Der Historische Arbeitskreis Mitterteich informierte kürzlich bei einem Vortrag über das Thema „Musikalisches Mitterteich“. Dabei wurde auch die Kapelle des Bürgermilitärs unter Hauptmann Kunz vorgestellt, die Janitscharenmusik spielte. Doch was ist das für eine Art von Musik?
Als die Türken begannen, weite Teile Süd- und Osteuropas zu erobern, entstand das Osmanische Reich, ein Vielvölkerstaat unter der Herrschaft des jeweiligen türkischen Sultans. Zur inneren Stabilisierung dieses Reiches sowie für weitere Eroberungszüge wurden viele Soldaten benötigt. Die Janitscharen bildeten die Eliteeinheit des osmanischen Heeres. Zunächst wurden sie aus Kriegsgefangenen rekrutiert. Später begann man mit der sogenannten „Knabenlese“: Dabei wurden christlichen Familien aus den eroberten Gebieten die stärksten und intelligentesten Jungen in früher Kindheit entrissen. Diese verbrachte man in die Türkei, gab ihnen neue Namen, erzog sie türkisch und islamisierte sie. Bei Lehnsherren erlernten sie Sprache, Religion und Sitten.
Elitäres Selbstverständnis
Etwa ab dem Alter von 15 Jahren erhielten sie in Militärschulen eine hervorragende Ausbildung. So konnten sie, die keinerlei religiöse, familiäre und kulturelle Bindungen hatten, zu absolut bedingungslos und treu für Staat und Sultan kämpfenden Soldaten gedrillt werden. Sie galten als unerschrockene und leidenschaftliche Kämpfer und wegen ihrer Schlagkraft als unbesiegbar. Die fanatische Hingabe an ihren Dienst bewirkte bald ein elitäres Selbstverständnis. Sie verfügten über zahlreiche Privilegien und lebten in eigenen Kasernen. Sexualität, Heirat und Kontakte zur Bevölkerung waren ihnen verboten.
Von anfänglich (um 1360) 1000 Mann im Janitscharen-Korps vergrößerte sich die Truppe auf etwa 100.000 Mann gegen Ende des 17. Jahrhunderts. In Friedenszeiten bildete diese Eliteeinheit der Infanterie die Leibgarde des Sultans und anderer hoher Persönlichkeiten. Während einer Schlacht blieben sie immer im Zentrum des Geschehens und kämpften in unmittelbarer Nähe des Herrschers. Ihre Musik mit den fremdländischen Klängen begleitete die Kampfhandlungen und sollte die Kämpfer motivieren. Sie gewannen unglaublich viel Macht und Einfluss. Viele ihrer Intrigen dienten diesem Zweck. So waren sie an Aufstieg und Fall zahlreicher Herrscher beteiligt. Am Ende des 16. Jahrhunderts wurden die strengen Vorschriften für die Janitscharen gelockert, und sie durften sogar heiraten. Damit verbunden aber war ein Verfall von Disziplin, Kampfmoral und Schlagkraft.
Militärkapellen übernahmen Musik
Als das osmanische Heer 1683 zum zweiten Mal Wien belagerte und nun endlich einnehmen wollte, kam den österreichischen Truppen und ihren Verbündeten der polnische König Johann II. Sobieski in der Schlacht am Kahlen Berg bei Wien in letzter Minute zu Hilfe. Das osmanische Heer musste eine schwere Niederlage einstecken und sich zurückziehen. In den weiteren Jahren beteiligten sich auch Russland und die Republik Venedig an der Zurückdrängung der Osmanen. 1699 konnte im Frieden von Karlowitz die Rückgabe einiger eroberter Gebiete (etwa Ungarn, Podolien und Teile Serbiens) an die Habsburger erreicht werden. Dieses Ereignis wurde gebührend in Wien gefeiert.
Zu den Feierlichkeiten trat auch eine Janitscharen-Kapelle auf, die begeistert aufgenommen wurde. Zunächst übernahmen Militärkapellen die Musik der Janitscharen. Auch die deutsche militärische Marschmusik basiert auf diesen Rhythmen und Klängen. Bald entsprach es dem Zeitgeist, Musik in der Art der Janitscharen zu komponieren. So finden sich Elemente bei Mozart in der Oper „Die Entführung aus dem Serail“ oder im „Türkischen Marsch“, bei Haydn in der „Militärsinfonie“ und auch bei Beethoven, Rossini und Gluck.
Die Janitscharen wurden durch zahlreiche Aufstände geschwächt, in deren Folge der Sultan etwa 10.000 Mann liquidieren ließ. Durch ein Rechtsgutachten kam es schließlich zur Auflösung der Truppe. Der Untergang des Osmanischen Reiches wurde durch den Wegbruch dieser tragenden Säule des Imperiums stark beschleunigt.
- Autorin Susanne Wenzel hat für Oberpfalz-Medien die Rolle der Janitscharen und ihrer Musik beleuchtet.
- Für den Beitrag hat sie ihr Kapitel „Die Janitscharen – Eliteeinheit des osmanischen Heeres“ aus dem Reiseführer „Kosovo – Informieren – Reisen – Erinnern“ (erschienen unter ihrem Mädchennamen Susanne Dell) gekürzt, überarbeitet und ergänzt.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.