Barbara Baumer spricht im ZDF über ihre ermordete Schwester

Muschenried bei Winklarn
10.02.2022 - 15:10 Uhr
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Jahrelang hat der Fall Baumer die Regensburger Kripo beschäftigt, bis im Oktober 2020 der ehemalige Verlobte wegen Mordes verurteilt wurde. Für Barbara Baumer ist das Verbrechen bis heute unfassbar, wie sie bei "Aktenzeichen xy" erzählt.

Unbegreiflich. Moderator Rudi Cerne wiederholt noch einmal das Wort, mit dem Barbara Baumer auf den Mord an ihrer Schwester Maria zurückblickt. Unbegreiflich, dass Christian F. Maria Baumer umgebracht hat, statt mit ihr Schluss zu machen. Unbegreiflich, dass die Aufklärung des Falles tatsächlich acht Jahre dauern sollte. Acht Jahre, in denen der Mord an der Muschenriederin Maria Baumer die ganze Oberpfalz in Atem hielt. Unbegreiflich auch, dass der Täter 2012 in genau jener Fernsehsendung, die nun über den aufgeklärten Mordfall berichtet, den verzweifelten Verlobten gespielt hatte.

In einem halbstündigen Beitrag hat die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY gelöst“ am Mittwochabend an den Fall Maria Baumer erinnert. Zehn Jahre nach dem Mord an der damals 26-Jährigen blicken in dem Beitrag nun Zwillingsschwester Barbara Baumer, Kriminalpolizistin Meike Schröder und Staatsanwalt Thomas Rauscher auf den Fall zurück. Ein besonderer Fokus liegt dabei auch auf dem Auftritt des Täters in der XY-Spezialsendung „Wo ist mein Kind?“: „Unglaublich und für mich bis heute unfassbar: Der Mörder saß vor zehn Jahren, also 2012, hier live bei uns im Studio und hat sehr überzeugend darüber geredet, wie sehr er Maria vermisse“, sagt Moderator Cerne.

Bitterkeit und Schmerz

„Jede Woche die vergeht, wird die Verzweiflung größer“, sagte der Verlobte damals live im Studio. Auch Barbara Baumer erinnert sich an die Zeit, in der die ganze Familie verzweifelt nach ihrer Schwester Maria suchte – und der Täter, stellt sie klar, sei für sie damals ganz klar ein Teil dieser Familie gewesen. „Ich hatte den Eindruck, dass wir in dieser Notlage seelenverwandt sind.“ Besonders erschüttert zeigt sich Barbara Baumer später auch über Christian F.’s Erklärung vor Gericht, er habe seine Verlobte nur vergraben, nicht getötet: „Dieser Versuch, sich rauszureden: Das war für uns sehr schwer anzuschauen. Das erfüllt einen mit sehr viel Bitterkeit.“

Auch der Vergleich des so emotionalen Verlobten in der Fernsehsendung 2012 mit dem Angeklagten vor Gericht 2020, „der so tut, als würde ihn das alles gar nix angehen“ sei schmerzhaft gewesen: „Da wurde uns klar, wie viel damals eigentlich gelogen war.“ Die Kette, die Baumer im XY-Interview trägt, erinnert an die Fahndungsbilder, mit denen vor zehn Jahren nach ihrer Zwillingsschwester gesucht worden war. Eine strahlende Maria Baumer mit einer bunten, langgliedrigen Holzkette. Barbara und Maria waren zweieiige Zwillinge, aber Barbara erzählt, Maria habe sich immer als die „große Schwester“ gefühlt. „Sie hat mir sehr viel bedeutet und sie fehlt mir unglaublich.“

„Für ihn: Die perfekte Lösung“

Ein perfekter Lügner und Schauspieler: Kriminalpsychologin Lydia Benecke analysiert das Verhalten und die Psyche des Täters. Der Mann sei es alltäglich gewohnt gewesen, große Lügenkonstrukte aufrecht zu erhalten, seine Gefühle zu verbergen und Menschen zu manipulieren. „Der Mensch, von dem Maria glaubte, mit ihm zusammen zu sein, existierte in dieser Form also gar nicht.“

Die Kriminalpsychologin beschreibt den Täter als egozentrische, konfliktscheue, narzisstische Persönlichkeit. Für ihn wäre es unmöglich gewesen, ein berufliches Scheitern zuzugeben. Den Mord an Maria Baumer, die sich einen erfolgreichen Partner gewünscht hatte, sah er als konfliktfreien Ausweg – auch, weil er mit dem angeblichen Verschwinden der jungen Frau eine emotionale Belastung für sich selbst erschuf, derentwegen er sein Studium nicht abschließen konnte: „Für ihn war es also die perfekte Lösung.“

Zum Ende des Beitrags resümiert Staatsanwalt Thomas Rauscher: „Ein außergewöhnlicher Fall, der am Ende nur Verlierer kennt.“ Und er meint damit Maria Baumer, die ihr Leben niemals leben durfte. Er meint den Angeklagten, der den Großteil seines Lebens im Gefängnis verbringen wird und er meint die Opfer- und Täter-Familien.

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Regensburg10.02.2022
Fall Maria Baumer – Chronologie:
  • Pfingsten 2012: Maria Baumer aus Muschenried (Kreis Schwandorf) verschwindet
  • 29. Mai 2012: Maria Baumer wird als vermisst gemeldet
  • September 2013: Pilzesucher finden die sterblichen Überreste von Maria Baumer in einem Waldstück bei Bernhardswald (Kreis Regensburg)
  • 12. September 2013: Eine Richterin in Regensburg hat Haftbefehl gegen den Verlobten der toten Maria Baumer erlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen Totschlag vor.
  • November 2013: Der tatverdächtige Verlobte ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ein Gerichtssprecher bestätigte, dass das Landgericht Regensburg der erneuten Haftbeschwerde des Verteidigers Michael Haizmann entsprochen habe. Aufgrund einer Neubewertung der bisherigen Ermittlungsergebnisse sei kein dringender Tatverdacht mehr gegeben.
  • 5. April 2016: Die Staatsanwaltschaft erhebt wegen anderer Straftaten Anklage gegen den Ex-Verlobten von Maria Baumer. Er soll unter anderem zwei Schüler des Domspatzengymnasiums sexuell missbraucht haben. Am 15. Dezember wird er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
  • 31. Januar 2018: Wie die Staatsanwaltschaft Regensburg mitteilte, wurden die Ermittlungen eingestellt. Auch habe sich der Verdacht nicht erhärten lassen, Baumers damaliger Verlobter habe sie getötet. Daher sei das Verfahren gegen den Beschuldigten ebenfalls eingestellt worden
  • Dezember 2019: Die Polizei teilt mit, dass Baumers Verlobter erneut festgenommen wurde.
  • 28. Mai 2020: Acht Jahre nach dem Tod von Maria Baumer muss sich der Ex-Verlobte nun vor dem Landgericht Regensburg verantworten.
  • 23. Juni 2020: Das Landgericht Regensburg veröffentlicht die Anklageschrift. Demnach war der Verlobte Christian F. in eine andere verliebt. Er habe gegenüber einer Patientin, die er 2011 als Pfleger am Bezirksklinikum Regensburg kennengelernt hatte, "romantische Gefühle" entwickelt. Sie erwiderte diese Gefühle nicht. Aber aus seiner Sicht stand einer gemeinsamen Zukunft mit der jungen Frau die geplante Hochzeit mit Maria Baumer im Weg.
  • Oktober 2020: Der Angeklagte ist vor dem Landgericht Regensburg wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
 
 

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