"Aus dem Bauch heraus", wie er sagte, platzte es aus Rupert Troppmann (CSU) im Wirtschaftsausschuss des Kreistags am Montag heraus. "Warum beschäftigen wir uns mit Dingen, die wir nicht ändern können? Und müssen wir Personal für Dinge einsetzen, nur weil es dafür Fördergeld gibt?"
Mit diesen Fragen grätschte Troppmann in den Vortrag von Wirtschaftsförderin Barbara Mädl. Die hatte gerade aufgezählt, was das Landratsamt unternimmt, um Bildungsaktivitäten zu bündeln und welche Projekte dazu laufen. Zudem zog sie eine Bilanz des "Hackathons", einer IT-Großveranstaltung im Frühjahr an der OTH in Weiden, bei der es um digitale Lösungen im Gesundheitswesen für den ländlichen Raum ging. Auch daraus haben sich einige Projekte und sogar eine Unternehmensgründung entwickelt.
Troppmanns Kritik zielte darauf, dass für all dies bereits Strukturen existieren: Schulamt, IHK, der Bezirk als Träger für Krankenhäuser. Der Kreis soll sich eher auf Kernkompetenzen konzentrieren. "Als Bürgermeister kriege ich manchmal eher eine Förderzusage von der Regierung als die Baugenehmigung dazu vom Landratsamt."
Das klang reichlich provokant, Stellvertretender Landrat Albert Nickl war als Sitzungsleiter aber bemüht, diese Spitze abzustumpfen. "Ein Landkreis muss Kümmerer in allen Belangen sein. Wir haben etwa immer noch zu viele Kinder ohne Schulabschluss. Da haben wir die Verantwortung, mit einzugreifen." Barbara Mädl lieferte dazu Beispiele: "Wir haben den Dolmetscherpool aus der Europa-Berufsschule, der bei Übersetzungen in Grundschulen hilft. Das gibt es nur hier, das ist doch eine praktische Lösung." Ähnlich sehen es Margit Kirzinger (SPD), Karl-Heinz Preißer (SPD) und Tanja Schiffmann (CSU).
Unterstützung bekam Troppmann von ungewohnter Seite, unter anderem von Rita Wiesend (ÖDP). Klaus Bergmann (Grüne) würde ebenfalls gerne mitreden, bevor es darum geht, Förderprogramme zu beantragen. In diesem Zusammenhang nannte er das ÖPNV-Konzept, das im Kreistag im Dezember präsentiert werden soll. Das ließ Nickl nicht so stehen: "Bei der Vorstellung der ÖPNV-Pläne Anfang des Jahres wurden alle Projektschritte erläutert. So weit ich mich erinnere, hat kein einziger Kreisrat etwas dagegen gesagt." Auch Projekte wie den "Hackathon" hätten alle durchgewunken.
Das alles war weit weg, als Stefan Böhme vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nürnberg referierte. Er sprach über die Auswirkungen der Digitalisierung. Die stelle Erfolge der Vergangenheit infrage. Dazu gehört, dass im Landkreis Neustadt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 1999 bis 2017 um 27 Prozent gewachsen sei. "Ein Spitzenwert." Da aber der Landkreis viele Arbeitsplätze in der Fertigung biete, seien diese Jobs durch die digitale Entwicklung besonders gefährdet. Das betreffe nach einer Studie 35,4 Prozent der Beschäftigten zwischen Eslarn und Kirchenthumbach und damit etwas mehr als den Schnitt der bayerischen Landkreise. Der liegt bei 26,3 Prozent.
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