Nichts geht mehr: Mit dieser Situation muss sich Landwirt Mathias Hösl heuer bei den Kartoffeln abfinden. Denn das Bewässern aus der Naab ist aufgrund der Trockenheit tabu. Nicht mehr viel geht in Sachen Wasserkraft: In Nabburg stehen drei von vier Turbinen mangels Wasser still. Und wer jetzt im Kajak oder Kanu eine Bootswanderung plant, muss mit problematischen Stellen rechnen. Der Wasserstand ist extrem niedrig.
Für Mathias Hösl aus Perschen ist es bereits das zweite Jahr in Folge ohne Wasser aus der Naab. 20 Jahre lang hat er mit Genehmigung des Landratsamt seine Kartoffelfelder mit einer Pumpe aus dem Fluss beregnet. Im vergangenen Jahr war damit Schluss, weil im Wasser ein Bakterium entdeckt wurde, das bei Kartoffeln und Tomaten Ringfäule verursacht. Heuer ist es die Trockenheit, die ihm einen Strich durch die Rechnung macht. "Das trifft mich hart", erklärt er gegenüber Oberpfalz-Medien, "so kann man Kartoffeln nicht zu Höchsterträgen bringen".
Hösl, der selbst als Direktvermarkter "Konsum-Kartoffeln" anbietet und dabei noch auf verständnisvolle Kunden trifft, orientiert sich bei seiner Einschätzung der Rendite an den Preisen der großer Abnehmer wie einer Chips-Fabrik. "Normalerweise kann man mit einem Hektar 300 Doppelzentner produzieren, heuer sind es 150 bis 180", verdeutlich Hösl die Dimensionen. "Da hat man nicht einmal das Geld herinnen, das man eingesetzt hat." In dieser Situation auf das Wasser aus der Naab zu verzichten, sei nicht einfach. "Ich wohne gerade mal vier Meter vom Fluss entfernt, bin hier aufgewachsen, war da immer schwimmen, und jetzt das", klagt der Landwirt.
Ohnehin ist das Bewässern nur mit einer wasserrechtlichen Erlaubnis möglich. Eine "Nebenbestimmung" darin untersagt den Landwirten allerdings automatisch die Entnahme, wenn der Wasserstand unter einen bestimmten Punkt sinkt, informiert Manuel Lischka, stellvertretender Pressesprecher am Landratsamt: "Für direkte Anlieger am Fluss gibt es in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt eine Einzelfall-Entscheidung, aber auch die haben es schwer." Wer jetzt einen Neuantrag stelle, habe generell schlechte Papiere, und das gelte auch fürs Bewässern mit Grundwasser.
Nicht nur die Landwirte, auch die Kraftwerksbetreiber an der Staustufe in Nabburg bekommen die Wasserknappheit schmerzhaft zu spüren. Vier Turbinen gibt dort. Alle brauchen eine gewisse Wassermenge, damit es zur Stromerzeugung reicht, sagt Helmut Kummert von der Ledermühle. Doch weil seit Wochen zu wenig von dem kostbaren Nass am Wehr ankommt, haben sich die Kraftwerksbesitzer darauf geeinigt, dass jeweils nur einer die verbliebene Menge nutzen soll. "Sonst reicht es bei keinem von uns zur Stromerzeugung", berichtet Kummert. Der Wechsel erfolgt wochenweise, der produzierte Strom werde dann "aufnotiert wie in einer Genossenschaft".
Öfter und länger Extreme
Kummert, der mit dem Strom aus Wasserkraft seine Mühle betreibt, legt nun energieintensive Vorgänge möglichst auf die Woche, in der er das Vorrecht hat. "Ansonsten muss ich teuren Strom zukaufen." Ganz neu ist diese Wasserknappheit nicht für ihn. "Aber die Abstände werden kürzer", so der Mühlenbesitzer. "In den letzten neun Jahren hatten wir hier kein Hochwasser mehr", stellt er fest, "als ich ein Kind war gab's das nicht nur ein- sondern oft zweimal im Jahr. Inzwischen sei der Boden ausgetrocknet, in zwei Meter Tiefe kein Grundwasser zu finden.
Ähnlich gravierend beurteilt auch Thorwald Poschenrieder die Lage an der Naab: Aus kurzfristigen Extremzuständen sei ein Dauerzustand geworden."2018 war auch ein sehr trockenes Jahr, aber damals hatten wir noch Reserven an Grundwasser", gibt der Kraftwerksbetreiber zu bedenken. Die seien nun aufgezehrt. Und vielleicht sei es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Nabburg Blaualgen zu vermelden sind, befürchtet sein Kollege am anderen Naabufer. In der Schwarzach und in der Naab bei Burglengenfeld gibt es die giftigen Algen bereits.
Paddeln mit Hindernissen
An der Anlegestelle des Nabburger Paddelclubs ist das Wasser noch klar. Am Mittwoch ist dort ein Ehepaar aus Göttingen eingetroffen, flussabwärts unterwegs auf der Naab mit Start in Oberwildenau und Ziel Regensburg, eine mehrtägige Tour ist geplant. Was als "Fahrt" geplant war, hat den beiden viel Fußweg beschert. "Mit Gepäck wär's nicht gegangen", berichtet der Kajakfahrer. "Aber dafür ist hier überall tolle Natur", schwärmt seine Frau. Nur eben wenig Wasser. "Aus den kleinen Zuflüssen kommt nichts, aus der Pfreimd nur wenig", sind sich die Gäste mit dem Vorsitzenden des Paddelclubs, Tobias Hartinger, einig. "Unter der Naabbrücke in Nabburg wird es schon sehr seicht, Sie sollten morgen lieber weiter unten einsetzen", rät Hartinger. Viele Kilometer sind so nicht zu schaffen, weiß der Club-Vorsitzende und rät zum , "Genusspaddeln" .
Abgesehen davon sei das Wetter fantastisch für Kanu und Kajak - falls sich das Gewicht in Grenzen hält. "Mit zehn Zentimeter Tiefgang im Einer-Kajak klappt es aktuell noch gut", kalkuliert Hartinger, "aber bei einem Kanadier mit vier Leuten müssen zwei aussteigen." Was die Stand-up-Paddleboards betrifft, sei jetzt ein Brett mit drei Finnen zu empfehlen. "Da kann man die längste dann abmontieren", so der Tipp vom Club-Vorsitzenden, dem dieser Trend 40 neue Mitglieder beschert hat. Dass die Naab überhaupt noch passierbar sei, verdanke sie den Wehren, die das Wasser zurückstauen. "Sonst würde es schneller abfließen und wir hätten auf der ganzen Strecke nur ein Rinnsal".
Ein paar kurze Regenschauer - für die meisten ist das nur der "Tropfen auf dem heißen Stein". Für Kraftwerksbetreiber Kummert müsste es schon mehr sein. "20 oder 30 Liter, das saugt der Boden sofort auf", meint er und ist überzeugt: "Wir haben noch eine lange Durststrecke vor uns."
Naab mit minimaler Fracht unterwegs
- Der Fluss: linker Nebenfluss der Donau, entsteht aus dem Zusammenfluss der aus Nordwesten kommenden Haidenaab und der aus Norden heranfließenden Waldnaab; inklusive Quellfluss 197 Kilometer lang mit einem über 5000 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet
- Die Wassermenge: 1,9 Kubikmeter Wasser pro Sekunde (Stand 18.8.2022), davon 0,7 Kubikmeter, also fast die Hälfte, über die Fischtreppe. Fürs Flusshauptbett bleibt somit nicht viel mehr: 1,2 Kubikmeter. Normalerweise führt die Naab der Donau über 50 Kubikmeter Wasser pro Sekunde zu.
- Die Staustufe: reguläre Höhe in Nabburg 1,9 Meter, Stauwurzel (Reichweite flussaufwärts; zwischen Perschen und dem Pfreimder Ortsteil Untersteinbach) circa zwei Kilometer
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