Man stelle sich vor, Erwachsene müssten auf vier Meter hohe Körbe werfen. Ähnlich aussichtslos, wie wenn sich das Ziel eines kleinen Steppkes auf 3,05 Meter Höhe befindet. Aber genau vor diesem Problem standen Kinder vor ein paar Jahren noch – und entsprechend niedrig war ihre Trefferquote. Dass man dabei dann schnell die Lust auf diese Sportart verliert, liegt auf der Hand.
Die Körbe für die Mädchen und Jungs von zwölf Jahren abwärts hängen seit der Saison 2019/2020 nun auf der angemessenen Höhe von 2,60 Meter, das schreibt der Deutsche Basketball Bund (DBB) verpflichtend vor. Und das wiederum eröffnet den Vereinen viele Möglichkeiten, in vielerlei Hinsicht. Stefan Merkl, Trainer des Regionalliga-Herrenteams bei der DJK Neustadt/WN und Landestrainer beim Bayerischen Basketballverband (BBV), sieht in dieser Vorschrift zahlreiche Vorteile. "Wir können dadurch viel früher beginnen, Kinder für Basketball zu begeistern." Auch kleinere und schmächtigere Spieler hätten nun die Möglichkeit, einen Spielzug abzuschließen und zu punkten – nicht wie früher nur die großen. Zudem fördere das Spiel auf die 2,60-Meter-Körbe die Kreativität im Aufbau eines Angriffs, da nicht nur unter dem (ehemals hohen) Korb verteidigt werde.
Bei der DJK Neustadt, die seit Jahren vorbildliche Nachwuchsarbeit leistet, sei man "unglaublich glücklich" über die neue Errungenschaft, betont Stefan Merkl. Dabei können sich allerdings er, sein Vater Willi und Bruder Tobi gehörig auf die eigene Schulter klopfen, denn ein wichtiger Impuls für die flächendeckende Einführung des Mini-Korbes kam von ihnen. Den Stein ins Rollen brachte vor rund drei Jahren Bundesligist Alba Berlin, der mit seiner Initiative "Holt die Körbe runter" genau dieses Problem des Nachwuchs-Basketballs ins Visier nahm. Die Merkls steckten daraufhin die Köpfe zusammen und berieten, wie sie diese Aktion auch bei ihrer DJK umsetzen könnten – am besten natürlich schnell und kostengünstig.
Das Neustädter Basketball-Urgestein Willi Merkl, ohne den es zweifelsohne das Spiel auf zwei Körbe in der Kreisstadt in der aktuellen Form nicht geben würde, brachte dabei Peter Steiner ins Spiel. Der Basketballfan, einer der drei Geschäftsführer der Firma Naber+Steiner, hatte nach mehreren Treffen dann auch die zündende Idee – nämlich den bestehenden Korb mitzuverwenden und die zusätzliche Konstruktion hier einfach zu integrieren. So entstand ein Grundrahmen, der samt Board und Ring in die bestehende Korbanlage eingehängt und daran festgeschraubt werden kann. Wer's ein paar Mal gemacht hat, schafft dies in rund zehn Minuten. "Ein weiterer Vorteil ist, dass man den Bambinibasket problemlos ins Auto laden kann", erklärt Steiner, und auch für die Lagerung benötige man nur wenig Platz. "Eine Hammerkonstruktion von Peter", lobt Stefan Merkl die technische Umsetzung.
Sein Bruder Tobi, Captain des Neustädter Regio-Teams und von Beruf Maschinenbau-Ingenieur, fertigte daraufhin eine perspektivische Computerzeichnung, unter anderem für den TÜV. Der technische Überwachungsverein nämlich musste per Gutachten bestätigen, dass die Anlage die Belastung durch U8- bis U12-Spieler auch aushält. Stefan Merkl erkannte dann schnell das Potenzial der neuen Errungenschaft und stellte den Bambinibasket – damals in seiner Funktion als Koordinator Nachwuchsförderung im BBV – auf einigen Verbandsveranstaltungen deutschlandweit vor. Die positive Resonanz ließ nicht lange auf sich warten. Es gibt zwar einige vergleichbare Angebote anderer Firmen, doch die Neustädter Konstruktion war und ist vor allem in puncto Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar – und wurde entsprechend oft geordert. Seit den Anfängen vor rund zwei Jahren hat die Naber + Steiner Metallbau GmbH etwa 100 Einheiten verkauft – in ganz Deutschland und sogar in die Schweiz. Auch die Bundesliga, unter anderem die Vereine aus Frankfurt, Bonn, Bamberg, Bayreuth, Oldenburg und Würzburg, meldete Bedarf an und rüstete sich für ihre Nachwuchsspieler entsprechend aus. „Feedback bekommen wir auch reichlich“, berichtet Peter Steiner. „Die sind alle von Bambinibasket begeistert!“
Trotz dieses großen Erfolgs ist die Korbkonstruktion bei dem Neustädter Unternehmen keine "Übernummer", wie Peter Steiner sagt, sondern eher ein "Nischenprodukt, das nicht langfristig angelegt ist". "Dieses Projekt macht vielleicht drei Prozent unseres Gesamtumsatzes aus“, erklärt der Geschäftsführer. Außerdem, so denkt er, werde nach fünf bis zehn Jahren keine Nachfrage mehr bestehen, da bis dahin alle Hallen umgerüstet seien. Sein Engagement für die neue Errungenschaft ist deshalb aber nicht geringer, denn ausschlaggebend dafür sei nicht die Aussicht auf einen wirtschaftlichen Erfolg oder Gewinn für das Unternehmen gewesen, sondern seine Leidenschaft für Basketball. Steiner: „Es ist schön und ein guter Nebeneffekt, wenn dann auch noch Arbeit für die Firma anfällt.“
Die Mini-Basketballer der DJK Neustadt/WN profitieren jetzt schon viele Monate von den niedriger hängenden Körben. Aber auch die Abteilung insgesamt. „Wir konnten bei der DJK Ende Januar das erste U8-Spiel veranstalten, außerdem haben wir in den vergangenen zwei Jahren unsere Mitgliederzahl in der Abteilung um 100 auf aktuell 330 steigern können – fast ausschließlich mit Kindern“, freut sich Stefan Merkl. Was die Wertigkeit dieser Innovation für den Nachwuchs betrifft, gerät der Vollblut-Basketballer regelrecht ins Schwärmen und bemüht gar Vergleiche mit historisch außergewöhnlichen Sport-Events: "Der Bambinibasket gehört für mich zu den absolut größten Ereignissen in diesem Sport, vergleichbar mit dem Auftritt des US-Dreamteams bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona."
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