Premiere für Andreas Schillinger: Erstmals erzählte der Kümmersbrucker aus seinem Leben als Radsportprofi vor Publikum. Rund 70 sportbegeisterte Zuhörer im proppenvollen Neukirchener Sportheim verfolgten seinen Auftritt beim örtlichen Radsportclub.
Die längste Zeit seiner Karriere stand Schillinger beim größten deutschen Radteam Bora-Hansgrohe unter Vertrag. "700.000 Kilometer habe ich in etwa auf dem Rad gesessen", bilanzierte er seine Profi-Jahre. Bis zu 36.000 Kilometer spulte er dabei in einem einzigen Jahr an rund 80 Renntagen und in unzähligen Trainingseinheiten ab.
Für den Sprinter im Einsatz
Um solche Umfänge zu meistern, muss das Umfeld stimmen: Andreas Schillinger erklärt fesselnd, wie akribisch alles auf den Radsport in seinem Leben ausgerichtet war. Optimale Ernährung, medizinische Betreuung, Trainingsplanung. "Möglichst frisch und erholt vorm Wettkampf zu sein war das Ziel", erklärt Schillinger, dessen Aufgabe im Team klar umrissen war: "Das Leadout für den Sprinter fahren." Bei einer Sprintankunft musste er seinen Kapitän so lange unterstützen, bis der kurz vor der Ziellinie aus dem Windschatten ausscherte und zum Endspurt ansetzte.
Sehr gerne erinnert sich Schillinger an seinen Lieblings-Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix. "Beim legendären Kopfsteinpflasterrennen über 260 Kilometer in Nordfrankreich war ich von 2011 bis 2019 dabei. Unvergessen bleibt mir die Ausgabe von 2018, wo ich am Sieg unseres Teamkapitäns Peter Sagan beteiligt war", erläuterte der 40-Jährige und machte deutlich, wie sehr der Radsport ein Mannschaftssport ist. "Als Weltmeister Peter Sagan zu uns ins Team kam, war das eine enorme Bereicherung. Mit ihm machte das gesamte Team einen großen Leistungssprung, nicht zuletzt auch wegen seiner lockeren, coolen Herangehensweise."
Sieben Mal ging Andreas Schillinger bei mehrwöchigen Landesrundfahrten an den Start, darunter drei Mal bei der Tour de France. "Die Tour steht über allem. Das Rennen wird noch härter als andere gefahren, der Medienrummel ist enorm!"
Der Erste im Kitchen-Truck
Schillinger erläuterte auch den logistischen Aufwand: Rund 180 Tage im Jahr im Hotel zu übernachten und an 120 Tagen im Flieger zu sitzen, ist für einen Radprofi üblich. "Im teameigenen Kitchen-Truck war ich immer der erste am Morgen, um noch etwas Ruhe vor dem täglichen Rummel zu haben. Unsere Köche bereiteten immer die leckersten Mahlzeiten für uns zu."
Schillinger erklärte das engmaschige Anti-Doping-Programm, bei dem er praktisch täglich mit Kontrollen rechnen musste. Ein schwerer, unverschuldeter Sturz im Trainingslager am Gardasee vor drei Jahren brachte schließlich das Karriereende. Trotzdem bringt Schillinger es auch heute noch auf 10.000 Jahreskilometer: "Ich fahre Rad, weil es mir wirklich noch immer viel Spaß macht!"
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