Drei Böllerschüsse durchdrangen am Karsamstag um 8.55 Uhr die Stille des Marktplatzes in Neustadt am Kulm. Sie erinnerten an die gleiche Zeit vor 80 Jahren, als sich acht amerikanische Jagdflugzeuge vom Typ P-47 Thunderbolt auf die Stadt gestürzt und sie in etwa einer Stunde in Schutt und Asche gelegt hatten.
Im Beisein zahlreicher Bürger stellte Bürgermeister Wolfgang Haberberger zur Erinnerung an diese Bombardierung am Kriegerdenkmal eine Blumenschale ab und rief zu einem Nachdenken darüber auf, „welche Bedeutung der Frieden in der Welt noch hat“. Er zeigte sich überzeugt, dass die seither lange Friedenszeit einem geeinten Europa zu verdanken sei und bedauerte, dass die wichtigste Funktion Europas, die Bewahrung des Friedens, „schon längst nicht mehr in unserem Bewusstsein vorhanden ist“.
Seine weiteren Worte gerieten zu einem Plädoyer für Europa, verbunden mit Gedanken zur Europahymne „Ode an die Freude“, die 1985 zur offiziellen Hymne Europas wurde. Anklagend wandte er sich gegen Nationalismus und Machtgier des 20. Jahrhunderts, durch die nahezu 100 Millionen Menschen ihr Leben verloren. Und doch: „Die Idee eines vereinten, friedlichen Europas stirbt nicht.“
Den neuen Visionen mutiger Nachkriegspolitiker – Grenzen überwinden und gemeinsam für den Frieden einstehen - schrieb es Haberberger zu, dass der Europarat gegründet wurde und Beethovens Musik eine neue Rolle bekam. „Doch nun stehen wir wieder an der Schwelle, dass Nationalstolz und Autokratie nicht nur den Frieden in Europa, sondern sogar Europa selbst gefährden.“ Nur ein geeintes Europa könne genügend Stärke gegenüber Autokraten wie Donald Trump und Wladimir Putin aufbringen. Es wundere also nicht, „dass genau diese beiden Personen versuchen, Europa zu schwächen, wo möglich“. Gedenken wie heute sollten deshalb nicht nur die Friedenserhaltung zum Ziel haben. Man sollte diese wenigen Minuten nutzen, um das Bewusstsein für die Bedeutung Europas zu schärfen.
Eine biblische Lesung trug Katharina Burucker vor. Nach einem gemeinsamen Vaterunser erfüllte Beethovens „Ode an die Freude“ mit dem Appell „Alle Menschen werden Brüder“ den Marktplatz.
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