Geboren in Suffolk, einer Grafschaft nördlich von London, zum Studium ins schottische Edinburgh und nun für einen längeren Aufenthalt nach Neustadt in in Oberpfalz – so sieht die Reise einer jungen Britin aus. Die Rede ist von Francesca Auchterlonie, einer Fremdsprachenassistentin, die seit Oktober 2020 als Unterstützung im Englischunterricht am Gymnasium und der Grundschule mitwirkt.
Doch wie ist es dazu gekommen? "Seit vier Jahren schon bewerbe ich mich beim Pädagogischen Austauschdienst (PAD) im Namen unserer Schule um einen englischsprachigen Fremdsprachenassistenten", berichtet Lucia Schneider, Fremdsprachenlehrerin am Gymnasium und Fachbetreuerin für das Fach Englisch. Fremdsprachenassistenten sind zwar am Neustädter Gymnasium keine Seltenheit, aber sie kamen bisher meist aus einem anderssprachigen Land. Um die Chancen zu erhöhen, hatte sich die Bildungsstätte 2020 zusammen mit der Grundschule beworben und tatsächlich eine Zusage bekommen.
Anfang Oktober wurde Francesca in die Schulfamilie aufgenommen. "Schon vom ersten Tag an habe ich mich wie ein Teil der Fachschaft gefühlt", schwärmt die Engländerin von einem herzlichen Empfang. Gymnasiums-Chef Dr. Anton Hochberger habe ihr sogar einen eigenen Teebecher geschenkt.
Mitten im Neustädter Schulalltag
Nach einer Woche Schonfrist, in der Francesca in alle Klassen hineinschnuppern durfte, ist die Fremdsprachenassistentin mitten im Schulalltag angekommen. "Meine größte Stärke ist natürlich der britische Akzent", meint die 23-Jährige. Im Unterricht spricht sie fast nur Englisch mit den Schülern, macht mit ihnen mündliche Übungen, erzählt ihnen etwas über ihre Kultur oder bringt Radiobeiträge aus ihrer Heimat mit. "Ich finde, man kann bei allem was lernen", ist Francesca überzeugt. Der Spaß dürfe nicht zu kurz kommen. Ganz alleine mit den Schülern ist sie nie. Sie kann sich immer auf die Unterstützung der jeweiligen Lehrkraft verlassen. Für die ist es neu, auf einmal zu zweit und neben einer Muttersprachlerin vor der Klasse zu stehen, die perfekt Englisch spricht. "Da muss man sich schon überlegen, was man sagt", meint Schneider lachend. Trotzdem sieht sie das Unterrichten im Team ausschließlich positiv. "Ich kann nicht nur viel von Francesca lernen, sondern auch die Schüler von einer ganz anderen Seite sehen", berichtet die Lehrerin.
Englisch pur, ganz ohne bayrisch
Und was sagen die Schüler zu ihrer Fremdsprachenassistentin? "Sie waren erstmal fasziniert, jemanden vor sich zu haben, der Englisch tatsächlich als Muttersprache spricht", erinnert sich Schneider. Die Fünftklässlerin Yara findet es zum Beispiel toll, mehr an der Aussprache zu üben und nicht immer nur aus dem Buch zu lernen. Ihrem Klassenkamerad Johann gefällt die Herausforderung, sich mit jemandem zu unterhalten, der "nicht so gut bayrisch kann". Die anfängliche Schüchternheit, sich auf Englisch mit einer Muttersprachlerin zu unterhalten, war also schnell verflogen. Das liegt wohl vor allem an der geduldigen und sympathischen Art der Engländerin.
Fehler helfen lernen
"Der einzige Weg, eine Fremdsprache zu lernen, ist, Fehler zu machen", meint Francesca. Deshalb sei es wichtig, dass die Schüler sich ausprobieren. "Normalerweise benutzt man untereinander immer ein paar Deutschbrocken", schreibt Ida aus der neunten Klasse. "Mit Francesca fiel diese Option dann weg." Auch in der Grundschule, in der Francesca vier von ihren insgesamt zwölf wöchentlichen Unterrichtsstunden hospitiert, bekommt die Britin nur Positives zu hören. "Die Kinder sind immer so glücklich. Ich komme mir fast vor wie eine Berühmtheit", sagt sie lachend. Bei dem Wort Berühmtheit haben auch die Schüler nicht schlecht gestaunt. Denn Francesca kommt aus demselben Ort, in dem der britische Sänger Ed Sheeran lebt. "Wir sind sogar ein Jahr lang auf dieselbe Schule gegangen", erfuhren sie von Francesca.
Abseits vom Klassenraum
Zusätzlich zu den zwölf Stunden an der Schule ist die Britin täglich zwei bis drei Stunden mit der Unterrichtsvorbereitung beschäftigt. Für sie sei das eher ein "walk in the park", also wie auf dem Ponyhof, wenn sie ihren Alltag mit dem der Kollegen vergleicht. Deshalb bleibt ihr auch genug Zeit, ihre neue Umgebung kennenzulernen. Fahrradtouren, Wanderungen, Lehrerstammtisch, Volleyball mit ihren Kollegen und ein Ausflug nach Regensburg sind nur ein Teil von dem, was sie am neuen Wohnort erlebt hat. Auch in der Wohnung in Neustadt, die sie mithilfe von Lucia Schneider, ihrer Ansprechperson, gefunden hat, fühlt sie sich sehr wohl. "Ich bekomme sogar jede Woche Kuchen von den Wohnungsbesitzern vorbeigebracht", freut sich die Britin.
Dank der Gastfreundschaft von allen Seiten hat sie sich schnell in der Oberpfalz eingelebt. Auch mit dem Dialekt ist sie mittlerweile vertraut. "Es ist witzig, dass die Zahl elf hier wie "ölf" ausgesprochen wird", sagt die Britin lachend. Ein wirklich schlimmes Missverständnis wegen der Sprache habe es jedoch nie gegeben. So handle es sich eher um eine lustige Anekdote, als sie von einem pensionierter Sportlehrer zum Bouldern eingeladen wurde, sie jedoch Bowlen verstanden hat. "Ich habe mich erstmal gewundert, warum er meine Schuhgröße wissen wollte."
Unterricht von Suffolk aus
Seit Weihnachten ist Francesca nun wieder in ihrer englischen Heimat Suffolk. Von dort gibt sie weiterhin Online-Unterricht. Sie hofft jedoch, dass sie trotz Corona bald nach Deutschland einreisen darf, um ihre Kollegen und Schüler wieder zu sehen und ihre Wohnung auszuräumen. Denn mit Ende des Halbjahres läuft auch ihr Vertrag als Fremdsprachenassistentin aus. Und danach? "Ich möchte zwar Lehrerin werden, vorher aber noch etwas anderes ausprobieren und am liebsten als Übersetzerin in einer deutschen Großstadt jobben. "Vier Jahre hat sie deutsche und englische Literatur in Edinburgh studiert. Dass sie den Schulalltag in Neustadt vermissen wird, steht dennoch außer Frage. "Ich bin so froh, diese Erfahrung gemacht zu haben", blickt die Britin glücklich auf die Zeit zurück und kann es jedem nur empfehlen. "Es ist wichtig, offen und gespannt zu sein", rät sie. Gemischte Gefühle wie Nervosität oder gar ein paar Bedenken seien ganz normal. "Am Ende wächst man aber total an dieser Herausforderung." Und auch, wenn Francescas Vertrag in Neustadt bald ausläuft weiß sie eines: "Ich will auf jeden Fall zurückkommen."
Weg und Aufgabe als Fremdsprachenassistent
- Fremdsprachenassistenten (FSA) sind in der Regel angehende Lehrer, die an einer Schule in einem Land hospitieren, in dem ihre Unterrichtssprache gesprochen wird.
- Eine FSA ist keine volle Lehrkraft, sondern eher eine Co-Lehrerin.
- Eine FSA darf keine Noten geben.
- Bewerbung beim "British Council", einer britischen Einrichtung, die internationale Beziehungen fördert.
- Zuteilung in Deutschland durch den Pädagogischen Austauschdienst (PAD), der der Kultusministerkonferenz angehört.
- Für den Weg ins Ausland nimmt der PAD Bewerbungen entgegen.
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