Monate später, als das Dritte Reich vorbei war und ich vier meiner fünf Onkels durch Hitler verloren hatte, wusste ich, was mir meine Oma damals eigentlich sagen wollte. (gpa)
Vieles, was bei älteren Kirchenthumbachern manche nostalgische Erinnerungen wach ruft, wissen Jüngere nicht. So denke ich oft an das "Gotts'ackergassl", an den Kirchensteig zur Bergkirche, das "Trollnhansngasserl" oder auch an einen "Brennholzstapelplatz". Alle sind schon längst Vergangenheit - sollten aber nicht ganz in Vergessenheit geraten.
Das "Gotts'ackergassl" diente besonders Bewohnern der "Windt", wie der Ortsteil um die Pfarrkirche heißt, und Anliegern der Eschenbacher Straße. Wertvoll war das Gasserl besonders, um schneller zur Grabpflege und - vor allem im Sommer - zum Blumengießen auf den Gräbern zum Friedhof zu kommen. Die Abkürzung nutzten auch viele Besucher der Trauergottesdienste in der Kirche, die sich nicht am Trauerzug über die Bayreuther Straße zum Friedhof beteiligen wollten.
Der Weg durch dieses Gässchen war kürzer als es die Beschreibung aussagt: Zwischen dem "Kloster", wie das Elisabethenheim genannt wurde, und dem Anwesen Gittler (früher Piehl) durch, über den Schulhof und an den Gärten des "Klosters" sowie von Familie Wittmann vorbei, über die Kohl-Wiese und einen schmalen Pfad zwischen den Anwesen Kleindienst und Steger durch - dann war der Friedhof erreicht.
Mit dem Bau des neuen Schulhauses verschwanden das Wegstück ab dem Schulhof und der Trampelpfad durch die Wiesen der Bäckerei Kohl. Auch für den Durchgang zwischen den Anwesen Kleindienst und Steger gab es damit keine Verwendung mehr.
Stadel als Winterquartier
Nur wenigen ist noch bekannt, dass die Straße zum Friedhof als Ackerweg weiterging und vor der Senke zum Lohweiher eine Kreuzung aufwies. Auf der einen Seite führte sie zum "Dampferstadel" am Holzmühlsträßchen, auf der anderen Seite am Felsenkeller vorbei zur Straße nach Eschenbach. Am Weg zum "Dampferstadel", dem Winterquartier für Dreschmaschine und Strohpresse, diente der Streifen zwischen einer Wiese und der Ackerstraße als Lagerplatz von Brennholz. Von uns Buben wurde dieses Gelände zum Ärger der Holzstoß-Besitzer gerne zum Versteckspielen genutzt.
Das Schicksal eines Fußwegs in der Eschenbacher Straße ähnelte dem des "Gotts'ackergassls". Er verlief am Haus der Familie Rodler-Prüschenk (jetzt Strauß) entlang einer Wiese des Gastwirts Baptist Sporer (Hausname "Trollnhans"). Der "Trollnhansngasserl" genannte Weg wurde eine willkommene Abkürzung für Dienstboten, die damals ja noch zu Fuß zur Arbeit auf den Wiesen, Feldern und Äckern am Felsenkeller und Lohweiher, noch weiter beim Zeitlmann-Marterl oder sogar bei der Forstkapelle unterwegs waren.
Den Steig nutzten im Sommer auch mein jüngerer Bruder und ich, um unsere Ganserl auf die "Gänshut" zu treiben, einer Wiese hinten dem Nickelseeweiher. Ansonsten hätten wir die Hauptstraße nutzen müssen, auf der damals US-Militärkolonnen in Richtung Grafenwöhr unterwegs waren. Die "Amis" hatten Spaß daran, mit Fehlzündungen an den Trucks nicht nur die Gänse zu erschrecken. Jahre später, als die "Trollnhansn"-Wiese Bauplatz wurde, hing eines Tages ein Schild quer über dem Gasserl: "Durchgang verboten".
Schneller zur Bergkirche
Beliebt war auch ein Kirchensteig, der vom Bahnhofsviertel und von der Eschenbacher Straße aus eine Möglichkeit war, die Bergkirche schneller zu Frühmessen, Messen oder den abendlichen Maiandachten erreichen zu können. Man musste dazu nur am Bahnhof vorbei zur Mühlbachstraße, dort zwischen den Anwesen Höllerer und Wolf auf dem "Ziegelweg" zur Auerbacher Straße gehen und diese überqueren. Dort galt es dann, zwischen dem Schuhgeschäft Seemann und dem Gasthof "Bayerische Ostmark" den Weg zwischen den Gärten der Familien Kirsch und Paulus zu nutzen - und dann war man schon an der Bergkirche.
Der Weg über den Marktplatz und durch das "Krawandorf" über die Kreuzwegstationen wäre länger und viel beschwerlicher gewesen. Eine Alternative zu dieser Route wäre ein steiniger Ackerweg gewesen, der später, zur komfortablen Autostraße ausgebaut, ein bequemer Weg zur Bergkirche wurde. Vom einstigen Kirchensteig existiert übrigens nur noch der "Ziegelweg".














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