Mantel
20.10.2022 - 13:04 Uhr

Pro und Contra Ortsumgehung Mantel: Vorfahrt für Storch und Schmetterling?

In Mantel schoppt sich der Verkehr: Gerade wenn sich Lkw durch den Ort pressen, wird es auf den schmalen Gehsteigen manchmal gefährlich eng für Fußgänger. Eine Umgehungsstraße könnte helfen. Doch gegen die gibt es weiterhin Widerstand.

Bei einem Erörterungstermin am Mittwoch in der Mehrzweckhalle ging es um Einwände im ergänzenden Verfahren zur geplanten Ortsumgehung für Mantel. Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) hatte im Mai 2020 Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht, da der Bescheid der Regierung nach seiner Meinung "erhebliche naturschutzfachliche Mängel" aufweist. Hauptsächlich geht es um den Schutz des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, einer besonders schützenswerten Schmetterlingsart, außerdem um den Weißstorch, der gestört werden könnte.

Planer Frank Viehmann vom Staatlichen Bauamt Amberg-Sulzbach beschrieb eingangs die derzeitige Situation im Ort: hohes Sicherheitsrisiko, enge Kurven und sehr schmale Gehsteige, die es Müttern mit Kinderwagen, Senioren mit Rollatoren oder Rollstuhlfahrern unmöglich machen, sie zu nutzen. An der Wand der Mehrzweckhalle hingen eindrucksvolle Fotos, die eine mit Lastwagen verstopfte Hüttener Straße zeigten. Laut Straßenbauamt fahren täglich 4500 Fahrzeuge durch diese Straße, davon sind 500 Lkw.

Landschaftsarchitekt Dietmar Narr war als Sachverständiger für umweltfachliche Fragestellungen hinzugezogen worden. „Es gibt keine zumutbaren Alternativen“, so Narr. Neues Grünland zur Sicherung des Erhaltungszustandes des Schmetterlings werde geschaffen. Und: „Der Weißstorch ist relativ unempfindlich gegen Straßenbaumaßnahmen.“

Vorwurf: Politik übt Druck aus

Als Vertreter des LBV waren Helmut Beran vom Landesverband, Christoph Bauer vom LBV Oberpfalz und Adolf Küblböck von der Ortsgruppe Weiherhammer bei der Versammlung. Sie zeigten sich überzeugt, dass "erheblicher politischer Druck" auf die Behörden ausgeübt worden sei – mit dem Ziel, den Bau der Ortsumgehung ohne ausreichende Würdigung des Naturschutzes voranzutreiben. Landrat Andreas Meier wies als Bauherr diese Vorwürfe später zurück: „Klar machen wir Druck, dass das Verfahren zu einer Entscheidung kommt, das sich nun schon so lange hinzieht und bei dem es sieben bis acht Änderungen gab. Einwände kommen immer erst dann, wenn alles geplant ist." Es sei aber nicht widerrechtlich Einfluss genommen worden. Die LBV-Vertreter fanden zudem die Lage der Ausgleichsflächen nicht optimal und zweifelten an einer ausreichenden Kontrolle. Bauamtsvertreter betonten aber, dass sie als staatliche Behörde korrekt arbeiteten und vier bis fünf Mitarbeiter in der Landschaftspflege beschäftigten, die die Pflege der Ausgleichsflächen kontrollierten.

Tobias Bäumler, Leitung Straßenbau beim Staatlichen Bauamt Amberg-Sulzbach, ging auf eine ursprünglich geplante Nordvariante ein, die aber nur wenig Verkehr aus dem Ort ziehen würde – die Südumgehung reduziere den Verkehr hingegen um 60 bis 70 Prozent. „Naturschutz ist auch für uns von hohem Wert“, sagte Bäumler. Bürgermeister Richard Kammerer betonte, dass dem Markt Mantel die Natur wichtig sei. „Aber für uns ist die Belastungsgrenze erreicht. Unsere Bürger beklagen, dass hier der Mensch erst hinter dem Schmetterling kommt."

"Gesamtkonzept fehlt"

Die Vertreter vom Bund Naturschutz – Vorsitzender Hans Babl, Geschäftsstellenleiter Jürgen Holl und Hermann Scharl – sahen in der Lösung des Verkehrsproblems der Hüttener Straße lediglich eine Einzelmaßnahme. Sie forderten stattdessen ein sinnvolles Gesamtkonzept, denn durch das Baugebiet Schlossäcker sei eine Nordumgehung unmöglich geworden. Einige der Probleme seien zudem hausgemacht: Die Gemeinde habe nicht einmal versucht, durch weitere „Schikanen“ die Ortsdurchfahrt für den Durchgangsverkehr unattraktiver zu machen und diesen somit aus dem Ort hinauszudrängen. Der Manteler Rathauschef erwiderte darauf, dass sich durch solche Maßnahmen auch der Verkehr in Hütten, Kaltenbrunn und Dürnast auf absehbare Zeit erhöhen würde.

Das dramatische Artensterben werde auch durch Lebensraumverluste in Folge von Baumaßnahmen beschleunigt, so Jürgen Holl. "Bei ausbreitungsschwachen Arten wie dem Großen Wiesenknopf-Ameisenbläuling können solche Eingriffe im Vorkommensgebiet die Population dezimieren." Ob gut gemeinte und gut gemachte Ausgleichsmaßnahmen wirklich erfolgreich seien, sei nicht sicher und bleibe abzuwarten. Im Übrigen würden bei dieser Planung Erfordernisse des globalen Klimaschutzes nicht berücksichtigt.

Laut Straßenbau-Chef Bäumler gibt es für die Umgehung keine Alternative. „Nach 36 Jahren Belastung sind wir diese Maßnahme unseren Bürgern schuldig“, so Bürgermeister Kammerer. Während Regierungsvertreterinnen und Bauamt sich nach der Veranstaltung auf gutem Wege sahen, erklärten die Vertreter des LBV im Anschluss vor der Halle, dass sie die Sache "noch länger" beschäftigen werde.

Info:

Der Große Wiesenknopf-Ameisenbläuling

  • ist ein Schmetterling aus der Familie der Bläulinge (Lycaenidae)
  • wird auch Schwarzblauer Bläuling oder Schwarzblauer Moorbläuling genannt
  • erreicht eine Flügelspannweite von 28 bis 33 Millimetern.
  • bewohnt feuchte oder wechselfeuchte Wiesen sowie Ränder von Gräben, Gewässern und Niedermooren.
  • gilt europaweit als gefährdet und steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.

Quelle: Nabu

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.