Das waren noch Zeiten, als sich die Dampflok durch das Steinbachtal hinauf zum Bahnhof Oberviechtach mühte. Jetzt sind es die Freizeitradler, welche die kleinen Anstiege auf dem Bayerisch-böhmischen Freundschaftsweg zwischen Nabburg und Schönsee mit Muskelkraft oder E-Bike meistern. In Zeiten des Klimawandels gilt zwar "Mehr Schienenverkehr schützt Umwelt und Klima". Doch für den Erhalt der Regionalstrecken ohne nennenswerten Güterverkehr hätte auch ein früheres Umdenken sicher nichts gebracht.
Erster Zug fährt 1904
Mobilität bewegt: Heute wird das fahrerlose Fahren als intelligentes Verkehrssystem diskutiert, vor 150 Jahren war es der Aufbau eines Schienennetzes für die Eisenbahn. Pläne für eine Bahnstrecke in der Region wurden Ende des 19. Jahrhunderts greifbar. 1898 wurde das Projekt Nabburg/Schwarzenfeld-Schönsee genehmigt, zwei Jahre später gab es eine Konzession für die Strecke Nabburg-Oberviechtach. Die Baukosten des 29 Kilometer langen Streckenabschnittes Nabburg-Oberviechtach betrugen rund 1,8 Millionen Mark, die Erwerbskosten für das benötigte Bauland hatten die anliegenden Gemeinden aufzubringen. Die Eröffnung fand am 18. August 1904 statt. Im gleichen Sommer wurde die Verlängerung bis Schönsee genehmigt, doch die Bauarbeiten starteten erst drei Jahre später. Die Kosten für das nur 13 Kilometer lange Teilstück waren mit 1,4 Millionen Mark aber auch deutlich höher. Durch bis nach Schönsee ging es dann ab 1. August 1913. Die Bahnfahrt in die ehemalige Kreisstadt Oberviechtach startete im Bahnhof Nabburg an der Bahnstrecke Regensburg-Hof. In den 1930er-Jahren brauchte die Dampflok etwa eine Stunde für die 28,9 Kilometer. Bei Kilometer 3,3 gab es den ersten Haltepunkt Brensdorf. Danach überschritten die Gleise die Naab und führten in den Tälern der Schwarzach und Murach in den Nordosten. Wie heute noch in den Familien erzählt wird, fürchteten etliche Bürger den Geschwindigkeitsrausch und bezeichneten den technischen Fortschritt als "Teufelswerk".
Doch die Vorteile überzeugten schnell: Wer um 4.11 Uhr in Schönsee in den Zug stieg, war um 6.33 Uhr in Weiden oder um 6.37 Uhr in Schwandorf. Die Anbindung des Grenzlandes war damit sowohl zur Arbeitsstelle als auch zum Besuch einer höheren Schule gegeben. Wie der historische Fahrplan vom 15. Mai 1939 im Schaukasten am ehemaligen Bahnhof Oberviechtach besagt, gab es ab dem frühen Nachmittag auch vier Verbindungen nach Hause. Und wer um 21.25 Uhr in Nabburg startete, war um 22.32 Uhr zurück in Oberviechtach.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Wirtschaft auch in der ehemals kargen Oberpfalz Fahrt auf. Bald schon hatte jeder Haushalt ein Auto im Hof stehen und die Sitzplätze in den Eisenbahnwaggons blieben leer. So war es nicht verwunderlich, dass die Bundesbahn den Rückzug anstrebte. Der Personenverkehr, der in den letzten Jahren ausschließlich mit Schienenbussen bedient worden war, wurde am 30. Mai 1976 eingestellt. Dank des Bundeswehrstandorts in der Grenzlandkaserne lief der Güterverkehr mit Dieselloks weiter; ab 3. Juni 1984 allerdings nur noch bis zum Bahnhof Lind. Der letzte Zug auf der Trasse Nabburg-Oberviechtach fuhr am 15. Oktober 1994. Offiziell stellte die Bahn AG den Güterzugverkehr per Verordnung zum 1. Februar 1995 ein - und damit vor fast genau 25 Jahren. Die Demontage der Bahngleise startete im Jahr 1998. Unvergessen bleibt eine Nostalgie-Dampfzugfahrt im Mai 1991. Diese hatte die Stadtkapelle zusammen mit dem Nürnberger Verkehrsmuseum organisiert.
Den Bahnhof restauriert
Dank Unternehmer Siegfried Rossmann hat Oberviechtach in zentraler Lage keine Ruine stehen, sondern ein schönes Bahnhofsgebäude. 2002 kaufte die Rossmann KG der Stadt den Bahnhof ab. 2012 wurde der Abschluss der Außensanierung des Bahnhofsgebäudes und die Wiedererrichtung des abgebrochenen WC-Gebäudes gefeiert. Hingucker ist seitdem aber die restaurierte Lok, eine "Hanomag" der Baureihe 3427 aus dem Jahre 1899, die in ihrem gläsernen Lokschuppen am Freundschaftsradweg an die Eisenbahngeschichte der Eisenbarthstadt erinnert. Auch 25 Jahre nach dem "Aus für den Schienenverkehr" herrscht dank einiger Einkaufsmärkte reges Treiben in der Straße Am Bahnhof. Ein Stehimbiss wird gut frequentiert, und auch der Traum einer Gastronomie im Bahnhofsgebäude ist nicht utopisch.
Historischer Fahrplan
Im Schaukasten am ehemaligen Bahnhof Oberviechtach gibt es einen Einblick in historische Fahrpläne auf der Strecke Nabburg-Schönsee. Wer ab 15. Mai 1939 um 4.50 Uhr in Oberviechtach in den Zug einstieg, kam nach zehn Haltestellen um 5.50 Uhr am Bahnhof Nabburg an.
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