„Auf den Spuren Wallensteins“, lautete das Motto der zweitägigen Studienreise der Volkshochschule Eschenbach unter der Leitung von Adolf Mückl und Dr. Werner Brunner ins Nachbarland Tschechien, genauer gesagt nach Nordostböhmen. 55 Personen beteiligten sich an der abwechslungsreichen Reise, die die Region um Reichenberg (Liberec/circa 105 000 Einwohner) zum Ziel hatte, die zwischen Lausitzer Gebirge, Isergebirge, Riesengebirge und Böhmischem Paradies eingebettet ist. Hier lebten bis zu ihrer Vertreibung im Jahr 1945 viele Sudetendeutsche. Auch einige Teilnehmer gehörten dazu.
Das imposante Barockschloss in Münchengrätz (Mnichovo Hradiste) war erstes Etappenziel. Zur Anlage gehört unter anderem die Kapelle der heiligen Anna, in der die letzte Ruhestätte von Albrecht von Waldstein, wie Wallenstein zunächst hieß, besucht wurde. Anschließend ging die Fahrt vorbei an den bizarr geformten Felsenstädten des Böhmischen Paradieses nach Reichenberg, dem Zentrum einer einst blühenden Textilindustrie.
Mit einer modernen Seilbahn schwebten die Teilnehmer hinauf auf den Jeschken (Jested/1012 Meter), den Aussichtsberg der einstigen Hauptstadt des Sudetengaues, dessen futuristisch anmutender Fernsehturm mit Restaurant schon von Weitem sichtbar war. Von hier aus bot sich eine fantastische Aussicht auf die 600 Meter tiefer liegenden Städte Reichenberg und Gablonz sowie auf die umliegenden Gebirge, zum Beispiel das Erzgebirge im Westen sowie das Iser- und das Riesengebirge mit der Schneekoppe im Osten.
Am späten Nachmittag bezog die Gruppe die Zimmer im komfortablen Grand-Hotel "Goldener Löwe", das sich in einem renovierten Jugendstilgebäude im Zentrum von Reichenberg befindet und im Habsburgerstil eingerichtet ist. Trotz der hohen Temperaturen nahmen fast alle am Stadtrundgang teil, bei dem unter anderem das im neugotischen Stil erbaute Rathaus, das Stadttheater sowie das Post- und Sparkassengebäude bewundert wurde. Das reichhaltige Abendbüfett und das gute böhmische Bier im Hotelrestaurant schmeckten nach dem langen ereignisreichen Tag besonders gut.
Gablonz an der Neiße (Jablonec nad Nisou) wurde am nächsten Vormittag angesteuert. Der Ort gilt als Wiege der böhmischen Glasindustrie und wichtigstes europäisches Zentrum für die Herstellung von Modeschmuck. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war Gablonz das Mekka der Schmuckindustrie. Glasperlen und -schmuck wurden bis nach Afrika und Indien exportiert. Beim Besuch des Glas- und Schmuckmuseums erfuhren die Teilnehmer alles über die Herstellung des Glases und bestaunten Hunderttausende von Perlen, die daraus kreativ und kunstvoll gefertigten Schmuckstücke sowie Knöpfe, Medaillen, Plaketten und Glas in allen Variationen.
Im Tal der Iser ging die Fahrt weiter über Tannwald (Tanvalt) und Eisenbrod (Zelesny Brod) vorbei an der romantischen Burg Trosky und Turnau (Turnov), dem Tor zum Böhmischen Paradies, nach Gitschin (Jicin), das Albrecht von Wallenstein auf dem Höhepunkt seiner Macht zu seiner Hauptstadt ausbauen wollte. Ein Spaziergang durch das Zentrum Jicins wurde zu einer spannenden Entdeckungsreise auf den verbliebenen Spuren der Vorhaben Wallensteins, der es bis zum Admiral, Herrscher von vier Herzogtümern und gleich nach dem Kaiser zum mächtigsten Mann des Heiligen Römischen Reiches brachte.
Der mächtige Wallenstein-Palast, die Kirche St. Jakobus, die zur Kathedrale ausgebaut werden sollte, und der riesige Stadtplatz lassen erahnen, was der Herzog von Friedland (1583 bis 1634) geplant hatte. Auch die kilometerlange Lindenallee zur Wallenstein-Loggia, die die Reisenden trotz hochsommerlicher Temperaturen nach dem Mittagessen noch aufsuchten und wo auch noch ein Lustschloss geplant war, sind Relikte jenes Jahrzehnts im 17. Jahrhundert, als die Stadt sich in Gesellschaft bedeutender europäischer Residenzen sonnte. Nach der Ermordung Wallensteins durch kaiserliche Offiziere in Eger im Jahr 1634 wurden alle Bauarbeiten sofort eingestellt.
Bei der Heimreise machte die VHS-Gruppe Station in Pilsen, wo sie nochmals einkehrte, bevor sie am frühen Abend wohlbehalten die Heimatorte erreichte.
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