Mitterteich
06.10.2020 - 17:00 Uhr

Sorgen um medizinische Versorgung in Mitterteich

Der Mangel an Hausärzten und die Schwierigkeiten bei der Gewinnung junger Mediziner beschäftigten jetzt den Mitterteicher Stadtrat. Bürgermeister Stefan Grillmeier sicherte vollen Einsatz zu und bat auch um Mithilfe.

Das Symbolfoto zeigt den Blick in ein Sprechzimmer einer Hausarztpraxis. Die medizinische Versorgung in Mitterteich war am Montagabend ein Thema im Stadtrat. Bild: Monika Skolimowska/dpa
Das Symbolfoto zeigt den Blick in ein Sprechzimmer einer Hausarztpraxis. Die medizinische Versorgung in Mitterteich war am Montagabend ein Thema im Stadtrat.

Das Thema Ärzteversorgung brachte Wolfgang Hecht (CSU) in der Stadtratssitzung am Montagabend auf den Tisch. Beim Punkt "Wünsche und Anregungen" erkundigte er sich nach der aktuellen Situation vor Ort. Bürgermeister Stefan Grillmeier sprach von einem Dauerthema, das "vielen unter den Nägeln brennt". Derzeit stehe er mit einer Mitterteicherin in Kontakt, die Interesse am Bezug eines Hauses mit Praxis habe. "Ich werde alles dafür tun, Ärzte zu halten und anzuwerben", versprach Grillmeier und erinnerte auch an Starthilfen, die der Stadtrat in den vergangenen Jahren bereits gebilligt habe.

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Nach Ansicht Grillmeiers müsse man wohl noch einen Schritt weiter gehen und versuchen, mit Medizinstudenten aus der Region in Kontakt zu treten und ihnen eine Niederlassung schmackhaft zu machen. Man müsse die Vorteile aufzeigen, die mit einer Rückkehr aufs Land verbunden seien, so Grillmeier. Problematisch sei unter anderem der Verwaltungsaufwand, der mit dem Betrieb einer Praxis verbunden sei, wie Grillmeier immer wieder bei Gesprächen erfahren habe. In diesem Zusammenhang würdigte er Dr. Helmut Brandl als "echtes Vorbild". Dieser sei trotz seines Ruhestands immer wieder eingesprungen, wenn es Wechsel in dessen früherer Praxis gegeben habe. Auch in der Hochphase der Corona-Pandemie habe Dr. Brandl Unterstützung angeboten.

Auf Bitte von Stefan Grillmeier nahm auch Allgemein- und Notfallmediziner Dr. Achim Nemsow (CSU) Stellung zu dem Thema. "Die Situation ist bei weitem nicht zufriedenstellend", so Nemsow zur Versorgungslage in Mitterteich. Das Problem bestehe bereits seit 2008, als Dr. Harro Harring seine Tätigkeit beendete. Damals habe man schon begonnen, sich Gedanken über mögliche Lösungen zu machen.

Hoffen auf Landarzt-Quote

Nemsow erinnerte an einen Termin im Bayerischen Gesundheitsministerium, den er vor vielen Jahren auf Vermittlung von MdL Tobias Reiß mit dem früheren Bürgermeister Roland Grillmeier wahrgenommen habe. Dort habe man das Problem geschildert, aber Ministerialbeamte in der Runde hätten im Gegenzug von einer Überversorgung der Region mit Ärzten gesprochen - auf Basis von Zahlen, die Krankenkassen geliefert hätten. "Da kann man sich dann alles weitere sparen", bedauerte Nemsow. Allerdings, so Nemsow, habe man damals schon Schritte angeregt und wohl auch angestoßen, die jetzt aktuell mit der Einführung der sogenannten Landarzt-Quote in Bayern verwirklicht werden. Diese sieht vor, dass junge Leute außerhalb der regulären Studienplatzplanung Medizin studieren können, wenn sie sich vertraglich verpflichten, im Anschluss für bestimmte Zeit landärztlich tätig zu werden. "Ich kann mir vorstellen, dass ein großer Anteil dieser Leute dann auch auf dem Land bleibt." Wegen des sechsjährigen Studiums und der folgenden fünfjährigen Facharztweiterbildung werde aber noch einige Zeit vergehen, bis die Quote Wirkung zeige. "Aber ein Anfang ist gemacht."

Ein großes Problem ist, dass kleine, gute Krankenhäuser offenbar gezielt kaputt gemacht werden.

Dr. Achim Nemsow (CSU) zu den Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Hausärzten

Dr. Achim Nemsow (CSU) zu den Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Hausärzten

Achim Nemsow verwies auch auf Kliniken, die angehenden Ärzten schon während des Studiums Geld bezahlen, um sie für die spätere Facharztausbildung vor Ort zu gewinnen. Auch auf diese Weise würden Hausärzte für eine Region gewonnen. "Ein großes Problem ist aber, dass kleine, gute Krankenhäuser offenbar gezielt kaputt gemacht werden", beklagte Nemsow und bedauerte in diesem Zusammenhang auch die Schließung des Krankenhauses Waldsassen. Und so kämen immer weniger junge Mediziner aufs Land, wo sie mal eine Praxis übernehmen könnten.

Aufgabe der großen Politik

Ein Hauptproblem für Kassenärzte seien laut Achim Nemsow auch die Arbeitsbedingungen nach der erfolgten Niederlassung - die Tätigkeit selbst würde vielen nämlich nach wie vor Spaß machen. Es sei Aufgabe der großen Politik, bekannte Ärgernisse durch geeignete Rahmenbedingungen aus der Welt zu schaffen. Was die Stadt noch tun könne - und das sei in Mitterteich auch bereits geschehen - sei der Einsatz sogenannter "Headhunter", also spezialisierter Personalvermittler. Hier würden bis zu fünfstellige Prämien gezahlt - aber häufig komme es nicht einmal dadurch zum Erfolg. In vielen Fällen gebe es einfach keine Interessenten - als aktuelles Beispiel nannte er die Kinderarztpraxis in Waldsassen.

Jederzeit gesprächsbereit

"Wir werden bei dem Thema nicht müde werden", versprach Bürgermeister Stefan Grillmeier auch weiterhin einen aktiven Einsatz für die Aufrechterhaltung der ärztlichen Versorgung. Er appellierte auch an jeden einzelnen im Stadtrat, Augen und Ohren offen zu halten. Man sei jederzeit bereit, Gespräche mit angehenden Medizinern aufzunehmen. "Wenn Mitterteicher so etwas lernen, werden sie von uns auch unterstützt." Nicht zuletzt wolle Grillmeier die Problematik auch wiederholt bei der höheren Politik vorbringen.

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