Nach zweijähriger coronabedingter Pause freute sich die Bevölkerung heuer wieder besonders über die Glück- und Segenswünsche, die Musikanten aus dem Fichtelgebirge alljährlich in den Tagen vor Silvester ins Haus bringen. Den „Schneewalzer“ hatten sie jetzt aufgrund vorfrühlingshafter Temperaturen allerdings nicht im Repertoire.
Der Brauch des Neujahrsanspielens in Mehlmeisel ist schon sehr alt: Hat doch der mittlerweile verstorbene Altbürgermeister Hans Lehnert in seiner „Mundartchronik Band I“ bereits ein Foto aus dem Jahr 1952 vom „Naiajauaümmischbühln“ veröffentlicht. Offenbar waren damals junge Burschen aus dem Umfeld der Blaskapelle Gottsmann unterwegs. Später hat die Blaskapelle Edelweiß, aus der die jetzigen Original Fichtelgebirgsmusikanten hervorgingen, die alte Tradition übernommen.
Zu viel Regen
Nur ein einziges Mal in all den Jahrzehnten – und zwar in den 1960er Jahren – musste das „Anspielen, das meist über zwei Tage ging, einen Tag lang unterbrochen werden, weil es in Strömen regnete und Musikanten und Instrumente triefend nass wurden“, weiß Franz-Josef Pscherer, heutiger Leiter der Original Fichtelgebirgsmusikanten aus früheren Erzählungen. Er ist schon seit Langem mit dabei. Früher zogen die Musikanten in Mehlmeisel zu Fuß von Haus zu Haus durchs Dorf, mussten oftmals durch meterhohen Schnee stapfen oder waren – wie heuer – im Grünen unterwegs.
Anfang der 1970er Jahre weiteten die Musikanten aus dem Fichtelgebirge das Überbringen der Glück- und Segenswünsche in die Nachbargemeinden Fichtelberg, Brand und Warmensteinach aus. Sie sind mittlerweile mit dem Bus unterwegs.
Christlicher Wirt
Der Brauch des „Umispielens“ knüpft an das Neujahrssingen der Arbeiter in der Patterlhütte an, die in der Silvesternacht nach getaner Arbeit von Haus zu Haus zogen und das Mehlmeiseler Neujahrslied sangen: "Hört Ihr Leut' und lasst euch sag'n. Hammer und Glöckle hab'n 12 Uhr g'schlag'n." "Zwölf Uhr ist der letzte Schlag, ist wiederum ein Jahr vollbracht ...“ wird oftmals im Ort erzählt.
Das kann sich aber Heimatforscher Josef Wiche nicht vorstellen: „Denn der Betreiber der Hütte war ein sehr christlicher Mann, der den Betrieb ab Heiligabend über die Rauhnächte bis Dreikönig ruhen ließ. Zwar wurde in der Paterlhütte viel gesungen, aber zu den genannten Tagen hat dort sicher niemand gearbeitet. Während der Raunächte haben unsere Dorfbewohner auch zu Hause kaum Arbeit verrichtet. Angeblich haben die Frauen nicht einmal gefegt oder Wäsche gewaschen und die Männer versorgten nur die Tiere im Stall. Erst an Dreikönig kehrte das Arbeitsleben zurück.“ Und von dieser Tradition berichten noch heute die Altvorderen.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.