Ottengrün bei Bad Neualbenreuth
15.06.2018 - 17:26 Uhr

Mehr als nur Rasenmähen

Die Sonne strahlt auf den Neualbenreuther Golfplatz. Es ist gerade mal 8 Uhr morgens. Ein paar vereinzelte Golfer ziehen bereits ihre Runden. Thomas Keil war bereits vor ihnen am Platz. Er ist das Mädchen für alles.

Im Golfcart fährt Thomas Keil über den Platz. plym
Im Golfcart fährt Thomas Keil über den Platz.

(plym) Wettertaugliche, praktische Schuhe, eine grüne, bequeme Hose und ein blaues T-Shirt, das ist Arbeitsoutfit von Thomas Keil. Zudem darf nie ein Lächeln auf seinen Lippen fehlen. Sein Arbeitstag beginnt früh. Schon vor 6 Uhr ist der Familienvater am Golfplatz und arbeitet. Auszumachen scheint es ihm nicht allzu viel. Zumindest sieht er frisch und motiviert aus.

Der 33-Jährige ist Greenkeeper. Er arbeitet erst seit Oktober auf dem Golfplatz. Durch seine Praktika und seinem Selbstinteresse für den Beruf, hat er dafür längst ein hohes Maß an Erfahrung gesammelt. Obwohl er keinen "grünen Beruf" von Anfang an erlernt hat, sondern ein Quereinsteiger ist, hat er den Golfplatz fest im Griff. Zuvor hat er als Baumaschinenmechaniker bei seinem Onkel gearbeitet. Doch er entschloss sich für einen Wechsel und lernte in Freising Fachagrarwirt für Golfplatzpflege in 12 Wochen auf 2 Jahre verteilt.

"Ein Ordner war zum Beispiel nur für die verschiedenen Grassorten", erinnert sich Thomas. Fächer waren unter anderem Ökologie, Spielplatzpflege und Spielbetrieb. Nachdem er alle Prüfungen bestanden hatte, konnte er direkt als Greenkeeper einsteigen. Doch dabei soll es nicht bleiben: "In zwei Jahren strebe ich an, eine Ausbildung zum Headgreenkeeper zu machen. Drei Jahre Berufserfahrung sind Voraussetzung für diese Qualifikation. Doch eigentlich bin ich schon jetzt inoffizieller Headgreenkeeper."

Direkt neben der Kleinen Kappl bei Ottengrün befindet sich des Golfclubs Stiftland (GSC). 1982 wurde Verein gegründet. Die 9 Bahnen, die 1988 eingeweiht wurden,verwandelten sich bald in 18 und mit dem Kurzlochplatz in 27 Bahnen. Initiator Professionell Matthew Gatrall eröffnete 2016 sogar ein Schwunganalysezentrum für Video- und Bildaufzeichnungen. Die Zahl der Mitglieder beläuft sich auf etwa 470.


Fünf Greenkeeper

Möchte man Thomas Keil den ganzen Tag über begleiten, muss man früh aufstehen. "Unsere Arbeitszeiten wechseln saisonbedingt von Montag bis Sonntag von 4.30 bis 22 Uhr, je nach Vegetation, Wetter und Pflegearbeit. Die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden wird aber meistens schon eingehalten." Außer ihm gibt es noch vier weitere Greenkeeper. Im normalen Arbeitsbetrieb hat jeder seine speziellen Hauptaufgaben.

Der 33-Jährige hat seine für heute schon erfüllt: Die Pattflächen mähen. Bei den 18 Hauptbahnen, die über den insgesamt 74 Hektar großen Platz verteilt sind, ist das eine mühsame Aufgabe. Sie dauert zwei bis drei Stunden. Manchmal ist er aber auch auf Hilfe angewiesen: "Für spezielle Tätigkeiten muss im Team gearbeitet werden. Vertikutieren, airifizieren oder topdressen dauert allein viel zu lange."

Würde man jedoch den ganzen Tag mit dem Neualbenreuther verbringen, sähe man ihn und seine Kollegen hauptsächlich auf den Rasenmähern: "Die Semi-Roughs, also die halb verwilderte Fläche wird nur einmal pro Woche gemäht, die Fairways, also der hauptsächlich genutzte Spielplatz sogar dreimal pro Woche und die Driving Range, sozusagen der Übungsplatz, zweimal pro Woche." Bei der Behauptung, ein Greenkeeper müsse "nur mähen, sonst nichts", muss Keil lachen. "Es ist weitaus mehr. Einmal pro Woche wird gedüngt und gespikt. Löcher versetzen, nachsäen und bügeln sind nur ein paar von vielen aufwendigen Maßnahmen, die wir regelmäßig treffen müssen."

Im Golfkart geht es auf den Platz. Der Neualbenreuther zeigt auf einen Bunker: "Zwei- bis dreimal pro Woche und vor jedem Turnier rechen wir mit einem Bunkerrechen extra den Sand auf. Auch die Kanten an der Seite müssen mit einer speziellen Maschine geschnitten werden, dem 'Bunkerkantenschneider'." Allein um alle Bunker in Stand zu halten, brauche man pro Pflegerunde Minimum drei Stunden."

Im Laufe der Fahrt zeigt der Experte auf Mülleimer, Fahnen, Getränkeautomaten, Abschlagsmarkierungen, Ballautomat und die Schilder. Der Greenkeeper ist bei weitem nicht nur dafür da, das Gras grün zu halten. Er erfüllt gleichzeitig die Hausmeister und Mädchen-für-alles-Funktion. Sogar den Besucherparkplatz muss er mähen und sauber halten.



Tipps für Hobbygärtner

Manchmal wird er sogar zum Mechaniker, wenn ein Golfkart mal wieder nicht funktioniert. Zwar geht die Saison nur von März bis November, doch für Entspannen bleibt auch im Winter wenig Zeit: "Der 'grobe' Jahresablauf ist vor Saisonstart zu planen und zu erledigen, wie zum Beispiel Materialbeschaffung wie Dünger und Saatgut, Platzeinrichtungen planen und Maschinen warten."

Wer soviel Ahnung vom Rasen hat, dessen Garten sieht sicher 1a aus, könnte man meinen. Doch bei dem 33-Jährigen ist das Gegenteil der Fall: "Mein Rasen daheim sieht furchtbar aus. Ich habe keine Zeit zum Mähen und zur Pflege erst recht nicht. Mein Vorgänger hat sich sogar einen Kunstrasen gekauft."

Trotzdem hält der Greenkeeper Tipps für Hobbygärtner parat: "Düngen ist auch für den privaten Rasen wichtig. Dazu gibt es ja extra kleine Streuwagen zu kaufen. Beim Düngemittel unbedingt auf den Eisengehalt achten. Durch das Eisen ist der Rasen nicht nur gesünder, sondern sieht auch grüner aus." Wer das Unkraut loswerden möchte, sollte sich einen Vertikutierer besorgen. Für eine einfachere Rasenpflege reiche auch einfach regelmäßiges Mähen: "Maximal ein Drittel sollte gekürzt werden, bei einer Länge von 9 Zentimeter, also 3 Zentimeter." Im Frühjahr sollte man vor dem ersten Mähen etwas länger warten. Denn je länger das Gras an der Oberfläche wächst, desto stabiler seien die Wurzeln."

Die gleiche Technik wenden die Greenkeeper am Golfplatz an, obwohl die Golfspieler oft nicht zufrieden damit seien, kritisiert Keil. "Momentan gibt es oft Beschwerden, dass das Gras noch nicht tief genug ist. Meistens beschweren sich allerdings Leute mit hohem Handicap, die das Golfen sowieso nicht können. Bei denen ist dann natürlich das Gras schuld. Es wäre schön, wenn nicht nur ich auf die Golfer, sondern auch die Golfer auf mich Rücksicht nehmen würden."

Die klimatische Lage am Golfplatz sei zudem nicht die beste. "Am günstigsten wären wasserdurchlässige, sandige Böden mit viel Wind." Und Hobbygärtner aufgepasst: "Frost ist gar nicht so schlecht für den Rasen, weil er Pilze und Bakterien abtötet. Am schlimmsten ist nasskaltes Wetter bei 5 oder 6 Grad. Perfekte Voraussetzungen, da hier die Jahresdurchschnittstemperatur bei 6,8 Grad liegt", erklärt der zweifache Familienvater mit einem Augenzwinkern. Um den Rasen zu prüfen, steht er selbst oft mit dem Golfschläger in der Hand auf dem Platz und spielt eine Runde. Dabei begleiten ihn manchmal seine Töchter Annalena (7 Jahre) und Annika (9 Jahre), die sogar Mitglieder beim Golfclub sind. Außerdem enthüllt der Greenkeeper: "Auch der Mutter haben wir das Golfen schon ein wenig beigebracht."



Greenkeeper Thomas Keil inspiziert den Rasen und prüft ihn auf Qualität. plym
Greenkeeper Thomas Keil inspiziert den Rasen und prüft ihn auf Qualität.
Der Greenkeeper weiß, wie man die Grünflächen auf dem Rasen am effizientesten mäht. plym
Der Greenkeeper weiß, wie man die Grünflächen auf dem Rasen am effizientesten mäht.
Auch die Gehölzpflege gehört zum Greenkeeping. plym
Auch die Gehölzpflege gehört zum Greenkeeping.
 
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