Der Süd-Ost-Link soll Windstrom von der Küste nach Bayern transportieren. Die geplante Trasse kreuzt den Landkreis Neustadt/WN erstmals kurz hinter Plößberg und verlässt ihn wieder hinter Wittschau. Der Korridor geht über Grund, der zu Püchersreuth, Störnstein, Theisseil, Bechtsrieth, Irchenrieth und Leuchtenberg gehört. Vor Kurzem haben die Betroffenen einen Rückschlag hinnehmen müssen. Das Bundesverwaltungsgericht kippte die Klage gegen die Planungen des Netzbetreibers Tennet, die mehrere Landkreise und Verbände angestrengt hatten. Wie reagieren betroffene Bürgermeister?
Josef Hammer, Irchenrieth
Irchenrieths Rathauschef Josef Hammerwundert das nicht: "Das war ein bisschen eine Schaufensterklage." Denn die Planung habe sich gegen einen möglichen Korridor und nicht gegen einen exakten Trassenverlauf gerichtet. "Das ist so, wie wenn jemand gegen einen Flächennutzungsplan klagt. Der ist eine Absichtserklärung. Erst wenn ein Bauantrag vorliegt, kann ich dagegen vorgehen."
Wenn also die Feinplanung, sprich die Planfeststellung, erledigt ist, überlegt sich Hammer ebenfalls, ob er vor Gericht zieht - entweder allein oder über das Hamelner Bündnis, einen Zusammenschluss zahlreicher Landkreise und Verbände aus mehreren Bundesländern, denen der Süd-Ost-Link nicht gefällt.
Dabei nimmt Hammer Tennet zurzeit in Schutz. "Deren Ingenieure sind auf unserer Seite." Vielmehr entscheide die Bundesnetzagentur in Bonn. Die lässt die Stellungnahmen zahlreicher Fachstellen mit einfließen und hält an der Bündelungsoption mit bestehenden Leitungen fest. Das würde bedeuten, dass die Trasse den Süden von Irchenrieth durchquert. Dort, wo Hammer noch Platz für rund 80 Häuser sieht. Hundert Meter noch weiter südlich gäbe es dagegen keine Probleme, meint der Bürgermeister.
Was ihm sauer aufstößt: Die Eon hat moniert, dass bei der aktuell geplanten Variante ein Erdkabel unter einer 110 kV-Leitung verläuft, also dass sich Wechselstrom und Gleichstrom kreuzen. Das widerspreche einem Abstandsgebot. Folglich schlage die Eon vor, eine 20 Meter breite Schneise zu schlagen. Das bedeute, dass Wald gerodet werden müsste, der der katholischen Pfarrgemeinde gehört. So nicht, sind sich Hammer und Pfarrer Alfons Forster einig.
Anton Kappl, Leuchtenberg
Auch Anton Kappl, Rathauschef von Leuchtenberg, erneuert im Zuge der Planfeststellung seine Bedenken. Er würde Hammers Alternativroute unterstützen, denn damit würde der Süd-Ost-Link weiter vom Gartenbaubetrieb Schröder in Michldorf wegrücken. Westlich davon würde der Markt Leuchtenberg gerne mal ein Gewerbegebiet ausweisen.
Also wäre Kappl eine Trasse in Richtung des benachbarten Steinbruchs weiter nach Lückenrieth lieber. Leuchtenberger Grund ist laut Kappl auf 5,5 Kilometer Länge von den Planungen betroffen. Würde dort erstmal gebaut, befürchtet der Rathauschef auf seinen Straßen und Wegen jede Menge Dreck und Lärm durch Schwerlastverkehr.
Rudolf Schopper, Püchersreuth
Ähnliche Sorgen hat Rudolf Schopper in Püchersreuth. Er hat eine Voranfrage zum Transport von 160 Tonnen Kabel für den Süd-Ost-Link mittels Schwertransportern über Gemeindestraßen abgelehnt und erreicht, dass auf kleinere Fahrzeuge umgeladen wird, wenn es in einigen Jahren so weit sein sollte. Viel mehr wird nicht auszurichten sein, sagt er mit Blick auf die Gesetzeslage. So sei die Gemeinde daran gescheitert, Probebohrungen zu verhindern. Vor allem Landwirte, etwa in Auerberg im Norden der Gemeinde, hätten damit zu kämpfen.
Markus Ludwig, Störnstein
Markus Ludwig sieht im benachbarten Störnstein seine Hände ebenfalls gebunden. "Wir haben uns beraten lassen, aber eine Klage lohnt sich nicht", erklärt das Gemeindeoberhaupt mit Blick auf die Planfeststellung. Im Gegenteil: Gerichte haben den Störnsteinern bereits eine "Veränderungssperre" vor die Nase gehalten. Das heißt, sie dürfen von den Planungen betroffene Wiesen zwischen Floß und Störnstein nicht über den Flächennutzungsplan für andere Zwecke vorsehen. Ludwig: "Das kann einem Landwirt noch ziemliche Probleme machen, wenn er eine Scheune bauen will und die gleiche Flurnummer hat." Was die Sache zusätzlich erschwere sei die Pandemie. Während die Planer bei Tennet und der Bundesnetzagentur im Hintergrund ihre Arbeit machen könnten, sei die aktive Bürgerbeteiligung vor Ort zurzeit schwierig.
Immerhin: Auf dem für die möglich Trasse vorgesehenen Grund haben Störnsteiner Gegner des Projekts mittlerweile eine sogenannte Widerstandseiche gepflanzt. Ob und wann sie weichen muss, entscheidet sich im zweiten Quartal 2022. Dann will Tennet seine Untersuchungen abgeschlossen haben. Und dann ist auch nicht mehr von einem Korridor, sondern von einer exakten Linie für den Süd-Ost-Link die Rede.
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Technische Daten zum Süd-Ost-Link
- Leistung: 2 GW, Spannung: ±525 kV
- Übertragung: Gleichstrom
- Länge: 523 Kilometer (Sachsen-Anhalt: 191,2 km; Thüringen: 82,8 km; Bayern: 260,3 km)
- Netzbetreiber: Tennet TSO und 50-Hertz Transmission
- Planung in der Oberpfalz: Abschnitt C Landesgrenze Thüringen bis Schwandorf und D Schwandorf bis Regensburg.
- Kosten: 5 Milliarden Euro (nach Angaben von Tennet). Die Bundesregierung will das überregionale Stromnetz für sehr viel Geld ausbauen. 95 Milliarden Euro sind bis zum Jahr 2035 veranschlagt, davon allein 15 Milliarden Euro für die Gleichstromerdkabel „Südlink“ und „Südostlink“. Davon 5 Milliarden Euro für den Süd-Ost-Link.
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