Als das Wappen des Panzergrenadierbataillons 122 vor wenigen Tagen bei allen Nachrichtensendungen zum ersten Truppenbesuch des neuen Verteidigungsministers auftauchte, rieben sich viele die Augen. Denn die grüne Fichte auf weißen Grund ist als Fahne und Markenzeichen der Garnisonsstadt Oberviechtach in der Region bekannt. Der Aufenthalt von Boris Pistorius in Altengrabow bei Magdeburg stieß auf internationales Medieninteresse. Das Wappen stand dabei vor einem Oberviechtacher Panzer, aus dem der Minister im Bundeswehr-Parka kletterte, um Einblicke in die Schieß- und Gefechtsausbildung zu erhalten.
Auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien berichtet der Kommandeur der Grenzlandkaserne, Oberstleutnant Ralf Georgi, von seinen Eindrücken auf dem Truppenübungsplatz in Sachsen-Anhalt. Er spricht von einem "durchwegs positiven Bild" und beschreibt Pistorius nach dessen Antrittsbesuch beim Deutschen Heer als sehr unkompliziert. "Er war sehr aufgeschlossen, sehr interessiert und er suchte das Gespräch." Die Oberviechtacher hatten ihre hochmodernen, zuletzt aber umstrittenen Puma-Panzer Los 1 - der Minister spricht von der Grundvariante - dabei. Sie sollen geplant 2024 mit überarbeiteter Technik (Los 2) ausgetauscht werden. Laut Georgi "etwas anderes" als die VJTF-Pumas ("Prototyp-Zwischenfertigung") in Regen. Während des Besuchs gab es keine Pannen oder Ausfälle: "Alle Panzer haben gefunkt, gefeuert, geschossen."
"Es war eine Übung und keine Vorführung für den Minister", stellt Georgi klar, "wir haben erst eine Woche vorher davon erfahren." Vor laufenden Kameras bezeichnete Pistorius das Panzergrenadierbataillon 122 "als wichtigen Bestandteil der Division, die der Bundeskanzler der Nato für besondere Aufgaben zugesagt hat". Die Oberviechtacher Soldaten gehören zur Panzerbrigade 12 "Oberpfalz" (Teil der 10. Panzerdivision), die als erste deutsche Heeresbrigade auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet wird. "Zur Vorbereitung auf die schnelle Einsatzfähigkeit diente auch die einwöchige Übung in Altengrabow", so der Chef der Grenzlandkaserne.
Scharfe Munition
Beim Ministerbesuch waren insgesamt 110 Oberviechtacher Soldaten anwesend: Die komplette zweite Kompanie sowie Teile der ersten, dritten und vierten Kompanie samt Stabselemente und zwei Reservisten. "Wir sind am Montag hoch und am Freitag mit den Hauptkräften wieder zurück." Boris Pistorius kam am Donnerstag, an seinem siebten Arbeitstag als Verteidigungsminister vorbei, um Einblicke in die Schieß- und Gefechtsausbildung zu bekommen. "Wir haben den Minister mitten ins Gefechtsfeld reingestellt", berichtet Georgi. Er saß zusammen mit dem hohen Gast hinten auf dem Puma, als der 40-Tonnen schwere Schützenpanzer über die winterlich braune Heidelandschaft, vorbei an einzelnen Fichten und Birken, bretterte. Beim Aussteigen habe er dann über den Ablauf der Übung informiert. Wie auf You-Tube-Videos zu sehen, rollen von rechts die mit Fichtenzweigen getarnten Schützenpanzer nahe heran, umfahren eine Sperre. Es wird scharf geschossen. "Mit 30-Millimeter-Patronen", so Georgi. In der Ferne sprühen Funken, Rauch steigt auf. Beim Rückzug krachen weiter Schüsse übers Gelände, sechs Soldaten mit Gewehren sitzen vom hinteren Kampfraum ab.
"Der Minister war hoch beeindruckt und begeistert von der Leistungsfähigkeit der Panzergrenadiere und des Pumas, von Geschwindigkeit und Feuerkraft", stellt Ralf Georgi fest und ergänzt lächelnd: "Er hat bei uns zum ersten Mal den Puma live im Gefechtsbild gesehen." Auf die Oberviechtacher Soldaten wartete noch ein Sahnestück ihrer beruflichen Laufbahn: Boris Pistorius zog den rechten Handschuh aus und reichte allen mit einem "Guten Morgen" die Hand. Anschließend forderte er die angetretenen Panzergrenadiere auf, einen Halbkreis für eine Gesprächsrunde ohne Kameras zu bilden.
Laut Georgi habe der SPD-Minister kurz die Zielvorstellungen für seine Amtszeit erläutert, dass "er vorhat länger im Amt zu bleiben und die Soldaten öfters besuchen möchte". Er erhoffe sich Impulse und ein Feedback, quasi als Rückkoppelung zwischen Ministerium und Truppe. Danach kamen die Männer und Frauen in Uniform zu Wort. "Die Soldaten wünschen sich Rückhalt von der Politik und langfristige Entscheidungen, um zu wissen, wo die politische Reise hingehen soll", berichtet der Kommandeur, "vorher war es Stabilisation, jetzt sind wir in der Landes- und Bündnisverteidigung". Dem Minister sei mit auf dem Weg gegeben worden, dass die Zeitenwende umgesetzt und mit dem Geld das Richtige für die Soldaten beschafft werden soll. "Die Truppe würde gerne üben, braucht aber Zeit und Material." Das hat auch bei Pistorius Priorität. Schon in der nächsten Woche wolle er Gespräche mit der Industrie für Rüstungsbeschaffungen führen, kündigte er an.
"Schön war's"
Auch wenn nun seit langer Zeit wieder ein ehemaliger Wehrpflichtiger die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte hat, befähige dies laut Oberstleutnant Georgi nicht automatisch dazu. "Aber es tut gut, wenn ein Minister schon in der Rolle steht." Auch sei es ein Zeichen, dass er sich vor 40 Jahren nicht für den Ersatzdienst entschieden habe. "Schön war's. War gut, dass ich das mal sehen konnte." Mit diesen Worten verließ der Verteidigungsminister den Platz. Im Gepäck das Wappen des Panzergrenadierbataillons Oberviechtach - sein erstes Geschenk von der Truppe.
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