Abpfiff für die DJK Leuchtenberg

Leuchtenberg
30.09.2022 - 09:33 Uhr
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73 Jahre nach der Gründung sind die Tage des Fußballvereins gezählt. Alle Appelle zum Weitermachen und Rettungsversuche verpuffen ergebnislos. Jetzt ist endgültig Schluss.

Als FC Leuchtenberg wurde der Verein am 16. Juli 1949 gegründet und 1963 in DJK umbenannt. Jetzt ist das Ende nah. Im Frühjahr sind zwei Versuche gescheitert, einen neuen Vorstand zu wählen. Keiner wollte ein Amt übernehmen. Vorsitzender Robert Zirngibl hatte schon vor längerer Zeit angekündigt, nach fünf Jahren als DJK-Chef aufzuhören. Am Freitag, 7. Oktober, um 20 Uhr beginnt eine außerordentliche Versammlung im Sportheim. Schwerpunkt: die Auflösung.

Falls sich dann nicht drei Viertel der 170 Mitglieder für das Ende aussprechen, reicht bei einer erneuten Zusammenkunft vier Wochen später die einfache Mehrheit, informiert der Weidener Siegmund Balk, Vizepräsident des DJK-Landesverbands Bayern. Der gebürtige Moosbacher ist "absolut traurig, dass sich ein Verein auflöst". Es könnte aber noch schlimmer kommen: "Wir müssen aufpassen, dass das nicht häufiger passiert." Dazu müssten Mitstreiter gewonnen und fortgebildet werden. Aber einfacher gesagt als getan. "Wir müssen gegen die Trägheit und Lethargie ankämpfen, die durch Corona entstanden ist. Die Mittelschicht ist rausgebrochen", bedauert Balk.

Erkennbarer Trend

Ein Trend hin zu mehr Vereinsauflösungen ist erkennbar. Zwar waren für Weiden sowie die Landkreise Neustadt und Tirschenreuth laut der Abteilung für Registersachen im Amtsgericht Weiden mit 1545 Vereinen (Stand: 23. September 2022) sieben mehr als am 31. Dezember 2020 eingetragen. Dafür gab es bisher 24 Löschungen – neun mehr als vor zwei Jahren (15). Und 2019 verschwanden nur sechs Vereine aus dem Register.

Schriftführer Sebastian Zanner ist seit über 20 Jahren bei der DJK Leuchtenberg, davon sieben Jahre im Vorstand. Es sei die ganze Zeit immer schwer gewesen, eine Führungsriege zusammenzustellen, räumt er ein. Nach einem Brandbrief im Oktober 2021 kamen zur ersten Versammlung im März nur 17 und zur zweiten im April 28 Mitglieder. Nächstes Mal müssten fast 130 teilnehmen. "Das werden wir bei Weitem nicht erreichen." Zanner wäre bereit gewesen, als Beisitzer weiterzumachen, aber nach dem geringen Interesse war seine Enttäuschung zu groß. "Es macht keinen Sinn mehr." Versuche, Sportarten wie Laufen oder Radfahren zu etablieren, scheiterten in der Vergangenheit ebenfalls. Immerhin wolle die Damen-Gymnastikgruppe weitermachen, weiß der Schriftführer. "Aber einen Fußballverein in Leuchtenberg wird es nicht mehr geben."

Identitätsverlust für Gemeinde

"Schade, einfach nur schade", sagt der frühere DJK-Vorsitzende Rainer Schmeidl. Die Auflösung sei ein "Identitätsverlust für eine kleine Gemeinde wie Leuchtenberg". Für die Zukunft sieht er schwarz, in ein paar Jahren "werden noch viele Vereine folgen". Die Einstellung junger Leute zum Fußball habe sich geändert, zudem gebe es zu viele andere Angebote. Bei der DJK seien zuletzt nur noch zwei Kicker aktiv gewesen. "Da macht ein Verein keinen Sinn." Hinzu komme: "Das Ehrenamt ist nicht mehr begehrt, niemand will mehr Verantwortung übernehmen." Den aktuellen Verantwortlichen und deren Vorgängern macht Schmeidl keine Vorwürfe. "Das waren noch Einzelkämpfer."

Bürgermeister Anton Kappl sieht das ähnlich: Das Ende der DJK sei "auf keinen Fall" dem jetzigen Vorstand anzulasten. Die Ursachen lägen "weitaus länger zurück, und die verbliebenen DJKler müssen die Suppe jetzt auslöffeln". Für Leuchtenberg sei dies tragisch: "Dass der einzige Sportverein bald Geschichte sein wird, ist eine kleine Katastrophe und deren Auswirkungen sind noch gar nicht absehbar", meint Kappl. "Erst wenn wir unsere Kinder nicht mehr in den heimische Sportverein schicken können, sondern sie irgendwo hinfahren müssen", werde es viele Fragen geben. "Aber dann ist es zu spät. Es ist sehr, sehr enttäuschend, dass es so weit kommt, und der Schaden, der dadurch entsteht, wird enorm sein. Ein Sportverein gehört praktisch mit zur Grundversorgung einer Gemeinde, Sport ist bei vielen Leuten Teil ihres Lebens. Die DJK war ein richtiges Flaggschiff in Sachen Fußball mit einer Sportanlage, auf die viele Vereine sehr neidisch waren."

Dutzende Gespräche nutzlos

Der Rathauschef habe noch nie so viel Zeit für einen Verein wie für die DJK aufgewendet. "Sicher weit mehr als 25 Einzelgespräche" habe er geführt, mehr als ein Dutzend Gesprächsrunden mit mehreren Teilnehmern organisiert. "Natürlich ist das mehr als frustrierend, wenn man so viel auf die Leute einredet, sich mit verschiedenen Angeboten vonseiten der Gemeinde sehr weit aus dem Fenster lehnt, und nix dabei rauskommt", ärgert sich Kappl.

Doch schon vor vielen Jahren seien Fehler gemacht worden und Jugendliche nicht mehr für Fußball zu bewegen gewesen. Stattdessen seien auswärtige und ausländische Spieler gegen Geld geholt worden, um den Erfolg zu steigern. Einige Jahre habe es Spielgemeinschaften gegeben, die wegen Spielermangels beendet wurden. Nur eine Bambini-Gruppe ohne aktiven Spielbetrieb sei noch übrig. "Wenn die Nachwuchsarbeit in so einem Verein einbricht, ist das leider nicht mehr aufzufangen. Das Ergebnis sieht man jetzt."

Appell fürs Ehrenamt

Auf die Frage, warum es nicht weitergeht, hat Kappl eine klare Antwort: "Ganz einfach: der Mangel an Ehrenamtlichen. Die Leute haben offensichtlich einfach keine Lust mehr, sich ehrenamtlich zu engagieren und widmen sich lieber anderen Hobbys." Daher appelliere er "ganz außerordentlich an alle Bürger, sich dem Ehrenamt wieder verstärkt anzunehmen, dies ist und bleibt in unserer Gesellschaft sehr, sehr wichtig fürs gute Miteinander".

Die Ende der 1980er Jahre gebaute Sportanlage mit zwei Spielfeldern, Hartplatz, Laufbahn sowie Gebäude mit Umkleideräumen und Duschen gehört der Gemeinde und ist auch für den Schulsport vorgesehen. Dies soll so bleiben, aber "selbst die Schule kommt nur noch sporadisch zum Sportplatz". Dennoch ist der Rathauschef "absolut gegen eine anderweitige Nutzung, sei sie noch so verlockend". Ziel sei, mit einem anderen Sportverein "das Gelände wieder zu beleben, es in Schuss zu halten, und den Sinn des Breitensports aufrecht zu erhalten". Gespräche und Verhandlungen würden laufen.

Hintergrund:

Die Entwicklung im Vereinsregister

  • 1545 eingetragene Vereine zwischen 1. Januar 2021 und 23. September 2022 in Weiden sowie den Landkreisen Neustadt und Tirschenreuth (2020: 1538)
  • neu: 31 (2020: 34)
  • gelöscht: 24 (2020: 15)

Quelle: Amtsgericht Weiden, Abteilung für Registersachen

 
 

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