Luftsprünge mit dem Fahrrad

Neunburg vorm Wald
26.07.2019 - 11:52 Uhr

Eine Rampe sorgt für Schwung. Das Fahrrad hebt ab und gestattet eine winzige Zeitspanne für Akrobatik. Die Dirt-Biker wissen das zu nutzen – und die Stadt Neunburg sorgt jetzt für das weit und breit beste Trainingsgelände.

Nichts für Anfänger: Dirt-Bike-Fahrer oder "Rider" wie Marco Vetter (Bild) steuern auf spektakuläre Saltos hin und brauchen dafür ein entsprechendes Gelände. Für den in Neunburg geplanten Dirt-Bike-Park wollen sie auch selbst mit anpacken.

"Das dürfte die größte Anlage dieser Art in der Oberpfalz werden", sagt Bürgermeister Martin Birner und lässt beim Pressetermin mit Oberpfalz-Medien seinen Blick über die Erdmassen schweifen, die zwischen Rötzerbach und Schwarzach lagern. Auf einer Fläche von rund 7000 Quadratmetern soll hier ein Gelände geschaffen werden, das mehr als nur eine anspruchsvolle Abfahrt mit dem Mountainbike ermöglicht. Denn mit speziellen Rädern, sogenannten Dirt Bikes, eröffnen sich neue Möglichkeiten, die über bremsen, lenken und in die Pedale treten hinaus gehen. Luftsprünge sind angesagt, Kunststücke und Tricks bis hin zu Akrobatik.

Sogar freihändig

Marco Vetter und die Brüder Simon und Markus Gerhard haben so ein Rad mitgebracht, auch wenn das Übungsgelände dafür erst noch im Entstehen ist. "Das Rad hat eine etwas andere Geometrie und ist aufs Nötigste reduziert, dafür kann sich auch der Lenker um 360 Grad drehen, für Kabel ist da kein Platz", berichten die drei Dirt-Biker, die sich ihre Tricks größtenteils in Eigenregie beigebracht haben. Wenn es um die spektakulären Sprünge geht, wird in englischer Sprache kommuniziert: Backflip (Rückwärts-Salto), Whip (Peitsche) oder Tabletop (Tischfläche) heißen die Formationen. Bei letzterer kommt der Name daher, weil das Rad in der Luft in eine Position wie ein Tisch gebracht wird. Marco Vetters Passion gehört allerdings dem "Suicide No Hander", bei dem das Lenkrad in der Luft losgelassen wird und nur die Knie den Sattel festhalten.

Doch in den nächsten Monaten wird für solche Kunststücke nicht allzu viel Zeit bleiben, die Rad-Akrobaten sind dann nämlich auf der Baustelle für den Dirt-Bike-Park, für den man in Kürze mit der Baugenehmigung rechnet. "Es war gar nicht so einfach, eine stadtnahe Fläche mit Aufenthaltsqualität zu finden", berichtet Bürgermeister Birner. Ursprünglich hatte man eine Fläche hinter dem Tennisheim im Visier, erst dann rückte das Gelände neben dem Stadtpark ins Blickfeld. Allerdings musste hier das Wasserwirtschaftsamt erst noch grünes Licht geben in Sachen Hochwasserschutz. "Dadurch haben wir ein ganzes Jahr verloren, aber jetzt ist alles sauber abgearbeitet", meint der Bürgermeister und erinnert an die Ausgangslage 2016, als Jugendliche mit dem Anliegen auf die Stadt zukamen. Jetzt sind sie in der Pflicht, wenn es ums Modellieren des Areals geht, den Auftrag dazu bekommt die Firma Lober. Auf dem Papier hat die Gestaltung des Parks mit Hilfe von Architekt Michael Steidl bereits Formen angenommen. Vom Kleinkind mit Laufrad bis zum Profi mit jahrelanger Erfahrung werden alle Altersgruppen und Erfahrungsstufen angesprochen. So geht es beispielsweise im Kinder-Pump-Track darum, ohne zu treten mit dem Rad Geschwindigkeit aufzubauen, und zwar durch ein Hochdrücken des Körpers.

Kalkulierbares Risiko

Über 100 000 Euro sind für den Pfad mit seinen diversen Herausforderungen eingeplant, 27 000 Euro gibt es über Leader-Mittel an Förderung. Auch ein nicht geringer Anteil an Eigenleistung ist eingeplant. "Da werden schon ein paar Tausend Stunden zusammenkommen", kalkuliert Steidl. Der Neunburger Verwaltungsleiter Georg Keil rechnet mit mindestens vier Monaten Bauzeit. Weil ein Park dieser Dimension auch im Großraum München kaum zu finden ist, hofft man in Neunburg für die Zeit nach der Fertigstellung auf viele Dirt-Biker von auswärts, ja sogar internationale Gäste. Gibt es dann auch einen Kurs zum Erlernen der Kunststücke? "Das funktioniert eher über learning by doing", meint Marco Vetter, "man rutscht dann so rein in die Szene". Was den 28-Jährigen reizt ist der Moment, wenn man quasi in der Luft steht. Er sieht Dirt Bike nicht als Extremsport und setzt auf ein kalkulierbares Risiko. "Ob sich dabei jemand verletzt, hängt vom Ehrgeiz ab", so seine Erfahrung. Und natürlich auch von den Trainingsschritten. "Einfach mal schauen was passiert, das ist nicht so gut", weiß Markus Gerhard, "Man sollte zuerst ein Gefühl fürs Rad bekommen." Speziell der Pumptrack sei durchaus auch noch was für rüstige Senioren.

Damit die gezielte Landung nach den Luftsprüngen mit dem Rad nicht zu hart ausfällt, wird jetzt das Gelände entsprechend modelliert. Bei den drei Vorreitern der Trendsportart, die inzwischen 24 bis 28 Jahre alt sind, halten sich die Verletzungen in Grenzen: ein ausgekugelter Arm oder Zeh und einen Knochenbruch haben sie aber nach Übungen auf einem privaten Gelände mit viel Sand schon hinter sich. Im neuen Dirt-Bike-Park soll der Landehügel mit feinen Hackschnitzeln so manchen Aufprall dämpfen.

Info:

Dirt-Bike-Park Neunburg

Rund 2000 Kubikmeter Erde müssen bewegt werden, um den Dirt-Bike-Park in Neunburg zu modellieren. Die Arbeiten für die vier Teilbereiche, die miteinander verbunden sind, beginnen in den nächsten Wochen. Die Farben Blau (einfach), Rot (Mittel) und Schwarz (schwer) stehen für die einzelnen Schwierigkeitsgrade. Der einfache Pumptrack enthält Hügel und Wellen und ist auch von Anfängern zu meistern. Für den Dirt Jump mit Starthügel sollte man schon etwas Erfahrung mitbringen. Eine längere Flugzeit bietet der dritte Abschnitt, der damit auch mehr Spielraum für Tricks lässt. Als Trainingsarea kann ein vierter Bereich genutzt werden, der zwei unterschiedlich steile Rampen aufweisen soll - inklusive feine Hackschnitzel und Rindenmulch für eine möglichst weiche Landung. Für Kinder gibt es außerdem einen eigenen, angegliederten Pumptrack.

Architekt Michael Steidl, Bürgermeister Martin Birner und Verwaltungsleiter Georg Keil (von links) erörtern die Stationen des künftigen Dirt-Bike-Parks an der Schwarzach.
Etwas kleiner als ein Mountainbike, aber extrem wenig: So sehen die Sportgeräte der Dirt-Biker aus, für die Marco Vetter (links) und die Brüder Simon und Markus Gebhard ein Faible haben.
Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.