Ein Fliederbusch an der Front zum Garten des Hauses in der Brauhausgasse 7 erzählt von besseren Zeiten. Von Mauern mit gemütlichen Räumen und einem Blick über die Stadtweiherwiesen. Noch bis vor wenigen Jahren war das Haus bewohnt, trotz des desolaten Zustands. Jetzt hängen graue Spinnweben-Reste von bröseligen Decken, und in den Innenräumen ist der frühere Anstrich unter Schichten von Staub und Ruß verschwunden. Im hölzernen Fußboden zeugt ein schwarzes Loch von dem Versuch, hier mitten in der Stube Feuer zu machen, und die Treppe in den ersten Stock sieht nicht wirklich stabil aus.
Trotzdem hat sich Gerhard Igl für dieses Objekt entschieden. "Der Blick von hier über die unverbaubaren Wiesen ist toll", schwärmt er und hat dabei den rückwärtigen Anbau im Visier, der einmal eine luftige Terrasse tragen könnte. "Da fließt der Schleifmühlbach vorbei, gleich gegenüber ist der dazugehörige Schrebergarten", erklärt er mit leuchtenden Augen. Solche Visionen sind es, die ihn dazu motivieren, die Altstadt in Pfreimd aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. Brauhausgasse Nummer 7 ist nicht sein erster Versuch sondern der dritte, und das Wort "Denkmalschutz" hat seinen Schrecken für ihn längst verloren.
"Mir haben schon immer Häuser mit Geschichte gefallen", erzählt der Unternehmer und Chef der Firma Igl Umwelt- und Gebäudetechnik. Was lag da näher, als mit einem besonders geschichtsträchtigen Haus zu beginnen, dem Myläushaus (Marktplatz 5), wo einst der "Pfreimder Schatz" aus dem 30-Jährigen Krieg wieder aufgetaucht ist. Noch dazu bei einer Frau, die bei den Plänen gut mitreden kann: Geoline Igl hat Bauingenieurwesen studiert und ebenfalls ein Herz für Häuser mit Geschichte. Sie zu sanieren, hat immerhin so viel Spaß gemacht, dass die Familie ein zweites Objekt angepackt hat, das sogenannte Dippert-Haus in der Rosengasse. Das Schild an der Fassade ist nagelneu. Es setzt einem früheren Bewohner ein Denkmal, der Glasermeister war - auch wenn hier inzwischen eine fünfköpfige Familie zur Miete wohnt, die mit diesem Handwerk nichts mehr zu tun hat. Nun sind die Pläne für das dritte Objekt in der Altstadt angelaufen. "Alle drei stehen unter Ensemble-Schutz", sagt der Bauherr, der sich der Tragweite dieses Umstands bewusst war: Außenfassade und Dachgestaltung müssen mit dem Denkmalschutz abgesprochen werden. Seine Erfahrungen mit der Behörde seien aber immer positiv gewesen. Den schlechten Ruf der Fachstelle könne er nicht nachvollziehen. "Unsere Ideen wurde schon berücksichtigt", stellt er fest und fügt hinzu: "Man tut sich natürlich leichter, wenn man selbst etwas übrig hat für Sprossenfenster in Holz." Eine große Glasfassade würde ja auch gar nicht passen zu einem historischen Bauwerk. Und an einer roter Dacheindeckung mit Biberschwanz-Ziegeln sei auch nichts auszusetzen.
"Wenn man sich vorstellt, wie viele Generationen hier ihr Leben verbracht haben,..." überlegt Gerhard Igl. Voller Respekt berichtet er von 1,20 dicken Wänden, die einst Teil der Stadtmauer waren. "Außen herum führte hier mal ein Wehrgang entlang, später haben die Pfreimder dann einfach an die Stadtmauer angebaut", staunt er und baut weiter, wo die Zeit stehen geblieben ist. Auch die Bauleitung bleibt in der Familie, wenn die Pläne eingereicht und Förderanträge genehmigt sind. Auf etwa 350 000 Euro ist das Projekt veranschlagt, das eine Entkernung vorsieht. "Mit halben Sachen wird man nicht glücklich, in so einem Fall müssen Fundamente freigelegt werden, sonst ärgert man sich nur, wenn nach einem halben Jahr der Putz abfällt", meint der 56-Jährige. Gerade bei Bauten im Schwemmland sei die Trockenlegung die größte Herausforderung.
"Für dieses Geld könnte man sich natürlich auch einen Neubau auf der grünen Wiese leisten", gibt er zu, "aber der hätte dann nie den Charme eines Altbaus". Und auch nicht die Vorteile. "Wo gibt es so etwas sonst? Nur ein paar Schritte zum Marktplatz, bequem zum Bäcker und Metzger, und in der Gasse kurz mit dem Nachbarn ratschen", malt der Pfreimder ein Bild, dessen schöne Seiten oft unterschätzt würden. "Wir können doch nicht immer mehr Baugrund erschließen und das Zentrum sterben lassen", fühlt er sich verantwortlich für die Zukunft seiner Heimatstadt. Ihm ist dabei auch klar, dass die "grauen und schwarzen Schuhschachteln, die jetzt modern sind", die Sanierungsfälle von morgen sein werden.
Der Altbau-Fan weiß aber auch, dass man einen langen Atem braucht, wenn man auf Fördergelder setzt. "Da kann es schon sein, dass der Zuschuss erst ein Jahr nach der Rechnung vom Handwerker eintrifft", gibt er zu bedenken. Lohnt sich dann so eine Investition? Gerhard Igl beantwortet diese Frage mit einem klaren Ja. "Wenn man alles mit externen Kräften erledigen muss, wird es natürlich knapp mit der Rendite", kalkuliert er. Man dürfe dabei auch den "Kostenblock Bauleitung und Planung" nicht unterschätzen. "Manche werden solche Häuser kaufen, weil sie kein Kapital haben", überlegt der Investor. "Aber ein Kübel Farbe reicht da nicht. Wer sich auf so ein Projekt einlässt, muss sich darüber im Klaren sein, dass er da wesentlich mehr Arbeit reinstecken muss." Alles in allem sei so ein Altbau trotzdem eine vernünftige Geldanlage - falls auch der Verkäufer keine unrealistischen Preisvorstellungen hat.
Wer sich in dem Häuschen umsieht, bekommt zumindest eine Ahnung von den Dimensionen: Im Erdgeschoss war nur eine Hälfte bewohnt, die andere fungierte als Stall. Und oben unterm Dach wartet auch viel Arbeit. "Der Dachstuhl kommt runter, wird saniert und kommt dann wieder drauf", skizziert Igl das Vorgehen. "Man wir davon nicht reich", so viel steht jetzt schon für ihn fest. Aber es geht doch nichts über den einen Augenblick, den er so beschreibt. "Der schönste Moment ist dann, wenn man davor steht und feststellt: Es ist doch schön geworden!"
"Wir können doch nicht immer mehr Baugrund erschließen und das Zentrum sterben lassen."
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