„Weiden ist tolerant“ und „Neustadt lebt Demokratie“ - ab sofort sind Stadt und Landkreis im Schulterschluss tolerant und leben Demokratie. Kurz vor Auslaufen der ersten Förderperiode des Bundesprogramms „Demokratie leben“ tun sich Stadt und Landkreis zusammen für eine gemeinsame Demokratiekonferenz im Parksteiner Steinstadl.
Der stellvertretende Landrat Albert Nickl bezeichnet die Grundrechte als wichtige Voraussetzung für den Wohlstand des Landes. Diese wie auch der jahrzehntelange Friede in Europa würden leichtfertig als selbstverständlich betrachtet. Extremismus jeder Art sei der größte Feind der Demokratie, und diese wiederum kein Geschenk Gottes, sondern etwas, das dauernd neu verteidigt werden müsse. Mit Blick auf die Nazi-Diktatur im vergangenen Jahrhundert sagt Nickl: „So etwas darf nie wieder passieren.“ Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß erinnert an die zwei Nazi-Aufmärsche in Weiden und die jüngsten Morddrohungen gegen den SPD-Abgeordneten Uli Grötsch und mahnt gleichzeitig, keine Angst zu zeigen. Denn „Halle kann überall sein“, zitiert er den Leiter der Gedenkstätte Flossenbürg, Jörg Skriebeleit. Großen Nachholbedarf sieht Seggewiß eigenem Bekunden nach bei der Verfolgung rechter Straftaten: „Wo ist da die wehrhafte Demokratie?“
"Dramatischer Anstieg"
Wie deutlich die Zahl rechtsextremer Straftaten steigt und wie sehr die AfD Neonazis beflügelt, macht die Sozialwissenschaftlerin Birgit Mair vom Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) in Nürnberg deutlich. Mair gilt nach diversen Projekten und Veröffentlichungen als Expertin in Sachen Rechtsextremismus. Rassismus und Antisemitismus sind ihren Worten zufolge keine Randerscheinungen in einem nach rechts gerückten Europa. Im Jahr 2016 habe es deutschlandweit 3500 Anschläge auf Flüchtlingsheime gegeben, ein „dramatischer Anstieg“. Durch eine Partei wie die AfD, die Mair als „extrem rechts“, jedoch nicht als neonazistisch bezeichnet, fühlten sich Rechtsextremisten bestärkt, zumal die Partei sich viel zu wenig von diesen abgrenze, seit nahezu alle liberalen Kräfte die Partei verlassen hätten. Die Reden verschiedener Parteifunktionäre, nicht nur die extremer Gestalten wie Björn Höcke, unterschieden sich kaum von denen von NPD-Politikern. Mair kritisiert die vielen Einladungen von AfD-Politikern zu allen möglichen Foren, die es diesen ermöglichten, ihre extrem rechten Positionen als zunehmend normal zu verkaufen.
Szene genau beobachten
Die Expertin appelliert an die Zuhörer, im eigenen Umfeld genau zu beobachten und extreme Positionen und Handlungen an die Öffentlichkeit zu bringen, nur so könne man diesen begegnen. Die Ergebnisse der letzten Wahlen zeigten, wie groß der Rückhalt der AfD in der Region inzwischen sei. Gleichzeitig sei in der Region aber auch eine starke und wirkungsvolle Gegenwehr auszumachen gegen rechte Veranstaltungen. Mair nennt Beispiele und zeigt Gesichter wie das des Mantelers Patrick Schröder, der schon für die NPD kandidiert hat. Diese und deren Umtriebe zu kennen und genau zu verfolgen, um rechtsextreme Äußerungen und Handlungen öffentlich zu machen, sei die wirksamste Gegenwehr.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.