Auf dem Weg von der Oberpfalz nach Brüssel oder Straßburg: In unserer Serie "Politik und Pommes" berichtet diesmal Ismail Ertug (SPD) aus Kümmersbruck (Kreis Amberg-Sulzbach) über seinen Alltag als Europa-Abgeordneter:
"Wie jeden Montag steige ich in den Flieger von München nach Brüssel. Vom Flughafen aus geht es direkt ins Europäische Parlament. Denn dort beginnt die erste von 25 Anhörungen des designierten Kommissars Maros Sefcovic. Er soll den Kontakt zwischen der Kommission und dem Parlament pflegen. Aber auch der Aufbau einer europäischen Batteriezellenproduktion läge in seinem Aufgabenbereich, was für mich als Verkehrspolitiker besonders interessant ist. Denn ohne eigene Batteriezellenproduktion können wir den Umstieg auf Elektromobilität nicht schaffen.
Wieso nur 25 Anhörungen? Im Vorfeld hatte der Rechtsausschuss alle Kandidat*innen auf Interessenskonflikte untersucht. Die Rumänin Rovana Plumb und der Ungar László Trócsányi wurden nicht zu den Anhörungen zugelassen. Und ein EU-Staat hatte keinen Kandidaten geschickt: Großbritannien wegen des Brexits. Rumänien und Ungarn werden neue Kandidat*innen nominieren und die Anhörungen werden im November oder Dezember nachgeholt.
Anfang Dezember soll die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen ihre Arbeit aufnehmen. Daher finden einige Anhörungen parallel statt. Man merkt dem Haus die Spannung an. Überall diskutieren Politiker, Journalisten und Mitarbeiter, wie die Anhörungen gelaufen sind. Muss jemand nachsitzen und sich erneut den Fragen der Abgeordneten stellen?
Als neugewählter Vizefraktionschef der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament war ich für die Vorbereitungen einiger Anhörungen verantwortlich. Welche Abgeordneten aus welchen Ausschüssen Fragen stellen dürfen, wird vorher in einem komplexen Verfahren festgelegt: Welcher Fraktion gehört man an? Je nach Größe dürfen mehr oder weniger Fragen gestellt werden. Habe ich eine besondere Funktion in der Fraktion inne? Das sind alles Aspekte, die bei der Vergabe der Fragen eine Rolle spielen. Natürlich hält jeder Abgeordnete seine Frage für die Wichtigste. Aber die Zeit und auch die Fragen sind begrenzt.
Besonders spannend war die Befragung von Sylvie Goulard, da ich diese maßgeblich mitvorbereitet hatte. Goulard sollte als Zuständige für Binnenmarkt und Verteidigung eine der wichtigsten Position in der neuen EU-Kommission bekleiden. Leider war die ehemalige Kollegin nicht gut vorbereitet und konnte auch die Zweifel an ihrer Integrität nicht ausräumen. Sie hatte üppige Beraterhonorare kassiert und einen Mitarbeiter scheinbeschäftigt. Deshalb wurde sie zu einer zweiten Anhörung eingeladen und am Ende stimmten die Abgeordneten mit 82 zu 29 Stimmen gegen sie."
Ist ein Kandidat für den Posten eines Kommissars abgelehnt, muss der Staatschef einen neuen bestimmen. Im Fall von Sylvie Goulard ist das der französische Präsident Emmanuel Macron. Einige sehen diese Abstimmung als Rache für Manfred Weber, den Macron nicht als Chef der EU-Kommission akzepteieren wollte.













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