Um 19 Uhr musste Hauptamtsleiter Wolfgang Roggenhofer den Eingang schließen. 100 Bürger hatten den Weg in die Turnhalle Kümmersbruck zur Bürgerversammlung gefunden. Mehr durften es nicht sein. Bürgermeister Roland Strehl hatte zwei Experten eingeladen, die alles rund um das geplante Baugebiet Lochnerstraße West in Theuern erklären sollten. "Die Verwaltung und das Bauamt legt Wert auf ein Verfahren, das komplett in der Öffentlichkeit stattfindet“, sagte Strehl. Man habe zu keiner Zeit „ den Deckmantel des Schweigens darübergelegt“. Diplom-Ingenieur Rainer Rubenbauer vom Planungsbüro und Landschaftsarchitekt Christopher Trepesch erläuterten den Bürgern die Details rund um die elf Parzellen, die auf 1,8 Hektar erbaut werden sollen. Die Gemeinde will dort Bauland für junge Familien zu schaffen.
Alexander Greiner vom Bauamt erläuterte ausführlich den Status quo. Landschaftsschutzgebiet, Artenschutz und die Verkehrssituation waren im Vorfeld die Hauptargumente der Gegner. Auf die – zumeist sachlichen - Fragen zur Kanalisation, Ausgleichsflächen, Altlastenverdachtsfälle und Verkehrsführung ging Rubenbauer ein. Die Rettungswege seien gesichert, Parken sei ohnehin nur möglich, ansonsten verboten, wenn drei Meter Mindestabstand blieben, die Straße sei ausgelegt auf 300.000 Lkw-Fahrten in 30 Jahren, „Von der Verkehrsbelastung her ist keine große Mehrbelastung zu erwarten, die von diesen elf Bauparzellen ausgehen werden", sagte Rubenbauer. „Diese elf Parzellen können auf jeden Fall über die Lochnerstraße erschlossen werden“, betonte Roland Strehl. Die Kritiker dagegen legten im wesentlichen nochmals ihre Standpunkte dar. Michael Grob forderte ein Verkehrsgutachten für die Lochnerstraße. Er wollte noch im Saal eine Abstimmung, die ihm auch gewährt wurde. Mit 49:46 Stimmen (bei fünf Enthaltungen) wurde die Forderung nach einem Verkehrsgutachten abgelehnt.
Baugebiet im Landschaftsschutzgebiet
Landschaftsarchitekt Christopher Trepesch machte deutlich, dass sich das geplante Baugebiet sowie ein Hauptteil der Ortschaft Theuern (westlich der Vilstalstraße) in einem Landschaftsschutzgebiet befindet. Grundsätzlich wäre es nicht erlaubt, dort bauliche Anlagen zu errichten. Auch die bereits bestehenden Häuser in der Lochnerstraße und am Burgstall befinden sich in diesem Schutzgebiet. Was die neuen elf geplanten Häuser betrifft, werden diese von Wald eingerahmt und grenzen an das bestehende Baugebiet in der Lochnerstraße/Burgstall. Deshalb sei es nicht schon von weitem einsehbar und eine schonende Einfügung in die Landschaft. Laut Christopher Trepesch stehe einer Herausnahme aus dem Schutzbiet nichts entgegen. Dies sei auch beim Landratsamt bereits beantragt. Was den Artenschutz betrifft, lässt sich sagen, dass keine Lebensräume von seltenen Tieren zerstört werden. Das Pflanzen einer Streuobstwiese und Hecken sowie das Ausheben einer feuchten Mulde werden das Gebiet ökologisch erheblich aufwerten Die bisherige scharfe Grenze zwischen intensiv genutztem Grünland (Kleeacker) und strukturreichem Wald werde damit verwischt und durch naturnahe Strukturen erweitert, so Trepesch.
Auch Befürworter des Baugebietes meldeten sich in der Bürgerversammlung zu Wort: „Dass sich Bürger so gegen das Neubaugebiet für junge Familien stellen, macht mich traurig“, sagte eine Frau. Sie schilderte ihre Versuche, in Kümmersbruck ein Grundstück zu bekommen und beklagte die „immer lauter werdenden Querulanten". Sie bat die Gemeinde: „Bleiben Sie bei ihrem Vorhaben.“
Baulücken kaum zur Verfügung
Auch Pfarrgemeinderat Richard Bäumler fand es richtig und wichtig, dass junge Familien die Möglichkeit bekommen, sich in Theuern anzusiedeln. Theuern habe einen schönen Kindergarten und für den Bestand seien eben junge Familie wichtig. Strehl sprach auf Frage von Maximilian Wolf die Nachverdichtungen an, die von der Gemeinde stets unterstützt werden. Oftmals würden jedoch private Baulücken nicht zur Verfügung stehen. Grundstücksbesitzer würden immer wieder angeschrieben vorhandene Lücken zu schließen, aber die Hürden in private Belange einzugreifen, seien hoch. „Die Nachfrage nach Baugrundstücken ist groß, und nichts ist für eine Kommune schlechter als ein unbebautes Grundstück“, sagte Strehl.
Neubaugebiet Lochnerstraße: Was bisher geschah
- 2018: Kontaktaufnahme durch das Amberger Wohnungsbau-Siedlungswerk Werkvolk mit der Gemeinde, die in der Lochnerstraße ein 4,2 Hektar großes Grundstück besitzt, um generelle Haltung zur möglichen Bebauung abzufragen;
- 11. Dezember 2018: Gemeinderat sieht der Anfrage positiv entgegen, nachdem eine hohe Nachfrage nach Baugrundstücken vorhanden ist, aber keine Baugrundstücke zur Verfügung stehen;
- 12. Februar 2019: Bauausschuss erteilt Auftrag zu einer hydraulischen Berechnung wegen Kanalisation, Ergebnis Trennsystem;
- 2019: Vorbereitung zum Einstieg in Bauleitplanung;
- 2. März 2020: gemeinsamer Ortstermin beider Gemeinderatsfraktionen, um Pläne
für ein mögliches Baugebiet öffentlich zu machen; - 11. November 2020: Informationsveranstaltung kann wegen Corona nicht stattfinden;
- 2. März 2021: Aufstellungsbeschluss für das Baugebiet „Lochnerstraße West“, räumlicher Geltungsbereich soll sich auf 10.790 Quadratmeter belaufen, Beschlussfassung mit 20:1 pro Baugebiet;
- 4. Mai 2021: Billigungs- und Auslegungsbeschluss im Gemeinderat, per Satzungsbeschluss wurde mit 19:1 Stimmen eine Bürgerversammlung beschlossen;
- Mittlerweile ist frühzeitige, erstmalige Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange erfolgt, ebenso die Sammlung von Unterlagen und Material, Einarbeitung der Stellungnahmen und Abwägungen der Einwendungen;
- Nächster Schritt: Billigungs- und Auslegungsbeschluss durch den Gemeinderat, Behandlung der Einwände, Anregungen, Abwägungen. (e)
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