Konnersreuth
04.03.2019 - 15:50 Uhr

Hongkong ist ein Dorf

Vor sieben Jahren macht die damals 16-jährige Laura Scharnagl bei der Show "Germany's Next Topmodel" mit. Was in der Zwischenzeit passiert ist, von seinem Studium und seinen Jobs erzählt das Model bei einem Heimatbesuch in Konnersreuth.

Wenn die gebürtige Konnersreutherin nicht gerade modelt oder Hausarbeiten schreibt, genießt sie mit ihrem Freund Yura Suvorov beim Wandern die Natur rund um die Millionenstadt Hongkong. Bild: Laura Scharnagl/privat/exb
Wenn die gebürtige Konnersreutherin nicht gerade modelt oder Hausarbeiten schreibt, genießt sie mit ihrem Freund Yura Suvorov beim Wandern die Natur rund um die Millionenstadt Hongkong.

Im März werden es zwei Jahre, dass Laura Scharnagl in Hongkong lebt. "Geplant waren drei Monate, jetzt häng ich schon zwei Jahre fest", sagt die 24-jährige gebürtige Konnersreutherin. Eigentlich wollte ihre Agentur "Modelfabrik Berlin" sie 2017 nach Peking schicken. "Zwei Wochen vor Weihnachten besuchte ich meinen besten Freund in Hongkong, der wohnte damals dort." Weil es ihr in der chinesischen Metropole so gut gefiel, wurde aus Peking Hongkong und aus drei Monaten zwei Jahre. 2018 verbrachte sie dort 10 Monate - von Januar bis Juni und von August bis Dezember. Laura schwärmt: "Die Leute sind dort viel netter, vor allem im Model-Business." Kein Vergleich zu Mailand. "Dort war es am schlimmsten. Die nehmen dich gar nicht wahr. Du bist nur die Kleiderstange. Das hat mich total runtergezogen." In Hongkong werde sie viel netter aufgenommen. Außerdem sind dort weniger Models. Bei einem Casting konkurriert sie nicht mit 400 Mädchen, sondern mit höchstens 40.

Chinesisch sprechen braucht sie nicht. "Gottseidank." Alle würden Englisch sprechen, sogar die Taxifahrer. Das pulsierende Leben in der Millionenstadt fasziniert die seit kurzem 24-Jährige. Auch wenn sie nur ein Sechs-Quadratmeter-WG-Zimmer bewohnt. Die eigene Wohnung sucht sich Laura meist monatsweise. In ein Model-Apartment der Agentur will sie nicht. "Das ist abnormal." Manchmal teile man sich ein Bett mit einer Kollegin. Und in ein Hochbett zurück geht sie auf keinen Fall. Hongkong bietet zwar extrem wenig Platz und ist die teuerste Stadt der Welt, aber entspannt und ruhig. In China fühlt sich das Model wesentlich sicherer als etwa an einem Bahnhof in München oder nachts auf dem Nachhauseweg in Berlin.

Heimat ist Luxus

"Es gibt in Hongkong so extrem viel zu erleben." Jede Woche ist Laura an einem anderen Strand, ist ganz begeistert von der vielen Natur rund um die Metropole. "Die Wälder und Berge sind superschön." Heimweh hat die junge Frau mit den grünen Augen und den hellbraunen langen Haaren nicht. Nur ihre beiden Yorkshire-Terrier TJ und Timi vermisst sie. Die Oberpfälzerin ist gerne unterwegs, kommt aber auch gern wieder nach Hause ins Stiftland. "Ich hab hier meine Familie, meine Freunde, meine Hunde und mein Zimmer. Das ist echter Luxus." Obwohl ihr manchmal das bayerische Essen fehlt. Ein gutes Bauernbrot, oder Schweinebraten. Immer nur Reis gehe nicht.

"Wenn ich nach Konnersreuth komme, komme ich auch wieder runter. Das brauch ich auch." In der Oberpfalz findet sie Ruhe. Noch während der Fernsehsendung "Germany's Next Topmodel" 2012 - bei der es Laura unter die Top 10 schaffte - hatte die damals 16-Jährige Angst, abzuheben. "Das war High-Life: Teure Kleider, schicke Model-Villa, die besten Fotografen. "Damals war ich etwas naiv", findet Laura heute. Bei der GNTM-Show war das vielleicht auch gut so. "Meine Familie passt auf mich auf und hält mich am Boden." Ihre Mama sagte ihr oft: "Lass dir nichts einreden." Freundschaften, die damals entstanden, pflegt die Studentin auch heute noch: "Bei der Berliner Fashionweek traf ich mich mit Inga, Kasha und Lisa."

Studium zur Absicherung

Sie lernte bei der Show viele Basics, aber auch, dass das "mittelschichtige" Modeln sehr viel weniger protzig ist. Für die 24-Jährige ist es ein Hobby, mit dem sie ihr Medien- und Kommunikationsmanagement-Studium an einer Fern-Uni finanziert. So kann sie das Lernen und den Job unter einen Hut bekommen. "Das erfordert Disziplin, aber ich kann mir alles selbst einteilen." Dennoch: "Nirgends bin ich so produktiv wie in Konnersreuth. Da kann man sonst nichts machen", scherzt Laura und lacht.

Das Studium macht sie zur Sicherheit. "Mit 30 ist es irgendwann vorbei, da brauch' ich nicht mehr modeln. Wenn mich keiner mehr bucht, will ich nicht aus allen Wolken fallen." Es stecke noch zu viel "deutsche Seele" in ihr, die nach Sicherheit verlangt. Vom Model-Glamour, den sie vor sieben Jahren in der Show erlebte, hat das wahre Leben nichts. "Es ist viel härter." Die Oberpfälzerin rennt von Casting zu Casting, lebt von Monat zu Monat. "Ich bin froh wenn ich auf Null rauskomme", dass sich die Lebenshaltungskosten gerade so decken. Laura hat Fotoshootings, Präsentationen, läuft bei Shows oder ist bei Events. "Da nimmt man alles mit", sagt das Model. Auch gewöhnungsbedürftige Jobs: "Einmal stand ich als Ausstellungspuppe im Shop von Versace und begrüßte die Kunden." Aber die Jobs bringen Connections, und diese wiederum Jobs. "Und irgendwann kennt man alle. Hongkong ist ein Dorf."

Dickes Fell im Business

Etwas von ihrer Oberpfälzer Mentalität muss die Studentin für ihre Model-Jobs abstreifen. "Der Oberpfälzer ist bescheiden, der stellt sich nicht hin und sagt: ,Hallo hier bin ich, ich bin der Geilste!' Man macht sich immer etwas schlechter. Das ist schade, weil wir manches vielleicht doch besser können als andere." Zu Beginn war es für die junge Frau schwierig, sich zu präsentieren. "Da wächst man aber hinein und legt sich ein dickes Fell zu." Es gebe zwei Lauras: "Ich gehe als Model ins Casting und komme als Oberpfälzer wieder heraus."

In Asien gilt das Model als absolute Exotin. "Fast alle Europäerinnen dort sind Models", merkt Laura an. Passanten machen Selfies mit ihr oder fotografieren sie, wenn sie am Strand liegt. Nur weil sie aussieht, wie sie aussieht. "Es gab schon einige seltsame Begegnungen." Am Flughafen in Hongkong läuft derzeit ein Werbespot mit der Oberpfälzerin für Alkohol. "Extrem lustig", findet Laura. Sie ist "straight edge" - kein Alkohol, kein Rauchen, keine Drogen. Letztens schickte ihr ein Bekannter ein Foto von ihr auf einem Plakat in Taipeh in Taiwan. "Ich weiß gar nicht, wo ich noch überall rumhänge."

Nach der Castingshow machte Laura während der Schulzeit und nach dem Abitur 2016 an der FOS/BOS Gustav-von-Schlör-Schule in Weiden immer wieder Model-Jobs, hauptsächlich in Europa: Berlin, Mailand oder Istanbul. Aber sie blieb bodenständig. Seit ihrer Schulzeit half sie in den Ferien in der Physio-Praxis ihrer Tante an der Rezeption. Für ein Studienpraktikum arbeitete sie auch schon als Bäckereiverkäuferin.

Ihr Freund Yura, mit dem sie seit eineinhalb Jahren zusammen ist, war über die Weihnachtsfeiertage bereits das zweite Mal mit in Konnersreuth. "Der möchte am liebsten hierbleiben!", ist Laura überrascht. Auch ihr Langzeitziel ist es, zurück nach Deutschland zu kommen. An ihrer Heimat schätzt sie die Versicherungen und das Bildungssystem. "Man ist super abgesichert."

Wenn alles so läuft wie geplant, hat sie Ende 2019 ihren Bachelor in der Tasche. Bis zum Sommer stehen noch einige Hausarbeiten an. Die Stiftländerin hofft, dass ihr die Erfahrungen als Model später im Beruf zugute kommen. Gerne möchte sie zum Fernsehen oder in den Magazinbereich. Ein Praktikum bei der "Vogue" wurde ihr schon angeboten, erzählt Laura auf der dunklen Ledercouch am Esstisch in Konnersreuth, während sie ihren Yorkshire-Terriern das Fell krault.

Leben aus dem Koffer

Vor einigen Wochen ging es für die Studentin mit einem Elf-Stunden-Flug wieder zurück nach Hongkong. Die nächsten drei Monate lebt Laura wieder aus dem Koffer. Genauso nervig wie die Wohnungssuche, findet sie. "Aber wenn man etwas wirklich will, nimmt man so einiges in Kauf."

Bis sie ins Berufsleben einsteigt, hat die 24-Jährige noch viel vor. "Ich hab noch Hummeln im Arsch. Ich bin mit dem Modeln noch nicht durch! Ich möchte als Model unbedingt noch in die USA." Der "Big Apple" als "letztes Ziel". Im Sommer fliegt sie für ein paar Wochen nach New York, ihre Mama begleitet sie. "Ich werde sämtliche Agenturen abklappern und mich vorstellen", nimmt sich die junge Frau vor. Laura befürchtet schon, dort auch wieder hängenzubleiben. Weitermachen, solange es geht. "Das kommt bestimmt noch, dass ich sage, mir reicht's."

Ihre Freizeit verbringt Laura gerne am Strand, wie hier Anfang Dezember am „Repulse Bay Beach“. Bild: Laura Scharnagl/privat/exb
Ihre Freizeit verbringt Laura gerne am Strand, wie hier Anfang Dezember am „Repulse Bay Beach“.
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.