Kirchenthumbach
30.08.2019 - 13:04 Uhr

Kirchenthumbacher gehen zum Beten in den Keller

Erinnerungen werden wach, wenn am Sonntag der Kreuzweg hinauf zur Kirchenthumbacher Bergkirche gebetet wird. Der Weg führt vorbei an einem Sandsteinkeller. Dessen Inhalt könnte von historischem Wert sein.

Saniert und für jedermann zum Gebet geöffnet: Der Keller an der Görglaser Straße in Kirchenthumbach wird seit ein paar Jahren anders genutzt als früher. Bild: ü
Saniert und für jedermann zum Gebet geöffnet: Der Keller an der Görglaser Straße in Kirchenthumbach wird seit ein paar Jahren anders genutzt als früher.

Im Volksmund wird er "Feilnfranzenkeller" genannt. Heute ist er zu einer Gebetsstätte geworden. Seit fünf Jahren kann an diesem ungewöhnlichen Ort, unter einem historischen Sandsteingewölbe, gebetet werden. Der Sandsteinkeller, der direkt an den Maria-Zell-Weg und an die Görglaser Straße angrenzt, war dem Verfall preisgegeben. Im Rahmen der Dorferneuerung wurde der aus dem 18. Jahrhundert stammende ehemalige Vorratskeller grundlegend saniert und so der Nachwelt erhalten. Der Eschenbacher Bauingenieur Rudi Dunzer ließ Stein um Stein abtragen und wieder aufbauen. Die Wiederherstellung des Gebäudes wurde vom Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz großzügig gefördert.

In der Dezembersitzung 2013 hatte der damalige Bürgermeister Fritz Fürk vorgeschlagen, den Keller als Ort des Gebets zu nutzen. Die Idee wurde vom damaligen Pfarrer, Pater Benedikt Röder, freudig aufgenommen. Die 1,10 Meter große Marienstatue hat die Pfarrei angeschafft. Platziert wurde diese auf einem Sandsteinsockel, der einem Kelch oder einer Hostienschale gleicht. Dieser wurde 2004 bei Sanierungsarbeiten im Friedhof unter der Erde gefunden. Beim Anlegen einer Treppenanlage stießen Arbeiter der Gemeinde auf die Steinfragmente eines Priestergrabes. Fürk ließ an dieser Stelle die Arbeiten einstellen. Den Stein ließ er reinigen und in einem Nebenraum der Aussegnungshalle einlagern.

Beim näheren Betrachten des Steins liegt die Vermutung nahe, dass es sich um die Grabstelle von Pfarrer Franz Xaver Leythäuser (1781 – 1831) handeln könnte. Einarbeitungen in den Stein, wie die Motive Kelch und Fisch sowie Buchstaben, die auf Leythäuser hindeuten, untermauern diese Vermutung. Jenen Pfarrer Franz Xaver Leythäuser war die Bergkirche sehr ans Herz gewachsen. Schon zu seiner Zeit wollte er vom Krawandorf hinauf zur Bergkirche einen Kreuzweg anlegen. Doch französische Truppen unter General Jourdan plünderten den Ort samt Kirche und Pfarrhaus und raubten auch den Kreuzwegfonds.

1803 schrieb Leythäuser an die Kürfürstlich-oberpfälzische Landesdirektion als Rechtfertigung für einen Zuschuss und Entschädigung: „…so gewöhnlich die Mordszenen aller Artin sind, nicht selten sind Diebereien und Räubereien und andere schreckliche Streiche… Des nächst am Markt gelegene Bergkirchlein ist bereits dreimal ausgeraubt worden. Und selbst ein hiesiger Bürgerssohn wurde, in eben diesem Bergkirchlein gerade als er den Opferstock plündern wollte, ertappt und sah sich notgedrungen, durch das Fenster zu fliehen. Auch die hiesige fast mitten im Markt gelegene, mit einer hohen Mauer umgebene Pfarrkirche wurde vor etlichen Jahren mittels eines gewaltsamen Einbruchs aller Paramente und Kelche beraubt…“

Somit schließt sich ein Kreis: Pfarrer Franz Xaver Leythäusers vermutlicher Grabstein fand nach 183 Jahren dort als Träger einer Mutter-Gottes-Statue Verwendung, wo er einen Kreuzweg geplant hatte. Zufall oder Fügung?

Bei den Gaunern soll es sich um die Räuberbande des Franz Troglauer aus Mantel gehandelt haben. Am 2. Februar 1799 war in der Kirche in Kirchenthumbach gewaltsam eingebrochen worden. Insgesamt wurden Paramente im Wert von 500 Gulden gestohlen. Dies ist einem Bericht des Eschenbacher Landrichters, aufgeschrieben von Bernhardt Weigl in seinem Buch "Der Galgen ist mein Grab", nachzulesen. Am Morgen des darauffolgenden Tages wurde Franz Troglauer in der Nähe von Kirchenthumbach gesehen. Dass das Raubgut nach Troschenreuth geschleppt worden ist, ist deshalb wahrscheinlich, da einige Tage später in einem Wäldchen bei Kirchenthumbach in Richtung Troschenreuth der Fuß eines Kelches gefunden wurde. 1800 wurde Franz Troglauer in Amberg der Prozess gemacht. 1801 endete sein Leben am Galgen. Einsicht und Reue kamen zu spät: Sein letzter Wunsch, bevor ihm die Schlinge um den Hals gelegt wurde, war, man möge seine Flinte verkaufen und von dem Geld Messen für ihn lesen lassen.

Der Kreuzweg wurde dann 62 Jahre später am 23. Juli 1865 durch Pfarrer Johann Georg Höllerl eingeweiht. Jetzt wird die weiße Marienstatue im Gebetskeller von zwei Scheinwerfern angestrahlt. Gönner haben eine Ruhebank spendiert, und nicht wenige Gläubige kümmern sich um den Blumenschmuck.

Der Kirchenthumbacher Kreuzweg um 1912. Bild: ü
Der Kirchenthumbacher Kreuzweg um 1912.
Eine Marienstatue lädt im Gebetskeller Maria Zell zum Beten und Innehalten ein. Bild: ü
Eine Marienstatue lädt im Gebetskeller Maria Zell zum Beten und Innehalten ein.
 
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