"Im Grünen und bitte nicht in das Gewerbegebiet am Bahnhof", sagte Josef Biebl, Kreisrat und ehemaliger Stadtrat im Gasthof Pösl. Applaus gab es nicht nur für diese Aussage. Biebl hatte einen Antrag zur Diskussion der Standortfrage zum Kindergarten-Neubau an die Bürgerversammlung gestellt, nachdem abzusehen war, dass in der Novembersitzung am 12:2-Beschluss festgehalten wird. Wenn die Stadt Geld investiert, dann müsse es auch ein gutes Projekt für die Kinder sein, betonte er, als er seine Sicht ausführlich untermauerte. "Für unsere Kinder nur das Beste", sei immer das Motto im Stadtrat gewesen. "Der 11. September 2018 war aber ein ziemlich schwarzer Tag für Oberviechtach. Ich verstehe meine früheren Kollegen nicht", meinte Biebl und stellte die Frage: "Seit wann nehmen wir für unsere Kleinsten das Billigste?" Die Gewissensentscheidung sei okay, "aber vielleicht fehlt es an Wissen". Einerseits habe man sich wohl nicht genügend informiert, und andererseits sei es halt "blöd gelaufen". Vermisst habe er Vorschläge der Räte.
Neue Idee
"Es kann doch nicht sein, dass unsere jüngsten Bürger ihr erstes bis sechstes Lebensjahr eingemauert zwischen Gebäuden, Parkplätzen und Straßen verbringen müssen", kritisierte Biebl. Am Bahnhof sei eine Halle für Kinder ohne Erlebniswert im Außenbereich geplant. Er zeigte Fotos von großen Grundstücken, auf denen die Stadt Schwandorf drei neue Kindergärten im Grünen plant. Und er brachte ein neues Grundstück für die Oberviechtacher Kindertagesstätte aufs Tablett: "Man könnte vom riesigen Freibadgelände locker eine Fläche von 2200 Quadratmeter für einen Kindergarten abzweigen." Hier sei es rundherum grün und damit wäre es ein idealer Platz. Die Standortfrage sollte komplett neu überlegt werden, "und dafür stelle ich den Antrag an den Stadtrat", endete Josef Biebl. "Der Antrag ist mit 400 Unterschriften untermauert", erklärte Bürgermeister Heinz Weigl.
Ein Zuhörer wollte von CSU/CWG/Aktive-Fraktionssprecher Alexander Ried wissen, welche Gründe für die Entscheidung den Ausschlag gegeben hatten. "Das Kostenrisiko liegt beim Investor und nicht bei der Stadt", erklärte Ried. Er sprach von einer Situation, wo sich fast alle einig waren und man nach besten Wissen und Gewissen entschieden habe, "aber wir haben sicherlich nicht alles bedacht." Er sei der Letzte, dem es nicht um das Wohl der Kinder gehe. Und er versprach: "Wir werden die Stimmung der Bürgerversammlung mitnehmen und nochmals reden." Auch PWG/SPD/JW-Fraktionssprecher Josef Lohrer meldete sich zu Wort: "Ich bin der Meinung, dass der Standort von den zwei die vorlagen, der Bessere ist. Wir haben abgewogen." "Aufgrund der Bürgermeinung könnte doch der Stadtrat den Beschluss auch revidieren?", lautete eine Frage aus der Versammlung und Hans Fleißer meinte: "Es ist doch nicht so schlimm, wenn sich ein Stadtrat jetzt anders entscheidet. Das ist doch auch in der Bundespolitik möglich, wie der Fall Maaßen zeigt." Der Bürgermeister jedenfalls gibt noch nicht auf. Bis zu einem Bürgerentscheid wolle er es aber nicht kommen lassen: "Das kostet Zeit und Geld." Weitere angedachte Standorte in Nähe Pfälzer Weg und Siechenwiesen seien "Grüne Lunge" bzw. Überschwemmungsgebiet und deshalb nicht möglich. Der Antrag von Josef Biebl wird in der Stadtratssitzung im Dezember behandelt.
Man könnte vom riesigen Freibadgelände locker eine Fläche von 2200 Quadratmeter für einen Kindergarten abzweigen.
Kindergarten OVI
Nachdem ich die Diskussion um den Kindergartenstandort in Oberviechtach nur in der Zeitung verfolgt habe, freue ich mich mich über den engagierten Antrag von Kreisrat Sepp Biebl auf der Bürgerversammlung.
Als Rentner und nicht Betroffener könnte mir die Diskussion eigentlich egal sein. Als ehemaligem Lehrer kann mir das aber nicht egal sein. Ich kann Josef Biebl nur zustimmen, die ersten Lebensjahre prägen uns Menschen. Es gibt keinen besseren Lehrmeister als die Natur pur. Leider kann man das heute nicht mehr realisieren.
Wir haben in Oberviechtach und in Pullenried zwei schöne Kindergärten mit großen Gärten, Gras, Blumen, richtigen Bäumen, singenden, zwitschernden, pfeifenden Vögeln, Insekten und mancherlei Kleingetier. Ich habe bei meiner Tätigkeit an der SVE in Oberviechtach selbst erlebt, wie schön und wichtig der Garten ist. Bei allen Jahreszeiten! Nicht nur den ganzen Vormittag/Tag brav sein, lernen, pädagogische Spiele spielen, Therapien mitmachen usw. – auch laufen, rennen, kraxeln, klettern, hinfallen, aufstehen, im Schatten sitzen, einen großen Baum umarmen, sich den Zeh anstoßen, lachen, toben, weinen .. all das passiert in den Pausen - draußen.
Ich möchte ein kurzes Beispiel erwähnen: Während meines Studiums der Sonderpädagogik an der Universität Würzburg musste ich in den Anfangssemestern eine Unterrichtsstunde vorführen. Thema „Warm und kalt“. Es war Winter, also hielt ich z. B. eine Plastiktüte voll Schnee bereit. Der Professor schüttelte hinterher nur den Kopf und meinte, „Warum sind Sie denn mit den Kindern nicht in den Garten raus gegangen, da gibt es doch echten Schnee.“ Am geplanten Kindergartenstandort in OVI gibt es nur geräumte, verdichtete Schneewälle- und haufen.
Inzwischen kann man ja „echten Schnee“ auch virtuell erzeugen und anschauen. Anschauen? Soll das reichen? Das schnelle Internet, das irgendwann auch die Stadtgemeinde Oberviechtach erreicht wird’s schon richten. Ein riesengroßer Sandkasten- Sandboxie- als Ersatz für echte Erde?
Immerhin kann man am neuen Standort (vielleicht?) einen echten Kreisverkehr bewundern. So was gab’s zu meiner Kinderzeit noch nicht.
Ich hoffe die Fraktionen gehen nochmals in sich und folgen dem hoffentlich neuem Vorschlag des CSU Fraktionsvorsitzenden Alexander Ried. Ach ja ... im Garten kann man auch über Schatten springen. Nicht nur im Kindergarten.
Josef Bodensteiner
Lukahammer
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