Nabburg
15.09.2024 - 12:53 Uhr

Faszinierende Einblicke in die Welt der Ameisen

Sich um die Existenz einer Spezies zu kümmern, deren Erfahrungsschatz unseren gemeinsamen Lebensraum bewahren könnte, ist ein Ziel der Ameisenschutzwarte. Ihr Jahrestreffen fand nun in Nabburg statt.

Unter führenden Wissenschaftlern, Forschern oder Fachautoren über Studenten bis hin zu den vor-Ort-Praktikern gilt Nabburg mit seinem im Stadtmuseum Zehentstadel integrierten „Bayerischen Infozentrum für Ameisenkunde“ seit Jahrzehnten als „Hotspot“ dieses globalen Insekten-Universums. Erst kürzlich erfuhr die darin aktuell aus über 16000 Schrift-, Bild- oder 3D-Exponaten bestehende Sammlung eine nochmalige Aufwertung als neuer Sitz der „Ameisenschutzwarte Bayern e.V.“ - mit derzeit 1300 Mitgliedern.

Für sie und ihre bundesweite Dachorganisation also Grund genug, Vertreter aus ganz Deutschland und sogar grenzüberschreitend zur diesjährigen Jahreshauptversammlung, kombiniert mit einer Ausbildertagung, für das vergangene Wochenende in die Oberpfalz einzuladen. Dem Treffen vorgeschaltet war die Eröffnung einer Ausstellung, die bereits bei ihrer Erst-Präsentation vor fünf Jahren, damals auf Initiative von Hubert Fleischmann als Vorstand des Ameisenschutzvereines und zugleich Archivleiter konzipiert, überörtlich großes und nachhaltiges Aufsehen erregt hatte.

Vortrag von Pulitzer-Preisträger

Sie vermittelt kompendiumartig in übersichtlicher, optisch opulenter Gestaltung alle Basisinformationen mit zentralem Schwerpunkt auf der Würdigung großer Pioniere der Ameisenforschung und deren bahnbrechender Leistungen. Zu diesen Koryphäen zählt unbestritten Bert Hölldobler, dessen öffentlicher Vortrag am Samstag mit Spannung erwartet wurde.

Der Pulitzer-Preisträger des Jahres 1991 pflegt ein weltweites Expertennetzwerk, unterstützt das Archiv permanent mit Material und bereichert die Fachwelt durch seine Erkenntnisse intensiver Forschungs- und Lehrtätigkeit, darunter langjährig in Arizona/USA, in Form von umfangreichen Publikationen.

Aus seinem neu erschienenen Werk generierte er als Programmpunkt für die Zuhörer in der Marienkirche einen Extrakt unter dem Titel „Die Gäste der Ameisen“. Die Grundlage dieses spannenden Segments der Ameisenkunde lieferte vor über 100 Jahren der Jesuit und zugleich Entomologe Erich Wasmann, der als Erster die später nach ihm benannte „Mimikry“ von Spinnen und Käfern unter die Lupe nahm.

Dabei imitieren einige Insekten das Aussehen verschiedener Ameisengattungen, mit dem Ziel, sich als Suborganismen an günstiger Stelle in deren Bau einzunisten, dort „pflegen“ und füttern zu lassen. Erstaunlicherweise wird oft sogar deren „artfremder“ Nachwuchs „adoptiert“ und die Larven fürsorglich mit der eigenen Ameisenbrut aufgezogen.

Ungebetene Gäste

Als Mittel zum Zweck bedienen sich die „ungebetenen Gäste“ dafür situationsabhängig entweder Abwehr- oder Besänftigungssekrete aus entsprechenden Drüsen, um so die Kommunikation ihrer Wirte irreführend zu überlisten. Ausgehend vom Kernbereich mit beispielsweise nutznießenden Pilzkolonien über die Randzonen hinaus bis hin zu „Wegelagerern“ an den Versorgungsstraßen lassen sich solche „Schmarotzer“ fast überall lokalisieren.

Die Ameisenkörper umklammernde Moskitoarten sind ebenso dokumentiert wie Milben, die sich an den Köpfen „festbeißen“, um aus ihrer Position ungeniert an der Futterweitergabe zu partizipieren. „Bis ins letzte Detail haben wir trotz immer modernerer Technik und verfeinerter Methoden auf diesem Gebiet noch nicht alle offenen Fragen dieser parasitären Evolutionsform entschlüsseln und beweiskräftig belegen können, sind aber in der Forschung hier schon wertvolle Schritte weitergekommen. Aber die Wissenschaft, insbesondere der Ameisenkunde, lehrt uns immer wieder neues dazuzulernen!“, resümiert der Professor zum Vortragsende. Es bleibt also spannend!

Hintergrund:

Ausstellung Ameisen -Faszinierende Insekten

  • Das Bayerische Infozentrum für Ameisenkunde zeigt im 1. Stock des Stadtmuseums Zehentstadel (Naturkundeabteilung) ganzjährig interessante Exponate, darunter einen Schnitt durch ein komplettes Ameisennest.
  • Die Sonderausstellung mit seltenen Bildern und Exponaten aus der Sammlung ist noch bis 27. Oktober zu sehen.
  • Öffnungszeiten: Donnerstag, Samstag, Sonntag jeweils von 14 bis 17 Uhr oder für Gruppen nach telefonischer Vereinbarung mit Hubert Fleischmann. Kontakt über das Museum, Telefon 09433/204639
 
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