Campingplatz Plößberg: Camper bauen ab

Plößberg
15.04.2021 - 11:00 Uhr
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Leise Trauer, Fassungslosigkeit, Unverständnis und Wut bestimmten die Aufräumphase auf dem Campingplatz in Plößberg. Die Stellplatzmieter bauen ab und nehmen Abschied.

Schon von Weitem ist ein Hämmern, Bohren und Sägen zu hören. Bretter scheppern aufeinander. Auf dem Campingplatz in Plößberg hat die "aktive Ordnungsphase", die Räumung schon längst begonnen. Rund ein Dutzend Stellplatzmieter nutzt die Frühlingstage nach Ostern, um seine Parzellen weiter zu leeren. Für viele ist es ein schmerzlicher Abschied für immer.

Stimmung extrem mies

Reden will hier niemand mehr. Wozu auch? Bringt ja eh nix. Die Stimmung ist extrem mies. Die Dauercamper mussten sich geschlagen geben. Die einen sind einfach nur traurig, die anderen immer noch wütend. Still und leise belädt ein älterer Mann mit Hilfe eines jüngeren den Anhänger an seinem VW. "Ich kann immer noch nicht begreifen, wie das so weit kommen konnte", sprudelt es aus einer Weidener Seniorin heraus. Sie ärgert sich immer noch, wie mit den Leuten hier umgegangen wurde. Jahrzehntelang baute sie sich am Großen Weiher mit Herzblut ihr Ferienidyll auf. Jetzt packt sie zusammen. Kurz unterhält sie sich mit ihrem Nachbarn ein paar Parzellen weiter. Dann gräbt der Plößberger weiter seine Thujen-Hecke aus, die seit den Anfangszeiten des Platzes in den 1970er Jahren gewachsen ist.

Nur wenige siedeln um

Auch ein Ehepaar aus Störnstein transportiert gerade seinen Wohnwagen ab. "Es ist ein Drama", sagt der Mittfünfziger. "Unser erwachsener Sohn hat geweint, als er von der Schließung hörte." Viele Familien seien bereits über Generationen hier auf dem Campingplatz, Großeltern sahen dort die Kinder und Enkel aufwachsen. Rentner schufen sich ein Refugium. Junge Familien investierten kurz vor dem Aus erst mehrere Tausend Euro in ihr Feriendomizil. Die Störnsteiner Familie ist eine von wenigen, die auf einen anderen Campingplatz umsiedeln. Sie hat einen Dauerstellplatz bei Thumsenreuth gefunden. Das würden nur 40 von über 100 Stellplatzmietern machen. Alle anderen gehen für immer.

Campingplatz als Friedhof

Mittlerweile bietet sich auf dem Areal ein trostloses Bild. Der Großteil der über 100 Dauercamper aus Berlin, Nürnberg, Regensburg oder der Region leerte die Stellplätze bereits. Auf den meisten Parzellen sind weder Wohnwagen noch Anbauten, gepflasterte Terrassen oder kleine Bäumchen übrig. Auf anderen Plätzen sieht es teils sehr wüst aus. Chaotisch verteilt liegen Teile eines Pavillons, Reifen oder Kinderspielzeug herum. Besonders die Entsorgung des Mülls gestaltet sich für viele Camper schwierig.

Auf einigen Parzellen stehen selbst konstruierte Holzkreuze. Diese sollen symbolisieren, dass die Mieter ihre Zeit auf dem Areal beim Großen Weiher zu Grabe tragen und für immer abziehen.

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Plößberg02.12.2020
Hintergrund:

Chronik: Räumung des Campingplatzes Plößberg

  • Gründung des Campingplatzes Plößberg in den 1970er Jahren
  • Die Schließung des Campingplatzes beschließt der Marktrat in seiner Sitzung am 13. Oktober 2020. Nachdem das Areal 25 Jahre lang im Dauereinsatz war, ergaben sich laut Gemeinde erhebliche Mängel und Defizite. Außerdem fand sich kein neuer Pächter.
  • Die Dauercamper erfahren von der Schließung aus der Zeitung und sind massiv empört über die Vorgehensweise der Gemeinde. Am 18. Oktober treffen sich die aufgebrachten Camper auf dem Areal.
  • Die Stellplatzmieter sollten ihre Parzellen ursprünglich bis 31. März 2021 geräumt haben. Wegen immenser Beschwerden der Camper gewährt der Marktrat Anfang November 2020 eine Verlängerung der Räumungsfrist bis 31. Juli 2021. Der Betrieb wird aber wie geplant zum 31. März 2021 eingestellt, Strom und Wasser werden abgestellt. Eine Miete wird von April bis Juli nicht erhoben.
  • Eine sofort nach Bekanntwerden der Schließung gestartete Petition gegen die Räumung mit über 900 Unterschriften wird Ende November 2020 an den Bürgermeister übergeben. Die Petition kann den Entschluss nicht rückgängig machen.
  • Eine Aussprache zwischen Marktrats- und Verwaltungsmitgliedern sowie Camping-Vertretern im November bringt keine Einigung. Die Fronten sind verhärtet.
  • Aufgrund weiterer Anfragen erlaubt die Kommune den Stellplatzmietern in der „aktiven Ordnungsphase“, also während der Zeit, in der sie ihre Parzellen räumen, noch in den Wohnwagen auf dem Areal beim Großen Weiher zu übernachten.
 
 

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