Von Elisabeth Saller und Thomas Scharnagl
Wer im Vogtlandkreis in Sachsen wohnt, kann sich ein genaues Bild von der Ausbreitung der Corona-Pandemie machen: Das Landratsamt veröffentlicht jeden Tag für seine 25 Städte und Gemeinden die Zahl der bestätigten Covid-19-Fälle. Auch die Zahl der von der Lungenkrankheit wieder genesenen Frauen und Männern wird bis auf die Kommunen aufgeschlüsselt.
Ganz anders ist das in der Oberpfalz. Die Gesundheitsämter und Landratsämter seien dazu nicht verpflichtet, teilt Claudia Prößl, Sprecherin des Landratsamts Neustadt/WN, mit. Kein Kreis und keine kreisfreie Stadt im Bezirk würden diese Daten veröffentlichen. Auf diese Vorgehensweise hätten sich alle Landratsämter in der Oberpfalz verständigt, heißt es aus Tirschenreuth. Als Grund wird dort der Datenschutz angeführt. Genauere Zahlen würden nur veröffentlicht, wenn sich Brennpunkte bilden würden, sagt Prößl und verweist auf das Beispiel Mitterteich.
Daten kommen verzögert an
Anders ist es in Amberg-Sulzbach. Dort habe man sich gegen eine Veröffentlichung entschieden, "weil wir die Zahlen erst mit etwas Zeitverzögerung vom Gesundheitsamt erhalten. Da die Verzögerung aufgrund der extremen Arbeitsbelastung im Gesundheitsamt auch mal mehrere Tage betragen, und sich in dieser Zeit die Situation in den Gemeinden komplett verändern könne, wollen wir mit den veralteten Zahlen (die Dunkelziffer gar nicht erst berücksichtigt) den Menschen in den Gemeinden kein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln", erläutert Pressesprecherin Christine Hollederer.
Und wenn man immer den Stand der Daten mit angibt? Die meisten Leser würden diese Info übersehen, so die Sorge. Der Datenschutz allerdings habe nur eine untergeordnete Rolle bei der Entscheidung gespielt, sagt Hollederer.
Auch in Schwandorf habe die Angst, ein falsches Sicherheitsgefühl zu vermitteln, dazu geführt, Zahlen auf Gemeindeebene seit Ende März nicht mehr herauszugeben. Mit Datenschutz habe das jedoch nichts zu tun, teilt Sprecher Hans Prechtl mit.
Auch in Oberfranken haben sich die Landräte darauf geeinigt, Corona-Fallzahlen nicht auf Gemeinden herunterzubrechen. Wie in Tirschenreuth aus Gründen des Datenschutzes, sagt der Wunsiedler Landrat Karl Döhler. Als Zweifel an der Stichhaltigkeit des Arguments aufkommen, schiebt Döhler nach, dass die Liste mit den Gemeindezahlen nur sinnvoll wäre, wenn sie auch die Genesenen auflisten würde. Anderenfalls würde man ein verzerrtes Bild zeichnen. Aber eine solche Analyse zu erstellen, sei aus personellen Gründen in der Coronakrise nicht möglich. "Dazu habe ich die Leute nicht."
Landkreis München veröffentlicht Daten
Die Sorge um den Datenschutz und mangelhafte Personalausstattung scheint es in Oberbayern nicht zu geben. Dort veröffentlichen etliche Landkreise Tag für Tag Listen oder Landkarten mit den Gemeindezahlen. Der Kreis München zum Beispiel aktualisiert täglich die Fallzahlen der Infizierten in seinen 29 Gemeinden von Aschheim bis Unterschleißheim. Auf Landkreisebene schlüsselt er die Fallzahlen zudem nach Altersgruppen auf. Das Landratsamt Miesbach bietet in seinem täglichen Update eine Landkarte mit den Zahlen der positiven Fälle und der aktiven Fälle in sämtlichen Gemeinden an. Auch das Landratsamt Freising hat kein Problem damit, täglich die Zahl der Fälle und der genesenen Personen pro Gemeinde zu veröffentlichen. In Mittelfranken gibt es ebenfalls detaillierte Zahlen. Der Kreis Nürnberger Land listet bestätigte Fälle in den Gemeinden auf (ab fünf Fällen).
In der Oberpfalz wird über die Verteilung kaum berichtet. Für den Kreis Neustadt/WN verrät Prößl nur soviel: "Die Zahlen verteilen sich relativ gleichmäßig über den Landkreis ... , sodass es hinsichtlich der erforderlichen Verhaltensweisen ... keinen Unterschied macht, wo man wohnt oder einkauft."
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