Neunburg vorm Wald
16.07.2024 - 11:23 Uhr

Neunburger Burgfestspiele ein Plädoyer gegen Krieg und Vorurteile

Ausgewogenheit in religiösen und politischen Fragen ist die Richtschnur der Inszenierung von Karin Michl beim Festspiel "Vom Hussenkrieg" im Burghof. Dennoch legt die Regisseurin aber auch Wert auf Action, Spannung und Emotionen.

Das Festspiel "Vom Hussenkrieg" beginnt mit einer im Jahr 1456 angesiedelten Marktszene in Neunburg, als die Liebesbande von Milo Zenger (Bruno Covarrubias-Valades) zu einer Bürgerstochter von deren Vater rigoros unterbunden werden. Dann nimmt das Geschehen seinen Lauf.

Die Enttäuschung des jungen Mannes entlädt sich spontan unter anderem am Apfelkorb einer Händlerin und bei einer Puppenspielerin (Christiane Joiko) mit einer mystischen Drachengeschichte, die abrupt beendet wird. Das Spielgeschehen geht schließlich in eine neue Einheit über, in der rückblickend die Hussitenkriege mit dem Höhepunkt der Schlacht von Hiltersried im Jahr 1433 ins Visier genommen werden.

Im Krieg gibt es nur Verlierer

„Ihr junge Leit habts koa Ahnung, was Krieg bedeutet. Er bringt Leid und am Schluss gibt’s nur Verlierer“, sagt Tristram Zenger (Bruno Spitzhirn) zu seinem Sohn Milo, der auf diese Zeit zurückblickt und von seinem Vater Auskunft über seine eigene Herkunft fordert. Auffallend ist die besondere Betonung des Dialektsprechens. Regisseurin Karin Michl lässt in der neuen Inszenierung dem jungen Zenger Milo jene Fragen stellen, die sich auch für das Publikum ergeben, vor dem die Hussitenkämpfe mit ihrer Vorgeschichte in einer spannungsgeladenen Dramaturgie aufgerollt werden. Viele Aktionen kommen bei dieser Zeitreise ausdrucksstark und emotionsbetont rüber. Dies gilt auch für die authentischen Kampf- und Kriegsszenen, die von der Regisseurin ausgebaut wurden. Die Botschaft ist aber immer klar: „Krieg macht die Leute kaputt“, sagt Tristram Zenger, der die religiösen Ansichten der Hussiten gelten lässt und vor „Schwarz-Weiß-Malerei“ warnt.

„Die Hussiten waren Menschen wie du und ich“, gibt der Zenger seinem Sohn zu bedenken und verweist darauf, dass auch bei ihnen Eltern ihre Söhne verloren haben. Die tschechisch gesprochene Klageszene eines hussitischen Elternpaars (Tibor und Karin Alesik) geht zu Herzen. Pfalzgraf Johann (Michael Hellmuth), der auf den Rat der Ritter und Bürger hin die Führung der Schlacht von Hiltersried dem Ritter Hindschi Pflug (Oliver Cieslik) überlassen hat, reflektiert während des Kampfgeschehens betend in seiner Residenz in Neunburg: „Vielleicht hätte es auch einen anderen Weg gegeben.“

Beeindruckende Effekte

Als das Schlachtengetöse mit beeindruckender Pyrotechnik vorüber ist, offenbart sich zum Ende der Kämpfe die Familiengeschichte der Zenger. Der alte Zenger (Franz Binder) kann nicht glauben, dass sich sein Sohn Tristram einst mit der Lehre der Hussiten angefreundet hat und elf Jahre bei ihnen gelebt hat. Es kommt zum Zweikampf von Vater und Sohn, bei dem Tristram schwer verwundet wird, in der Folgezeit aber von einer Nonne gesundgepflegt wird, die schließlich seine Frau und die Mutter von Milo wird. Im Schlussbild befindet sich Tristram von zwei Spielern verkörpert (Christian Voith und Bruno Spitzhirn) auf der Bühne.

Sowohl die Premiere als auch die zweite Vorstellung gingen nicht ohne Regen über die Bühne. Das 140-köpfige Ensemble ließ sich davon aber in seinem professionellen Spiel nicht beirren. Die Zuschauer, die auf der vollbesetzten überdachten Tribüne im Trockenen saßen, quittierten die emotionsgeladenen Darbietungen mit ihren tiefgreifenden menschlichen Schicksalen immer wieder mit Szenenapplaus. Bei der Wirkung des authentischen Spiels auf das Publikum dürfen die Leistungen von Maske, Kostüm, Requisite, Bühnenbau und Technik nicht vergessen werden.

Hintergrund:

Burgfestspiele

 
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