Weil am Bau weniger voran geht: Der Landkreis Neustadt/WN hat mehr Geld in der Kasse

Neustadt an der Waldnaab
28.03.2023 - 12:29 Uhr
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Um Vereinszuschüsse, Bauprojekte, Personalausgaben und mehr zu stemmen, müssen Kreistag und Verwaltung dieses Jahr noch keine Verrenkungen machen. Danach sieht die Kassenlage im Landkreis Neustadt/WN aber wohl wesentlich schlechter aus.

Der Entwurf der neuen Schwimmhalle in Neustadt. Der ursprünglich im Herbst vorgesehene Baubeginn verschiebt sich wohl um ein Jahr. Das schon die Finanzen des Landkreises vorübergehend.

Es klingt zynisch, ist aber von Kreiskämmerer Alfons Bauer keineswegs so gemeint: Aufgrund des Ukrainekriegs und der damit verbundenen Verwerfungen schließt der Kreishaushalt 2023 mit einem undramatischen Fehlbetrag von 574.600 Euro ab. Das kann problemlos aus den Rücklagen ausgeglichen werden. Der Überfall Putins spielt dabei insofern eine Rolle, als dass Lieferketten, Materialströme und Handelsbeziehungen gestört sind.

Das führt dazu, dass der Landkreis Neustadt/WN viele Straßenbauten oder Sanierungen noch nicht oder nur langsamer angehen kann, weil zum Teil keine Angebote bei Ausschreibungen eingehen oder die Firmen ausgelastet sind.

Auch ein eigentlich erfreulicher Faktor bremst schnelle Baufortschritte, etwa die positive Entwicklung bei den Schülerzahlen. Dies führt dazu, dass die neue Schwimmhalle in Neustadt/WN oder die Erweiterung der Lobkowitz-Realschule noch größer als ursprünglich angenommen geplant werden müssen. Im Hoch- und Tiefbau sind die Ausgaben heuer mit 7,7 Millionen Euro angesetzt, das sind rund 11 Millionen weniger als im Vorjahr.

Genau dies schont den Kreishaushalt 2023. In den können unangetastete Ausgabereste aus dem Vorjahr hinübergerettet werden. "Aber 2024/25 werden wir wohl wieder eine größere Diskussion haben", schwant Bauer, dass er für einen ausgeglichenen Etat alle Register wird ziehen müssen. Dazu zählen eine höhere Kreisumlage, neue Kreditaufnahmen und ein kräftigerer Griff in die Rücklagen. Das kündigte der Kämmerer am Montagnachmittag im Kreisausschuss an.

Zurück in die Gegenwart: Für die laufenden Geschäfte stehen 2023 im Entwurf des Verwaltungshaushalts 116,4 Millionen Euro zur Verfügung, für Investitionen im Vermögensetat 15,4 Millionen. Die Kreisumlage, das heißt der Anteil, den die Gemeinden aus ihren Einnahmen an den Landkreis abführen müssen, bleibt bei 42 Prozent. Ein Punkt Kreisumlage sind etwa 1,3 Millionen Euro. Dafür klettern die Ausgaben an anderer Stelle. Einige Beispiele:

  • Die Personalausgaben steigen um 1,8 Millionen oder 8,2 Prozent auf 23,35 Millionen Euro. Neben höheren Tarifen und Besoldungen sind darin auch Neueinstellungen enthalten, die vor allem im Bereich Asyl und Wohngeld.
  • Die Jugendhilfeausgaben für Leistungen von der häuslichen Hilfe bis zur Heimunterbringung zeigen nach oben. 12,8 Millionen bedeuten ein Plus von 6,2 Prozent. Ein Großteil davon entfällt auf Eingliederungshilfen für Jugendliche mit Behinderung.
  • Für Asylangelegenheiten muss der Landkreis vermutlich 3,93 Millionen Euro vorstrecken, das sind wegen des anhaltenden Zustroms 70.000 Euro mehr als 2022. All dies wird aber zu 100 Prozent vom Freistaat erstattet.
  • Für die Beseitigung von Bleikristall-Altlasten sind 2,62 Millionen Euro (Vorjahr 138.000 Euro) angesetzt. Das wird jedoch fast komplett aus einem Fonds des Freistaats bezuschusst. Am Landkreis bleiben so Kosten von rund 2 Euro pro Einwohner hängen.
  • Für die Bezirksumlage erhöht sich der Hebesatz um ein Prozent auf 18,8 Prozent. Das macht 26 Millionen Euro aus, 3,2 Millionen mehr als im Vorjahr. Auch dahinter verbergen sich vor allem Mehrkosten für die Eingliederung behinderter Menschen.

Erfreulich aus Sicht der Kämmerei entwickeln sich die Steuerzahlen. So liegt das Einkommensteuer-Aufkommen mittlerweile bei 45,7 Millionen Euro (Vorjahr 42 Millionen), die Gewerbesteuer macht 52,9 Millionen Euro aus (2022: 44,8 Mio.). Das steigert die Steuerkraft des Landkreises. Damit ist grob gesagt das Steueraufkommen pro Einwohner dividiert durch die Einwohnerzahl gemeint. Die Steuerkraft ist also nicht zu verwechseln mit der Kaufkraft. Die Steuerkraft klettert zwischen Eslarn und Kirchenthumbach leicht auf 12,1 Prozent. Das bedeutet Rang vier bei den oberpfälzischen Landkreisen (Durchschnitt 6,5 Prozent) vor Regensburg, Schwandorf und Tirschenreuth.

Den Haushaltsentwurf von Alfons Bauer winkten alle Parteien durch, nur Johann Mayer (Grüne) stimmte dagegen. Die Frage nach dem Grund stand nicht zur Debatte. Es dürfte aber daran liegen, dass erneut Mittel für die umstrittene Ortsumgehung Mantel im Etat stehen. Die Grünen lehnen dieses Projekt entschieden ab.

Freiwillige Leistungen

Die Freiwilligen Leistungen des Landkreises sind nahezu unverändert mit 1,09 Millionen Euro veranschlagt. Mit am meisten davon profitiert das Landestheater Oberpfalz, das rund 200.000 Euro bekommen soll, rund 40.000 Euro mehr als bisher. Die Internationale Begegnungsstätte Kloster Speinshart, die zum Wissenschaftszentrum ausgebaut wird, erhält 40.000 Euro, das Geo-Zentrum an der KTB 60.000 Euro. Das sind 10.000 Euro mehr als 2022 und wird vor allem mit höheren Energie- und Personalkosten begründet. Aus ähnlichen Gründen bekommt der Heimatverein Grafenwöhr für das Militärmuseum statt bisher 16.000 Euro jährlich (seit 2004) nun 20.000 Euro. Der Förderverein Skilift Wurmstein kann wieder mit 5000 Euro rechnen.

Beitritt zu Verkehrsverbünden

Einstimmig befürworten alle Fraktionen im Kreisausschuss einen CSU-Antrag, den Beitritt des Landkreises zu den Verkehrsverbünden Nürnberg und Regensburg zu prüfen. Die Beitrittskosten werden mittlerweile zu 90 Prozent gefördert. Die Mitte und der Westen des Landkreises könnten sich der Verkehrsgemeinschaft Nürnberg anschließen, der Osten dem Verkehrsverbund Regensburg.

Wasserstoff-Anschluss

Ebenfalls einstimmig, aber mit etwas mehr Diskussion ging ein weiterer CSU-Antrag durch. Die Verwaltung soll prüfen, ob es möglich ist, dass der Landkreis 2030 Wasserstoff aus der Megal-Pipeline abzapfen darf, wenn dort mal kein Erdgas mehr durchfließt und der Raum Neustadt Durchleitungsgebiet ist. Davon sollen vor allem energieintensive Betriebe vor Ort profitieren, fordert CSU-Sprecher Edgar Knobloch. Zudem wünscht sich seine Partei einen Wasserstoff-Stützpunkt im Landkreis, eine Art Tankstelle für den ÖPNV, die idealerweise in der Nähe einer Bahnstrecke liegt.

"Ja, aber" lautet dazu die Haltung anderer Parteien. Manfred Plößner (Freie Wähler) fordert im gleichen Atemzug mehr Tempo bei der Windkraft im Landkreis, Johann Mayer (Grüne) bittet ebenfalls, bei aller Wasserstoff-Euphorie den Ausbau erneuerbarer Energien nicht zu vernachlässigen.

Drogenberatung

Formsache war der dritte CSU-Antrag, nach dem Vorbild der früheren Initiative "Need No Speed" wieder eine Art Drogenprävention unter dem Dach des Kreisjugendrings zu etablieren. Knobloch: "Dort haben wir drei Vollzeitstellen, dort spricht man die Sprache der jungen Leute."

 
 

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