5 Uhr früh, der Wecker surrt. Draußen ist es an diesem Morgen noch dunkel, drinnen, unter der Bettdecke, kuschelig warm. Markus Lang steht auf, schleicht ins Bad, duscht, sucht sich die passende Kleidung zurecht. "Business casual" ist für heute angesagt. Schickes Hemd, Stoffhose. Krawatte, Sakko? - "Trägt heute kaum noch jemand", sagt der 48-Jährige, der als Witron-Projekt-Manager schon mal früh raus muss, wenn es zum Kunden geht.
An diesem Tag stehen Vertragsverhandlungen bei einem "Food Retailer" in der Nähe von Frankfurt im Kalender. Nahrungsmitteleinzelhandel, Filialist, einer der ganz, ganz großen in Deutschland. Und doch: ein typischer Kunde. 6 Uhr Abfahrt, zusammen mit einer Kollegin aus der Rechtsabteilung. Autobahn, Stop-and-Go, Ausfahrt Neu-Isenburg, um 9.30 Uhr geht es los. Auf der Kundenseite: acht Gesprächsteilnehmer. Ein Marathon, viele Einzelheiten. Leistungsumfang beschreiben, Realisierungsfristen und, und, und.
Lang schildert einen "typischen" Arbeitstag. Belegen will er damit genau das Gegenteil: "Kein Tag ist so wie der andere", sagt er. Er ist schon seit über 25 Jahren in der Firma beschäftigt. "In der Projektarbeit kommt man viel herum", erzählt er. Vor Jahren hatte er gemeinsam mit Kollegen dabei geholfen, den US-Markt zu erschließen, war in Holland, England und anderen Ländern.
Handelsgiganten
Zurzeit ist er viel in Deutschland unterwegs, oft auch in Spanien. Dort steht seit Jahren Mercadona auf der Kundenliste, die größte Lebensmittelhandelskette auf der iberischen Halbinsel. "Namhafte Spieler im Food-und-Retail-Markt, wie Mercadona, sind klassische Witron-Kunden", charakterisiert Lang die Klientel des Parksteiner Welt-Unternehmens. "Für Mercadona realisieren wir in der Nähe von Barcelona ein großes Distributionszentrum." Klar, dass Lang regelmäßig in Katalonien aufschlägt. "Man arbeitet konzentriert und hat viel zu tun, hat aber zugleich auch Freiräume, um sich etwas anzuschauen oder durch die Stadt zu joggen", schwärmt Lang von seinem Job und verfällt kurz ins Oberpfälzische: "Barcelona is scho niad schlecht."
Frühe Fragen
Das Kerngeschäft von Witron ist die Planung und Realisierung von großen Distributionszentren. Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, "Lagerhallen" mit Leben zu erfüllen: Witron plant Regal- und Kommissionierungssysteme, organisiert den Transport der Produkte innerhalb der Halle (also die Um-, Ein- und Auslagerung) und integriert Verpackungs- und Versandanlagen. Dies geschieht häufig hoch automatisiert, Maschinenarbeit. "Es kann im Einzelfall aber auch sinnvoll sein, den manuellen Anteil hochzuhalten."
Der Automatisierungsgrad ist bereits eine grundsätzliche Frage, die frühzeitig geklärt werden muss. Konkret geht es aber auch um die Dimension des Logistik-Zentrums: Wie groß soll es werden? Welche Mengen müssen die Anlagen bewältigen? Wie schnell schlagen die eingelagerten Waren um? Geht der Kunde von wachsenden Absatzmärkten aus und damit steigendem Platzbedarf? Muss die eingelagerte Ware gekühlt werden?
Aus solchen Fragen resultiert - wenn man so will - das physische Innenleben des Logistik-Zentrums. Um die Warenbewegungen innerhalb des Distributionszentrums zu steuern, bedarf es einer ausgeklügelten Software, die ebenfalls von Witron entwickelt und programmiert wird. "Den Bau des Gebäudes und der Außenanlagen selbst übernehmen vom Kunden beauftragte Architekten", grenzt Lang den Kompetenzbereich seines Unternehmens ein, "das können die besser".
Junge Branche Intralogistik
Für das, was Witron macht, konnte sich eine neue Branchenbezeichnung etablieren: Intralogistik. "Intra", denn es geht um Dinge und Abläufe, die "innen", im Distributions-Gebäude, angesiedelt sind. Sie haben "zwischen" Einlagerung und Auslagerung ihren Platz. Intralogistik ist ein Begriff, der so jung ist, wie die Branche selbst. Gründer und Inhaber Walter Winkler begann 1971 sein erfolgreiches Start-up-Unternehmen und war damit ein Pionier.
"Heute haben wir 3500 Mitarbeiter", stellt Ingenieur Markus Lang stolz fest. Tendenz: steigend. Ein großer Teil davon arbeitet in Parkstein (bei Weiden), andere in einer der Niederlassungen in USA, Kanada, Holland, Großbritannien, Spanien, Frankreich, Singapur oder Australien. Ein Multikulti-Unternehmen. Und dennoch: "Wir sind organisch gewachsen, duzen uns und haben das Gefühl, zu einer Familie zu gehören."
In der Region tief verwurzelt, oberpfälzisch - und trotzdem weltgewandt. Mitarbeiter, die wie Lang an Projekten arbeiten, stehen mit beiden Beinen fest in der Heimat, sind eben aber auch viel auf Achse. ("Ich verbringe vielleicht 70 Prozent meiner Arbeitszeit in Parkstein, den Rest beim Kunden.") Lang schätzt das konzentrierte Arbeiten, gleichzeitig aber auch die Freiräume, die ihm sein Job eröffnet: "Klar gibt es anstrengende, lange Tage, andererseits viel zeitliche Flexibilität, um berufliche und Familieninteressen zusammenzuführen", sagt der Vater eines erwachsenen Sohnes und einer Tochter im Teenager-Alter.
Zunächst Praktikum
Seine Entwicklung zum Projekt-Manager hat der gebürtige Schirmitzer daher nie bereut. In Regensburg hatte er zuvor Elektrotechnik studiert und begann nach guten Erfahrungen während eines Praktikums 1993 bei Witron als Softwareentwickler. Er übernahm erste Aufgaben als IT-Verantwortlicher innerhalb von Kundenprojekten und ist heute als "Multi-Projekt-Manager" zum Mitglied der Geschäftsleitung aufgestiegen.
Projekte sind Kundenaufträge, also die Planung und Realisierung von Logistikzentren. "Die Investitionssummen können sich gelegentlich im unteren Millionenbereich bewegen, in der Regel geht es aber um zweistellige Beträge, zum Teil deutlich über der 50-Millionen-Schwelle. Das ganze Unternehmen ist daher auf das Gelingen der Projekte ausgerichtet." Als "Multi-Projekt-Manager" ist Lang verantwortlicher Entscheider für "vier, fünf" parallel laufende Projekte.
Um das operative Geschäft kümmern sich innerhalb des Projekts Projektteams, mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten. So gibt es Teams für Rechnertechnik, für Steuerungs- und Fördertechnik, für die Montage beim Kunden - jeweils mit einem eigenen Projekt- und Montageleiter (die ihrerseits dem Projekt-Manager berichten) und einen Projektbereich Zukaufgewerke (zugekauft werden teilweise zum Beispiel Regalfahrzeuge).
"Echter Winkler-Spirit"
Was aber auf den ersten Blick nach strikter Trennung von Kompetenzen aussieht, entpuppt sich auf den zweiten als enge Zusammenarbeit: "Ich bin nicht zuständig, gibt es bei Witron nicht", sagt Manager Lang, "bei uns gilt das Musketier-Prinzip: Einer für alle, alle für einen!"
Das sei für ihn der "echte Winkler-Spirit". Den wolle das Unternehmen an kommende Mitarbeiter-Generationen weitergeben. "Deswegen ist für uns die innerbetriebliche Ausbildung so wichtig. Wer sich bewährt, dem stehen alle Wege offen. Mit und ohne Studium. Und egal, was er zuvor gemacht hat."
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