Obwohl in der Manteler Mehrzweckhalle einige Reihen leer blieben - dafür, dass die AfD nur kurzfristig im Netz öffentlich Werbung für die Veranstaltung gemacht hat, war der Besuch respektabel. Das Publikum: einige Neugierige, in der großen Mehrzahl aber bekennende Anhänger der Rechtspopulisten.
Die wurden nicht enttäuscht. Sie bekamen neben zwei Mitgliedern aus dem Bundesvorstand die Oberpfälzer Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in geballter Stärke präsentiert. Etwa Benjamin Nolte aus Regensburg, der das Medien-Bashing eröffnete: "Journalist gehört für mich nicht zu den seriösen Berufen."
Hintergrund war ein Beitrag Anfang dieser Woche auf Bayern 1, der Noltes Nähe zu Rechtsextremisten aufzeigte. Allerdings ging der 36-Jährige mit keinem Wort etwa darauf ein, dass er seinen Vorstandsposten bei der AfD-Nachwuchsorganisation verlor, weil er bei einem Burschenschaftstreffen einen Farbigen mit einer Banane verhöhnte. Doch "Durchschnittsjournalisten", die "nach 20. Semestern abgebrochenem Soziologiestudium im Elfenbeinturm linker Verblödung" später bei "Mainstream-Medien" unterkommen, seien eben nicht in der Lage komplexe Zusammenhänge zu begreifen.
Laufen ohne Rückgrat
Nolte kann das umso mehr, wenn er am Tag der Deutschen Einheit die Spaltung der Gesellschaft beschreibt. Da seien einerseits die gesetzestreuen Bürger, die bedroht seien von Vergewaltigern und Messerstechern auf den Straßen und fast 50 Prozent ihres Lohns als Abgaben unter anderem für "kranke Gesellschaftsexperimente" zahlen müssten.
Ihnen mache andererseits eine "dunkle Allianz" aus "Politik, Medien und Helfershelfern dieser staatszersetzenden Clique", die Multikulti, Gender und Inklusion proklamiere, das Leben schwer. Beifall im Saal. Zu diesen Finsterlingen gehören auch "Der neue Tag" und das Onetz. Das weiß niemand besser als Andreas Kalbitz aus Brandenburg, der sich als "Apologet der Lückenpresse" vorstellte. "Wenn ich das hier so mitbekomme, stehen Sie von diesem Schmierenblatt, dessen Namen ich vergessen habe, hier im Westen den Stasi-konditionierten Ost-Reportern in nichts nach. Ich bin erstaunt, dass Sie ohne Rückgrat hier so aufrecht laufen können." Lauter Beifall.
Hintergrund war unter anderem die Berichterstattung über die Ermittlungen gegen Hans Reichl, den Schwiegervater von Roland Magerl, Lokalmatador und Spitzenkandidat der Oberpfälzer AfD. Reichl steht in Verdacht, bei seinem Pflegedienst Sozialabgaben hinterzogen zu haben. Zudem fiel er durch Rangeleien und Pöbeleien in Chemnitz auf.
"Schweinejournaille"
Daher wollte Magerl der NT-Redaktion symbolisch einen goldenen Spaten überreichen. "Damit man bei personenbezogenen Grabungen in Zukunft nicht auf mein familiäres Umfeld ausweichen muss." Noch lauterer Beifall und Zwischenruf Hans Reichl: "Schweinejournaille." Magerl gab bei dieser Gelegenheit auch bekannt, dass Reichl vier Tage zuvor aus der AfD ausgetreten sei, "um mir nicht weiter zu schaden". "Aber ich komm schon wieder", ergänzte der Schwiegervater.
Medien als Kronzeugen
Bei so viel Medienschelte war es erstaunlich, dass der letzte Redner, Guido Reil aus Essen, in seinen Beispielen für Gewalt von Ausländern, Vielehe und Sozialbetrug sich auf Quellen wie die "Westdeutsche Allgemeine" oder "Spiegel TV" berief. Reil, ein ehemaliger SPD-Mann, war als Mann mit "Herzblut" angekündigt. Seine Rede, ganz ohne Kraftausdrücke, klang so, dass ihm die ernsthafte Sorge um Missstände nicht nur im Ruhrgebiet abzunehmen ist - ohne, dass die im Saal öfter erwähnte "Lügenpresse" das bestreitet.
Vielleicht hat Reil das gar nicht nötig. Anders als bei Magerl (gesehen im T-Shirt eines rechtsradikalen Versenders), Nolte (Mitglied einer Studentenverbindung, die der Verfassungsschutz beobachtet) und Kalbitz (Vergangenheit im rechtsextremen Witikobund) hat das sogenannte Medienkartell bei ihm stets mehr über seine sozialpolitischen Aktivitäten berichtet. Angemerkt
Der Spaten sticht nicht
Der Vorwurf wird nicht lange auf sich warten lassen: Wenn diese Lügen-, Lücken- und Systempresse selber kritisiert wird, berichten sie, dafür lassen sie alle Aussagen der AfD zu Bildung, Armut, Pflege, Auslandseinsätzen oder Euro-Rettung weg. Ganz zu schweigen davon, dass es die Partei zu Juden, Homosexuellen und Migranten in der Mitgliederkartei gebracht hat.
Dazu zwei Dinge: Erstens war die Medienschelte in Mantel das, was beim Publikum am besten ankam, also steht sie auch hier im Zentrum der Berichterstattung. Zweitens ist es unmöglich, drei Stunden und - den Moderator mitgezählt - sieben Redner in einem Artikel erschöpfend wiederzugeben. Wir sind aber so frei und empfehlen die komplette Veranstaltung auf der Facebookseite der AfD Bayern in der Kategorie Videos, "Live aus Mantel".
Dabei geht es Guido Reil zufolge darum, die AfD zu "entdämonisieren". Da im Beitrag gern von "Volksverrätern", "Geschwätzwissenschaften", "Gutmenschen-Mafia" und "Scheindemokratie" die Rede ist, darf dies als gescheitert gelten. Daher nehmen wir auch den geschenkten goldenen Spaten dankend nicht an.
Sowohl der Artikel als auch die Kommentare hier unten belegen mal - mal wieder - dass die AfD zum großen Teil aus hasserfüllten, respektlosen Dampfplauderern besteht. Ironischerweise bestätigt der Kommentar des AfD-Weiden-Mitglieds, Herr Dr. Spielhofen, hier, dass der Neue Tag mit den gegen Zitaten recht hat - und widerlegt den Vorwurf der Lügenpressen selbst ("einstecken können").
Jeder Wähler und jede Wählerin sollte genau überlegen, ob wir Leute, die T-Shirts mit "Arier"-Aufschift (Aryan) aus dem NPD-Shop tragen, so wie das Roland Magerl als Direktkandidat das macht, ob wir solche Leute als Verantwortungs- und Entscheidungsträger in München haben wollen. Und überhaupt: allein die Tatsache, dass dieser Hr. Nolte auf Platz 2 vom aus einem Gremium der AfD ausgeschlossen wurde, belegt den Sachverhalt, dass er sich rassistisch verhalten hat.
Diese pauschale Schimpferei auf der Veranstaltung in Mantel gegen Medien und Kritiker, wie auch hier belegt, dass in der AfD viele Menschen sind, die unreflektiert und hasserfüllt unsere Gesellschaft spalten wollen. Lassen wir es nicht so weit kommen!
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Ich denke, der letzte Absatz fasst die ganze Absurdität der Medienschelte, die auf der Veranstaltung geübt wurde, sehr gut zusammen. Misstände aufzuklären ist die Aufgabe der freien Presse, und das tut sie auch - in alle Richtungen und eben auch in den angesprochenen Fällen. Der Ton und die Pauschalisierung, wie hier durch AfD-Vertreter auf Berichterstattung reagiert wird, ist für mich sehr entlarvend. Weiter so, Neuer Tag!
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Einen sollte ich noch ergänzen: Ein Mitglied der linksradikalen Frankfurter Putzgruppe, die in den 70ern mit Helm und Knüppeln auf Polizisten einprügelte, 1975 das spanische Generalkonsulat mit Molotowcocktailen bewarf, hieß Joschka Fischer und er brachte es immerhin zum Außenminister unseres Landes.
War aber kein größeres Problem für unsere Medien. Vielleicht hilft ja da der verliehene Spaten um in Zukunft bessere Grabungsergebnisse auch auf der anderen Seite des politischen Spetrums zu erreichen um sich nicht dem Vorwurf der Doppelmoral auszusetzen.
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Nach dem Versuch über ehemalige Mitgliedschaften von AfD Politikern bei Burschenschaften (Nolte) oder Kalbitz (Witikobund), diese ins schlechte Licht zu rücken, könnte man doch wegen der scheinbar so ausgeprägten Ausgewogenheit dieses Portals doch ebenfalls über die Mitgliedschaft eines Winfried Kretschmanns beim Kommunistischen Bund Westdeutschlands (KBW) und der Nähe zur Lehre Maos berichten. Interessant wäre es auch, von der Tätigkeit eines Herrn Steinmeiers für eine vom Verfassungsschutz beobachtete Zeitschrift zu erfahren. Triitins Einsatz für den maoistischen kommunistischen Bund wäre ebenfalls interessant, wie auch seine Beteiligung am Buback-Nachruf mit Sympathieerklärung für den Mord an Herrn Buback.
Hier könnte man Ausgewogenheit zeigen und da man es nicht tut, handelt es sich bei diesem Artikel um die übliche tendenzielle Berichterstattung in Sachen AfD.
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Tja, meine Damen und Herren vom NT: wer jahrelang gegen die AfD austeilt muss ausnahmsweise auch mal einstecken können!
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