Dabei waren die 34 Beamten zunächst sehr zufrieden. Der Gaudiwurm verlief problemlos und störungsfrei. Die über 10 000 Besucher jubelten den 77 Wagen und Gruppen ausgelassen zu. Die Stimmung war prächtig.
Anschließend feierten mehrere 1000 Besucher bei der After-Zug-Party im Parkdeck bei der Stadthalle, aber auch in der Stadt weiter. "Im Laufe des Abends entwickelte sich eine zunehmend aggressive Stimmung", berichtete am Montag Erster Polizeihauptkommissar Hermann Weiß, Chef der Neustädter Inspektion und Einsatzleiter. Ursache dafür sei der hohe Alkoholkonsum gewesen.
Gegen 20 Uhr kippte die Stimmung. Die Polizisten mussten in einer Vielzahl von Fällen aktiv werden. Sie leiteten drei Ermittlungsverfahren wegen Drogenbesitzes ein. Ein Konsument leistete Widerstand und beleidigte die Beamten. Im Zugangsbereich der After-Zug-Party schlugen zwei Männer aufeinander ein, da einer der beiden die Freundin des anderen an der Brust begrapscht hatte. Schon zuvor war ein 25-Jähriger einer 24-Jährigen an die Bluse gegangen. Vorübergehend schloss der Förderverein Neustädter Faschingszug wegen Überfüllung die Sause im Parkdeck. Damit war ein junger Mann überhaupt nicht einverstanden. Er ging auf die Polizisten los. Er wurde festgenommen.
In der Freyung kam es zu weiteren Körperverletzungen. Ein 33-Jähriger verpasste direkt vor einer Polizeistreife einem 17-Jährigen einen Kopfstoß. Der junge Mann musste ins Krankenhaus gebracht werden. Bei einem anderen Streit schlug ein Unbekannter einen 27-Jährigen nieder. Dieser verlor kurzzeitig das Bewusstsein.
Nach der Räumung des Geländes beim Parkdeck verlagerte sich das gesamte Geschehen in den Bereich Freyung/Untere Vorstadt. "Nur dank der polizeilichen Präsenz konnte die gereizte Stimmung in Zaum gehalten werden", wusste Polizeichef Weiß. Mehrmals mussten Streitende getrennt und Platzverweise ausgesprochen werden. Der erfahrene Polizeibeamte sagte, er habe noch nie so viele Betrunkene gesehen, die sich übergeben hätten.
Erst gegen 1.15 Uhr kehrte allmählich Ruhe ein. Quasi als Krönung meldete das Klinikum Weiden einen Vermissten. Der Mann war mit einer Alkoholvergiftung eingewiesen worden, riss aber später samt der vom Arzt gelegten Zugänge aus und kehrte nach Neustadt zurück. Dort griff ihn die Polizei auf.
Nebensächlich erscheinen da sechs verlorengegangene Handys und Ausweise. Ausnahmslos alle Beteiligten, auch die Geschädigten, standen laut Polizei erheblich unter Alkoholeinwirkung. Gegen alle wurden Strafverfahren eingeleitet. Zwei Autofahrer saßen mit Alkohol am Steuer.
Die Bilanz der Integrierten Leitstelle (ILS) in Weiden ist ähnlich. Schon während des Faschingszugs mussten vier Personen versorgt werden, allerdings wegen Verletzungen. Hinterher reichten Hilfeleistungen von Alkoholvergiftungen bis zu chirurgischen Fällen. Ein Mann drehte durch. Er wurde ins Bezirksklinikum Wöllershof eingeliefert.
Mit voller Besetzung war der städtische Bauhof von 15.30 bis bis 20 Uhr mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Ein Problem war das Scherbenchaos. Als die Polizei gegen 19 Uhr die Ortsdurchfahrt wieder freigab, war die Ortsdurchfahrt von der Unteren Vorstand bis hinauf zum Raiffeisenplatz immer noch mit Glasscherben übersät. Eine große Kehrmaschine der Firma musste x-mal fahren, um das Schlimmste zu beseitigen. "Das war schon auf der oberen Messlatte", erklärte Norbert Merkel von der Firma Bergler.
Jetzt die Reißleine ziehen
Schlägereien, Gewalt gegen die Polizei, Begrapschen von Frauen und eine mit Scherben übersäte Ortsdurchfahrt – das hat mit Faschingsfreude nichts mehr zu tun. Ein Besäufnis lässt die After-Zug-Feier außer Kontrolle geraten und bringt den Neustädter Gaudiwurm in ein schiefes Licht. Da müssen sich Eltern um ihre Kinder sorgen. Dass es am Sonntag warm war und sich die Feier zum Großteil im Freien abgespielt hat, kann keine Entschuldigung sein. Auch die Narren auf den Faschingswagen halten sich nicht alle an die Auflagen. Da wurde wieder Konfetti auf die Besucher geschossen, Klopfer und anderer Alkohol an die Zuschauer ausgegeben, obwohl das verboten ist. Jetzt ist für die Verantwortlichen der Zeitpunkt gekommen, die Reißleine zu ziehen. Sie müssen über alles reden – bis zum allerletzten Mittel: Alkoholverbot.