Neustadt am Kulm
25.08.2022 - 15:19 Uhr

Zeitdokument Rauher Kulm: Ausgrabungen spannend erzählt

Ein Wanderung am Rauhen Kulm ist immer wieder eine spannende Zeitreise zurück in die Geschichte. So wird die sach- und geschichtskundige Führung mit Dr. Hans Losert von der Universität Bamberg für die Teilnehmer ein Erlebnis.

Dr. Hans Losert leitet seit fast 20 Jahren die alljährliche Grabungskampagne und konnte dabei schon viele wichtige und einmalige Belege für die Geschichte am und um den Rauhen Kulm zu Tage bringen.

Trotz unsicherer Wetterverhältnisse machte sich eine kleine Gruppe Interessierter mit ihm auf eine Geschichtsreise um den Rauhen Kulm. Erstmals wählte Losert für diese Führung die Umrundung des gesamten Ringwalls am Fuße der Blockhalde. Ein guter Plan aus dem Jahre 1792 dokumentiert den zu dieser Zeit noch vollständig erhaltenen Wall mit drei Toren.

Außerdem ist der heutige Hauptweg zum Aussichtsturm als Weg nach Neustadt eingetragen. Dieser Weg wurde im Zuge der Stadtgründung 1370 angelegt, um eine kurze Verbindung von der Burg auf dem Rauhen Kulm in die Stadt und zur Burg auf dem kleinen Kulm zu haben.

Schützender Wall

Heute ist die ehemalige Wallanlage nur noch teilweise erhalten. Diese ehemalige Umwehrung ist Zeugnis der Geschichte über mehrere Jahrtausende, so Losert. Die heute noch gut erkennbaren Teile haben ihre Entstehungszeit im 9. Und 10. Jahrhundert. Der Wall wurde zu dieser Zeit vor allem wegen der immer wieder stattfindenden Ungarneinfälle entsprechend aus- und aufgebaut. Auftraggeber für diese Befestigungsanlagen waren hier in Nordbayern die Schweinfurter beziehungsweise Sulzbacher Markgrafen, erzählt Losert. Sie waren die Burgenbauer der damaligen Zeit in dieser Region. Allerdings hatte die Wehranlage schon einen Vorgänger aus der Zeit der Karolinger aus dem 8. Jahrhundert.

Besonders an der Südseite ist der Wall in seiner ursprünglichen Anlage noch gut erkennbar. Hinter der offensichtlichen Wallaufschüttung ist heute noch der Laufgang zu sehen. Dahinter, direkt an die Blockhalde angefügt, befinden sich zahlreiche Podeste, auf denen einfache Holzhütten für die Beobachtungsposten standen. In diesem Bereich dehnt sich nach Süden hin auch die größte ebene Fläche direkt unterhalb des Kulms aus. Da es damals in diesem Bereich keine Bewaldung gab, diente dieses Areal als Weide für die Nutztiere, vor allem Schafe und Ziegen.

Das Haupttor lag im Osten und im gleichen Abstand nach Süden und nach Norden gab es je ein weiteres Tor. Süd- und Osttor sind heute noch gut erhalten. Das Nordtor wurde vor gut einhundert Jahren durch den Betrieb eines Steinbruchs zerstört. Ebenso ein großer Teil der Wallanlage. Erst die Grabungen der vergangenen Jahre brachten Reste dieser Toranlage zum Vorschein.

Auffallend ist, dass es im Abschnitt zwischen dem Süd- und dem Nordtor einen zweiten inneren Wall gab, der zwischen dem Süd- und dem Haupttor heute noch erkennbar ist. Dazwischen waren Laufgänge. Für die schnelle Fortbewegung in diesen Gängen war es aber erforderlich, dass diese mit Sand/Erde aufgefüllt und/oder mit Holz ausgelegt waren.

Neue Erkenntnisse über Strukturen

Noch weiter zurück in der Geschichte gehen die neuesten Erkenntnisse der Grabung in diesem Jahr. Dabei geht es weniger um konkrete Fundstücke, sondern vielmehr um einen Befund. Das heißt beim Abtragen der Erdschichten durch die Archäologen kommen Strukturen zu Tage, die im Boden durch Menschen früherer Zeiten veranlasste bauliche Veränderungen erkennen lassen. Zusammen mit möglichen Fundstücken geben sie wertvollen Aufschluss und liefern sichere Erkenntnisse etwa über eine bestimmte Zeit.

Konkret ist man jetzt auf einen in die Schlotbrekzie (vulkanisches Gestein) eingearbeiteten schmalen Graben gestoßen, der für die Rückwand einer zweifrontigen Palisadenwand verwendet wurde. Es handelt sich dabei um Teile einer vorgeschichtlichen Befestigungsanlage, die sich in das 5. Jahrhundert vor Christus datieren lässt. Besonders im Bereich dieser jetzt gefundenen Bearbeitung des Bodenmaterials wurden bei den letzten Grabungsaktionen bereits hochwertige Keramikteile aus dieser Zeit gefunden. Nun wurde die Vermutung bestätigt. Gleichzeitig macht man sich jetzt auf die Suche nach der Vorderfront der Mauer. Es bleibt also spannend, was die nächsten Grabungsaktionen hier noch zu Tage bringen.

Neugierig zeigten sich die Teilnehmer auch für die sonstigen Grabungsfunde. Das Besondere für die Archäologen bei den Grabungen am Rauhen Kulm ist, dass es im oberen Bereich auf rund 50 bis 70 Zentimeter keine eindeutigen Zuordnungen Zeitabschnitten gibt, erzählt Losert. Vielmehr ist es so, dass sich in dieser Schicht alles findet von der steinzeitlichen Pfeilspitze bis zum mittelalterlichen Keramikteil. Als Ursache dafür sieht er die Bodenbewegungen, die durch den Bewuchs in den letzten Jahrhunderten alles durcheinander geschoben haben. Auffallend ist auch, dass die meisten Fundstücke innerhalb beziehungsweise oberhalb des Ringwalls gefunden werden. Unterhalb gibt es so gut wie gar nichts. Das zeigt, dass der Wall wie eine Mauer gewirkt hat und den Bodenabtrag nach weiter unten verhindert hat.

Nach gut zwei Stunden endete der Rundgang an der Kulmterrasse mit einem Blick auf die besonderen Fundstücke, die in der dort untergebrachten archäologischen Ausstellung zu sehen sind.

 
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