Neustadt an der Waldnaab
14.10.2020 - 12:12 Uhr

Nadjas Weg in ein schöneres Leben

An der zehnjährigen Jubiläumsfeier des "Netzwerk frühe Kindheit" gab es einen emotionalen Einblick in die Praxis der "Kokis". Nadja stand am Scheideweg ihres Lebens und schaffte mit Hilfe von Koki den Weg aus ihrer Misere.

In der vollen Stadthalle erzählt Nadja (links) im Interview mit Marianne Fütterer ihre beeindruckte Geschichte. Bild: sne
In der vollen Stadthalle erzählt Nadja (links) im Interview mit Marianne Fütterer ihre beeindruckte Geschichte.

"Ohne Euch wäre ich nicht da, wo ich heute bin", erklärt Nadja dankbar. Schweren Herzens hatte sie vor Jahren Hilfe gesucht und bei "Koki" gefunden. Ihre Probleme begannen bereits in der Kindheit: Ihre Eltern waren getrennt, sie hatte keine Freunde, wurde gemobbt. Irgendwann schloss sie sich den falschen Leuten an, mit 16 Jahren wurde sie drogenabhängig.

Später verlor sie wegen den Drogen ihren Führerschein. Mit 20 Jahren wurde sie schwanger, lebte von Arbeitslosengeld 2. Nach der Geburt ihres Sohnes erlebte sie häusliche Gewalt durch den Vater mit dem sie damals noch zusammenlebte. Darum trennte sie sich von ihm.

"In diesem Moment habe ich für mich beschlossen, meinem Kind ein besseres Leben ermöglichen zu wollen." Nadja wollte, dass ihr Sohn bei ihr bleiben könne, er sollte eine normale Mama haben und keine Drogenabhängige. Sie hatte aber Angst, den Umschwung alleine nicht schaffen zu können. Durch ein Plakat im Kindergarten wurde sie auf Koki aufmerksam.

Neustadt an der Waldnaab13.10.2020

Dann begann eine lange Phase des Zögerns und Zauderns: "Soll ich da wirklich anrufen? Will ich diesen Fremden wirklich mein ganzes Leben offenlegen?" Schließlich wagte Nadja den Anruf. Ein Besuchstermin in ihrer Wohnung wurde vereinbart. Erneut kamen Zweifel in ihr hoch: Ist die Wohnung sauber genug? Ist sie kindgerecht? Nadja wollte be- und nicht verurteilt werden.

Marianne Fütterer von der Koki Tirschenreuth besuchte sie mehrmals. Oft flossen Tränen. "Ich habe immer Taschentücher dabei", erklärt Fütterer verständnisvoll. Den ehemaligen Drogenkonsum räumte Nadja erst nach mehreren Gesprächen bei ihr ein. Fütterer beriet sie, klärte sie über Hilfsprogramme auf, stellte Kontakte her, setzte mit ihr Ziele. Nadja wollte die MPU schaffen, ihren Führerschein wiederbekommen. Fütterer organisierte eine Hilfsperson, die Nadja immer wieder mit ihrem Sohn unterstützte. Über die Aktion Lichtblicke gab es finanzielle Entlastung. Koki bot ihr Rechtsberatung, kümmerte sich um psychologische Hilfe.

Nadja bekam das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. So schaffte sie es in vergangenen sechs Jahren ihr Leben umzukrempeln. Heute beschreibt sie sich als selbstbewusste Frau: "Koki war das Beste, das mir passieren konnte. Mein Leben ging steil bergauf." Sie hält das Sorgerecht für ihren Sohn, hat normale Freunde kennengelernt. Sie hat ihren Führerschein wieder, konnte dadurch eine größere Wohnung finden. Sie hat einen Halbtagsjob gefunden. Besonders schön: Nadja ist verlobt und wieder schwanger. Mit ihrem Verlobten lebt sie heute in einer Eigentumswohnung: "Ich führe ein normales, langweiliges Leben und das ist schön."

Nadja räumt ein, von Jugendhilfen und -ämtern ein falsches Bild gehabt zu haben. Sie weiß, dass es vielen Menschen so geht. Jetzt glaubt sie, dass diese nur helfen wollen. Fütterer zollte Nadja Respekt vor ihrer Entwicklung und dem Mut auf der Bühne ihre Geschichte zu erzählen. Dafür erhielt Nadja einen Riesenapplaus aus dem Publikum.

Anschließend gab es für die Koki-Stellen aus Weiden, Neustadt und Tirschenreuth noch ein besonderes Geschenk: Das Projekt Kinderkunst aus Kemnath hatte Stühle für sie gestaltet. Für die Neustädter saß sogar der Storch Ferdinand als Plüschtier darauf. Zum Abschluss spielte die "Koki-Band" noch ein extra für die Veranstaltung komponiertes Lied mit dem passenden Titel "Rettungsboot".

In der vollen Stadthalle erzählt Nadja (rechts) im Interview mit Marianne Fütterer ihre beeindruckte Geschichte. Bild: sne
In der vollen Stadthalle erzählt Nadja (rechts) im Interview mit Marianne Fütterer ihre beeindruckte Geschichte.
Das Projekt Kinderkunst aus Kemnath hat Stühle für die Koki-Stellen in Weiden, Neustadt und Tirschenreuth gestaltet. Bild: sne
Das Projekt Kinderkunst aus Kemnath hat Stühle für die Koki-Stellen in Weiden, Neustadt und Tirschenreuth gestaltet.
Die Koki-Band hat extra ein Lied für die Veranstaltung geschrieben. Bild: sne
Die Koki-Band hat extra ein Lied für die Veranstaltung geschrieben.
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.