Über dem Wald kreist ein Habicht und verschwindet in den Baumwipfeln. "Da hinten ist sein Horst. Er fliegt ständig über unser Grundstück zum anderen Waldstück", sagt Simon Rauch. Der 33-jährige Jungunternehmer steht noch weitgehend auf Brachland. Hier will er seinen Biogemüseanbau betreiben und hat bereits ein großes Treibhaus aufgestellt.
Der Greifvogel überquert das Pachtgrundstück nahe Krummennaab mit ein paar Flügelschlägen. Menschenfüße brauchen etwas länger, immerhin ist das gesamte Gelände etwas ansteigend einen Hektar groß. Der junge Ökologe aus Überzeugung hat 2015 auf dem Biobauernhof Höcht in Leugas begonnen. Als die Inhaberin den Hof verkaufte, musste sich Rauch etwas Neues suchen. Über ein Inserat, sagt er, habe er die Felder bei Stockau gefunden. Heute sieht er den Umzug näher an seine Heimatstadt Erbendorf als eine echte Chance, endlich alle beruflichen Wünsche verwirklichen zu können.
250 Kilogramm Tomaten
Im Januar begann der Umzug, die gekauften Treibhäuser nahm er mit. "Abgebaut waren sie schnell", lacht Rauch - beim Aufbau dann eines Besseren belehrt. In einem davon ranken bereits wieder kräftige Tomaten- und Gurkenpflanzen. Dieser Tage erst habe man 250 Kilogramm Tomaten geerntet, sagt der Jungunternehmer stolz. Das Geschäft läuft gut? "Naja", schränkt er ein, "durch den Umzug können wir nicht alles bedienen". Die Aufbaumaßnahmen müssen nebenher laufen, denn Simon Rauch und sein Partner Andreas Gmeiner aus Weiden haben Verpflichtungen. Immerhin werden über ihre Firma "Solawi" 88 Kunden wöchentlich mit einer Kiste Biogemüse beliefert. Auch das trockene Wetter am Sommeranfang sei problematisch gewesen. Der junge Mann ist selbst bei solchen Hürden zuversichtlich, dass der Biomarkt weiter boomen werde.
Auf dem großen Gelände ist Platz für drei Treibhäuser, ein Betriebsgebäude, einen Verkaufsladen, mehrere Feldparzellen und 80 Hühner. Die gackern momentan weiter hinten auf dem Freigelände vor "ihrem" Bauwagen, dürfen aber bald nach vorne ziehen. Am Eingang des Geländes steht ein kleines Holzhäuschen für Eier zum Selbstabholen.
Naturschutzgebiet
Simon Rauch deutet auf seinem Bauplan auf eine Baumreihe, die sein Gelände umfasst. "Das ist Auflage der Naturschutzbehörde", sagt er. Denn sein Gelände liege im Naturschutzgebiet - was aber der Baugenehmigung keinen Stein in den Weg gelegt habe. Auf dem Amt habe man sich sogar gefreut, eine Biogemüse-Gärtnerei zu bekommen. Außerdem habe er wegen des Schutzgebiets gleich mit dem Bioanbau beginnen können, weil der Boden bereits "Ökologie pur" sei. Die gesetzlich vorgeschriebene Umstellungszeit habe sich erübrigt.
"Die Auberginen sind super geworden", berichtet Rauch und zeigt ein imposantes Beispiel. Gurken und Tomaten sind bestens sortiert, die Paprikaschoten reifen gut. Bleibt also Zeit, sich wieder der Baustelle zu widmen. "Wir machen den Um-, Auf- und Anbau gleichzeitig", informiert Simon Rauch lachend. "Der Laden bekommt Stroh- und Lehmwände." Das mache ein gutes Klima. Wichtig ist ihm, dass hier bei ihm der Gemüseanbau per Hand erledigt werde. Nur so sei gutes Biogemüse gewährleistet, sagt er.
Selbst Hand angelegt wird auch bei den Bauarbeiten, soweit möglich. "Ich kann inzwischen Bagger fahren", erzählt Rauch stolz. Braucht er Hilfskräfte beim Gemüse, sucht er sich Leute aus, die zu seiner Lebensphilosophie passen. Das sind unter anderem "Wwoofs", junge Leute, die über das Netzwerk World-Wide Opportunities on Organic Farms einen Urlaub à la "Work & Travel" bevorzugen. Einer von ihnen ist der 26-jährige Daniel Hoffmann aus Hessen. Er bleibt eine Woche bei Simon Rauch und zieht dann weiter zu anderen Biofarmen. Daniel möchte Erfahrungen sammeln für ein ähnliches Lebensprojekt. "Hier waren bereits ein Mexikaner, einer aus Argentinien und zwei Opernsänger aus Frankreich", erzählt Simon von seinen "Wwoofs".
Zuversichtlich und mit einer gehörigen Portion Mut packt der junge Erbendorfer seinen Einsatz zu einer besseren ökologischen Welt an. Wichtig sei ihm nun, dass alles rasch gehe. Eine längere Durststrecke könne er sich nicht leisten, sagt er. Also ran an die Arbeit. Die Spinat-Pflänzchen in der Holzkiste warten auf einen schönen Sonnenplatz auf dem Gemüsefeld.
Der Artikel portraitiert hervorragend, was Simon Rauch alles auf seinen neuen Flächen in Krummennaab leistet. Aber als Mitglied und Organisator der Solidarischen Landwirtschaft Stoapfalz (SoLawi Stoapfalz) möchte ich noch darauf hinweisen, dass es etwas zu kurz gegriffen ist die SoLawi Stoapfalz als Firma zu bezeichnen und diese ausschließlich in einem Nebensatz zu erwähnen.
Wir sind viel mehr als das: wir sind eine Gemeinschaft von mehr als 80 Familien die sich 60 Ernteanteile teilen, die firm hinter Simon stehen und ihn finanziell, moralisch und mit Rat und Tat auf dem Hof versuchen zu unterstützen so weit wir können. Wir alle in der SoLawi wissen, dass Simon einige großer Herausforderungen zu meistern hat, damit wir weiterhin regionale und ökologische Produkte von ihm beziehen können und er seinen Lebensunterhalt damit meistern kann. Es geht bei den “Verpflichtungen” wie sie im Artikel erwähnt sind aber nicht darum, dass Gemüsekisten geliefert werden müssen. Vielmehr finanzieren wir als Mitglieder der SoLawi Stoapfalz den gesamten Hof von Simon (Betriebskosten, Arbeitskosten, Abschreibungen von Investitionskosten etc.) und erhalten im Gegenzug von ihm alles, was produziert wird und teilen dies unter uns auf. Diese Solidarität geht so weit, dass wir bei Ernteausfällen auch das Risiko tragen. Wir bauen auf Simon und Simon baut auf uns und er baut dadurch ganz viel in Krummennaab ;-)
Das Konzept dieser Solidarität mit unserem Gärtner ist es, die es ihm erst ermöglicht in diesen ungewissen Zeiten mutig voran zu gehen. Er weiß, dass sein Hof durch die Mitglieder finanziert ist, ohne, dass er sich wöchentlich auf die Suche nach neuen Absatzmärkten machen muss. Natürlich hat man als Gärtner in einer SoLawi die Verantwortung im Kopf, dass man liefern muss, aber auch mit dem Wissen, dass wir es ihm (im Gegensatz zu Biomärkten und Großmärkten) verzeihen, wenn die Produkte mal nicht perfekt sind, wenn der Anbau mal nicht so gut läuft oder einmal sonstige unvorhersehbare Komplikationen auftreten.
SoLawi ist also ein Konzept aus der Zukunft, ein Konzept der solidarischen Wirtschaftsweise, welche es allen Teilnehmern ermöglicht an partizipativen und direkten Wirtschaftskreisläufen teilzunehmen. Ein Konzept welches die Agrarwende und den Klimawandel ernst nimmt und auf ihre Art versucht einen Beitrag zu einer lebenswerten Zukunft zu leisten.
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