Oberviechtach
12.12.2024 - 10:15 Uhr

Ein ehemaliger Nato-General, sein Bezug zu Oberviechtach und ein Blick auf Russland

General a.D. Erhard Bühler kann beim Blick auf das russische Bedrohungsszenario auf berufliche Kompetenz bauen. Sein Fazit beim CSU-Diskussionsabend: „Hilflos ausgeliefert sind wir aber nicht“.

Wohin Europa? Die gegenwärtige militärische und politische Lage in Europa beleuchtet General a.D. Erhard Bühler bei einem Diskussionsabend des CSU-Ortsverbandes. Bild: lg
Wohin Europa? Die gegenwärtige militärische und politische Lage in Europa beleuchtet General a.D. Erhard Bühler bei einem Diskussionsabend des CSU-Ortsverbandes.

General a.D. Erhard Bühler erweist sich beim CSU-Diskussionsabend als überzeugender Fachmann in Sachen Sicherheitspolitik. Der Standort Oberviechtach ist ihm bei seiner militärischen Karriere in Erinnerung geblieben.

„Oberviechtach hat eine Rolle in meinem Leben gespielt“, bekennt General a.D. Erhard Bühler, als ihn der stellvertretende CSU-Ortsvorsitzende Jochen Schneider bei der Präsentation der Vita auch als Inhaber des Ehrentellers der Stadt Oberviechtach ausweist.

"Wie ein Löwe gekämpft"

General Bühler war siebeneinhalb Jahre als Brigadekommandeur und Divisionskommandeur auch für den Oberviechtacher Standort zuständig, wie er sich selbst rückblickend erinnert. Dabei kommt er auch auf Altbürgermeister Wilfried Neuber zu sprechen, der einst „wie ein Löwe für den Erhalt des Standorts gekämpft hat“. „Ohne Wilfried Neuber gäbe es heute keine Bundeswehr mehr in Oberviechtach“, bekennt Bühler und kommt nahtlos auf die heutige militärische und politische Lage zu sprechen.

„Wohin Europa“ ist das Thema, bei dem sich ein Vergleich mit der Wendezeit anbietet, als man bei der Führung der Bundeswehr in Straußberg sogar überlegte, russische Verbindungsoffiziere aufzunehmen. „Wir hätten besser auf das hören sollen, was Putin sagte und schrieb“, konstatiert der ehemalige Nato-General, der sich auf die Bundesregierung bezieht, die in Analysen eine ernste russische Bedrohung der Nato in fünf bis acht Jahren ermittelt habe. General a.D. Bühler nennt die aktuellen Krisen und Konflikte von den Angriffen der Huthi-Rebellen im Jemen bis zur jetzigen ungeklärten Entwicklung in Syrien. Er erwähnt auch „Nationalismen“ bei Nato-Staaten und vielfach zu niedrige Militär-Etats. Sorgen bereiteten auch nicht ausgereifte Sicherheitskonzepte.

"Inseln der Zusammenarbeit"

„Hilflos ausgeliefert sind wir aber nicht“, gibt er Grund zur Hoffnung mit einem von ihm entwickelten Mehrpunktekonzept. Unerlässlicher „Imperativ“ sei der Zusammenhalt bei Politikern und Soldaten. Ganz hoch bewertete er auch die Aufrechterhaltung der transatlantischen Verbindung. Dazu forderte er gesteigerte Investitionen bei den Militärhaushalten, wo er einen Widerspruch zwischen den Forderungen von Pistorius und dem Verhalten der Bundesregierung feststellte. Der europäischen Verteidigungsarmee erteilte er in Zeiten der Bedrohung eine Absage. Vielmehr sollten „kleine Inseln der Zusammenarbeit“ geschaffen werden. Weiter plädierte er für die Aufrechterhaltung des amerikanischen Nuklearschirms. Die britischen und französischen Nuklearpotentiale könnten diesen nicht ersetzen.

Zur Sicherung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine stellte es fest, dass Europa mit der jetzigen Investition von nur einem Prozent des Bruttosozialprodukts „weit entfernt von dem ist, was es machen könnte“. Da die russische Armee derzeit an den Frontlinien nur schwer abgewehrt werden könne, müsse die Logistik aus dem Hinterland abgeschnitten werden. Hinsichtlich diplomatischer Kontakte und Fragen eines Waffenstillstands wurde die Problematik von Sicherheitsgarantien für die Ukraine aufgeworfen. Eine Niederlage der Ukraine würde zu gewaltigen Flüchtlingsströmen führen.

Mehr Geld für Verteidigung

Unabhängig vom Krieg in der Ukraine werde Putin weiterhin versuchen die Europäer von den Amerikanern zu lösen und die Nato-Staaten zu bedrohen. Bei der Verteidigungspolitik müsse daher mit erhöhten Aufwendungen langfristig gedacht werden.

Bei der Diskussion kamen zahlreiche Wortmeldungen, wobei Peter Pirzer auf die Rolle von China und Indien blendete, die der Referent eher positiv beurteilte. Insbesondere wertete er China als Bremser bei den Nuklearwaffen.

"Das ist Unsinn"

„Dass bei einem etwaigen Taurus-Einsatz Moskau erreicht werden kann, ist Unsinn“, so Bühler auf eine Diskussionsfrage. Auch wären deutsche Soldaten für dessen Bedienung nicht erforderlich. Bei der Frage von Günter Gilch zur Zurückhaltung Russlands im aktuellen Syrien-Geschehen erkenne wohl Putin, bei Assad „aufs falsche Pferd gesetzt zu haben“. Peter Wunder blendete auf die Regierung Trump, wo General a.D. Bühler ein Abwarten signalisierte. „Die Amtsführung kann sich von dem unterscheiden, was im Wahlkampf gesagt wurde.“

General a.D. Erhard Bühler vermittelt seiner Zuhörerschaft überzeugende Einblicke in die gegenwärtige militärische und politische Lage in Europa.

Hintergrund:

Zur Person: General a.D. Erhard Bühler

  • Aufgewachsen: in Regensburg
  • 1976: Grundwehrdienst in Hemau
  • 1977 bis 1981: Studium Maschinenbau an der Bundeswehr-Hochschule Hamburg
  • Ab 1990: Offizier im Generalstabsdienst in verschiedenen Funktionen
  • 1992/93. zusätzlich US-Generalstabsausbildung
  • 2001 bis 2003: Adjutant bei Verteidigungsministern Scharping und Struck
  • 2003: Kommando über Panzerbrigade 12 in Amberg
  • 2009 bis 2013: Kommando über 10. Panzerdivision in Sigmaringen
  • 2010: Führung der KFOR in Pristina (Kosovo)
  • 2019: Commander des Allied Joint Forces Command der Nato in Brunssum als Viersterne-General
  • 2020: Ruhestand nach 44 Dienstjahren
 
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