Julia schraubt sich Meter für Meter tief ins Erdreich. Die höllisch laute Lady ist der „super lässige“ Liebling von Daniel Breins. Der Fahrer, Polier und Maschinist hat die schwergewichtige Dame, die ohne Anbauteile 65 Tonnen auf die Waage bringt, voll im Griff. „Sie ist definitiv keine Zicke“, sagt er lachend – und setzt wieder den Hebel an, um die Schraubschnecke in der Metallhülse mit 88 Zentimetern Durchmesser zu versenken. 49 Pfahlgründungen – zwischen 8 und 14 Meter tief – hat Daniel Breins mit der Spezialmaschine am Rande des Marktredwitzer Stadtparks gesetzt. Sie bilden das Fundament für den ersten Bauabschnitt. Hier entsteht ein neues Quartier zum Wohnen, Ausgehen und für Dienstleistungen.
„Nach Jahren der Planung ist es endlich so weit: Der Bau beginnt.“ Investor Marcus Pürner – der Chef des Fahrradherstellers Cube ist einer von vieren – spricht vielen, die am Mittwoch beim symbolischen ersten Spatenstich dabei sind, aus dem Herzen. Etliche kleine Probleme seien gemeistert worden, „jetzt rückt die Fertigstellung mit dem Spatenstich in erreichbare Nähe“.
"Brauchen Gastronomie"
Ebenso wie der Bauherr freut sich Oberbürgermeister Oliver Weigel über den „lang ersehnten Baubeginn“ bei strahlend blauem Himmel. Das seien beste Vorzeichen für einen zügigen und unfallfreien Bau auf dem schon lange leer stehenden Areal im Zentrum von Marktredwitz. „Das ist der Lückenschluss zwischen der Innenstadt und dem KEC.“ Viele Jahre habe man auf dem Papier diskutiert, was nun endlich als bunte Mischung von Gastronomie, Wohnen und Gewerbeflächen umgesetzt werde. „Wir brauchen dringend Gastronomie in unserer Innenstadt“, so Oliver Weigel. Jetzt könnten die Marktredwitzer das Areal wachsen sehen, in dessen Umfeld sich auch allerhand tue. Denn gleich im Anschluss an den Bau von Riegel, Box und Wohnturm schließe sich die Neugestaltung des Stadtparks an. Der Winkel entwickle sich neu und auch das Malzhaus in der Nachbarschaft. Hier zögen viele engagierte Menschen gemeinsam an einem Strang.
Das Stadtoberhaupt lässt es „sich nicht zweimal sagen“, als ihm gerade das Angebot gemacht wird, Julia einmal unter seine Fittiche zu nehmen. Flugs klettert er auf den Bock des schweren Geräts, um die Schraube mit ein paar angewiesenen Handgriffen des Poliers in den Grund zu senken. Heil bekommt Daniel Breins die Maschine zurück, „mit der das Arbeiten so richtig Spaß macht“.
20 Minuten pro Loch
Binnen 20 Minuten bohrt der Maschinist mit Hilfe von Julia in eine Tiefe zwischen 8 und 14 Meter – „je nach Beschaffenheit des Bodens an der Stelle“. In dieser Zeit werden die Löcher auch gleich mit frischem Beton, der innerhalb von acht Minuten aus Lorenzreuth angeliefert wird, verfüllt. Wo genau die Löcher als Fundament für die künftige Baustelle gebohrt werden, haben zuvor Baufirma und Statiker festgelegt.
Dass Daniel Breins seinen Job liebt, spürt man beim Zuschauen. „Ich glaube, in den letzten 20 Jahren habe ich mich schon einmal um die Welt gebohrt.“ Dabei hat er etliche weit größere Baustellen als die in Marktredwitz bedient. „Meine Julia kann bis zu 27 Meter tief bohren“, erzählt er. Er habe aber auch schon Maschinen geführt, die bis in 98 Meter Tiefe gelangen.
Rohbau bis zum August
Laut Bauunternehmer Stefan Bäuml ist man beim Bohren nicht auf Sumpf oder gar Wasser gestoßen, wie man ursprünglich befürchtet hatte. Denn früher einmal war an dieser Stelle der Klingerweiher, der zugeschüttet worden ist. Durch das zügige Verfüllen der Löcher mit Beton stehe jetzt das Fundament für den Bau. „Unser Ziel ist es, die Bodenplatte vor Weihnachten fertig zu bekommen. Der Rohbau des Riegels könnte bis August stehen.“
Quartier für Wohnen, Gastronomie und Einzelhandel
- Der Riegel mit 1589 Quadratmetern und zwei Obergeschossen umfasst ein Bistro und ein Eiscafé, Gewerbeflächen, Büros und Arztpraxen.
- Die Box mit drei Geschossen misst 1471 Quadratmeter und wird mit Restaurant und Tapas-Bar ausgestattet. Auch hier gibt es Büros, Gewerbe, eine Praxis und Wohnungen.
- Der Wohnturm mit 1584 Quadratmetern und vier Obergeschossen beinhaltet elf Wohnungen mit Loggien und Dachterrassen.
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