„Grüß Gott, ich bin der Seibertsbach, ein kleiner Oberpfälzer Bach. Vom Teichelberg herunter, fließ’ ich zur Nordsee munter.“ Mit diesen Worten begann Volker Grunert seinen knapp einstündigen Vortrag mit dem Titel „Der Seibertsbach erzählt“. Knapp 50 Zuhörer waren dazu in den Sitzungssaal des Rathauses gekommen und erhielten einen Einblick in die bewegte Geschichte von Groschlattengrün und Pechbrunn. Der 59-Jährige, von Beruf Verwaltungsbeamter an der Universität Bayreuth, stammt aus Groschlattengrün und ist ein begeisterter Heimatkundler.
Bürgermeister Stephan Schübel freute sich über das große Interesse und übergab das Wort an Volker Grunert. Zunächst zeigte der Referent den Verlauf des Seibertsbaches auf, der seinen Ursprung am Teichelberg hat. „Der Bach fließt durch Groschlattengrün, Pechbrunn, Oberteich und Mitterteich bis zur Kriegermühle, ehe er in die Wondreb mündet.“ Es folgte eine Reise in die Vergangenheit, in deren Mittelpunkt Groschlattengrün und Pechbrunn standen. Immer wieder wechselte Grunert dabei in die Perspektive des Baches und ließ ihn selbst sprechen.
1061 wurde laut Grunert in einer Urkunde über eine Straße von Forchheim über Kemnath nach Eger berichtet. Die Straße führte damals, so zitierte er Wolfgang Malzer, durch das obere Seibertsbachtal. „Das Seibertsbachtal bildete über viele Jahrzehnte einen Teil der Westgrenze des Reichslandes Eger. Darin begründet sind auch die ersten Ansiedlungen rund um den Teichelberg im 11. Jahrhundert“, erklärte der Referent.
Ansiedlungen verödet
In dieser Zeit seien rund um den Bach viele Orte entstanden, unter anderem auch Groschlattengrün, ehemals „Uscholdsgrün“. Während andere Orte wieder verschwunden seien, habe Groschlattengrün bis heute Bestand. Um 1140 wurde das Kloster Waldsassen gegründet. „Das Seibertsbachtal hatte damals durch seine Grenzsituation für die Region Eger seine Bedeutung, die es aber nach und nach wieder verlor, auch weil später die Handelswege und Straßen wieder neu angelegt wurden, wo sie den neuen Grundherren nützlicher waren“, so Grunert. „Die Menschen verließen damals wieder die Ansiedlungen am Teichelberg und im oberen Seibertsbachtal.“ Die damaligen Ansiedlungen seien mit der Zeit verödet, lediglich Groschlattengrün habe sich über die Jahrhunderte halten können.
„Erst im 16. und frühen 17. Jahrhundert wurden die Ansiedlungen bei Pechbrunn wieder bewohnt. Peter Fuchs übernahm 1554 eine alte verfallene Mühle am oberen Seibertsbach und baute sie neu auf“, führte Grunert weiter aus. "Er ist auch der Namensgeber für die ,Fix‘, so die vorherrschende Meinung.“
1773 fiel das gesamte Gebiet für mehrere Jahre Preußen zu, 1803 kam es zu Bayern und die heutige Grenze zwischen der Oberpfalz und Oberfranken wurde festgelegt. 1828 wurde laut Grunert eine neue Mühle am Seibertsbach erbaut, die nach 20 Jahren abbrannte und später wieder neu errichtet wurde. In den 1930er Jahren endete der Mühlbetrieb, ehe 1946 die Familie Gadelmeier die Mühle erwarb. Bis in die 1990er Jahre hinein sei die Mühle dann noch für die Viehfuttererzeugung genutzt worden. Viel Wissenswertes hatte Volker Grunert über die Eisenbahn zu erzählen. Die Linie zwischen Wiesau und Marktredwitz, die durch Pechbrunn und Groschlattengrün führte, wurde 1882 in Betrieb genommen. Rund um den Eisenbahnstandort habe sich eine rege Besiedlungstätigkeit entwickelt, die die heutige Größe der Gemeinde erst ermöglicht habe.
Gebäude verschoben
Der Verkehr sei so stark angewachsen, dass um 1900 ein zweites Gleis habe gebaut werden müssen. Deshalb musste das ehemalige Bahnhofsgebäude Groschlattengrün, welches seit der Gebietsreform im heutigen Pechbrunn steht, um zehn Meter nach Norden verschoben werden. So sei der „verrückte Bahnhof“ bekannt geworden. „Das war damals ein Spektakel sondergleichen, das deutschlandweit Beachtung fand“, sagte Grunert und verwies auf diverse Zeitungsartikel. 2019 wurde der alte Bahnhof abgerissen, heute erinnere daran nicht mehr viel, so der Referent.
Volker Grunert ging auch auf eine Viehseuche um 1760 ein, bei der viele Rinder ums Leben gekommen seien. Es seien nur Rinder verschont geblieben, die rund um eine „saure Quelle“ herum geweidet hätten, so der Referent. Seit dieser Zeit sei von der Heilkraft des dortigen Wassers die Rede gewesen. Um 1800 hätten mehrere Gelehrte die Heilkraft der Quelle öffentlich herausgestellt.
1908 erfolgten die Neufassung der Quelle und deren wirtschaftliche Vermarktung (Silvana). Nach mehreren Besitzerwechseln kaufte 1950 Carl Wolf das Unternehmen. 1984 wurde der Betrieb an die Firma Frankenbrunnen weiterverkauft, ehe er 1998 stillgelegt und die Brunnen versiegelt wurden.
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