Wie sehr sich Philipp Sommer auf seine neue Aufgabe freut, ist dem 25-Jährigen schon auf den ersten Blick anzusehen. Strahlend sieht er an sich herab, als Schneiderin Tina Zeitler seine künftige "Dienstkleidung" mit Nadeln absteckt. Diese soll perfekt sitzen, denn in gut einem Monat wird Sommer zum Botschafter für eine der ältesten Kulturlandschaften Europas ernannt. Er wird der neue – und erste – Oberpfälzer Wassermann.
Die Arbeitsgemeinschaft Fisch im Landkreis Tirschenreuth (Arge Fisch) kürte bisher alle zwei Jahre eine neue Teichnixe. Derzeit hat das Amt Sophia Bächer aus Muckenthal inne. "Uns war wichtig, dass der neue Botschafter Interesse am Thema Fisch und Teichwirtschaft hat, Freude am Austausch mit Menschen und Interesse, sich auf diesem Gebiet neues Wissen anzueignen", sagt Mariya Ransberger, Projektmanagerin der Arge Fisch im Fischwirtschaftsgebiet Tirschenreuth. Das Geschlecht spielte bei der Auswahl für den neuen Repräsentanten keine Rolle. "Jeder, der sich dazu berufen fühlt, sollte dieses Amt ausüben dürfen", meint Philipp Sommer, der in Waldsassen aufgewachsen ist. Dass er als Wassermann wohl in der Welt der Produktköniginnen heraussticht, ist ihm egal. "Auch Männer sollen und können Botschafter sein. Das ist für mich Gleichberechtigung."
Leidenschaft fürs Angeln
Als Mann in der Unterzahl ist Sommer auch in seinem Beruf. Der 25-Jährige arbeitet als Gesundheits- und Krankenpfleger und lebt in Weiden. Mit Fischen und anderen Wasserlebewesen beschäftigt er sich bereits seit seinem sechsten Lebensjahr. "Mich hat immer interessiert, wie sich Lebewesen unter Wasser bewegen und verhalten", erzählt er. Viele Urlaube verbrachte die Familie deshalb an der Ostsee. Einen eigenen Weiher besitzt sie aber nicht. Als Jugendlicher entschied sich Sommer dazu, den Angelschein zu machen. Die Leidenschaft für das Hobby entwickelte sich weiter. Anfangs ging es dem baldigen Wassermann nur um die Fische, später – so sagt er – rückte die Gemeinschaft der Angler mehr und mehr in den Vordergrund. "Wenn es mein Beruf zulässt, unterstütze ich die Teichwirte in der Region beim Abfischen." In Fischereivereinen finde man schnell Anschluss und habe ein gemeinsames Gesprächsthema.
Hobbykoch auf Instagram
Dass eine Teichnixe beziehungsweise ein Wassermann gesucht wird, erfuhr Sommer über den Angelsportverein Reuth bei Erbendorf. "Schnell stand für mich fest, dass ich mich für dieses Amt bewerben und damit etwas bewirken will", blickt er zurück. Schwerpunkte hat er sich bereits gesetzt: "Ich möchte das Interesse der Menschen an der regionalen Teichwirtschaft wecken und dazu appellieren, sich in Vereinen zu engagieren."
Ein weiterer wichtiger Punkt: die Kulinarik. Philipp Sommer ist leidenschaftlicher Hobbykoch. Spezialgebiet: Fischgerichte. "Ich wollte die Corona-Pandemie sinnvoll nutzen und habe viel ausprobiert." Aus Spaß habe er dann im April vergangenen Jahres einen Instagram-Account erstellt. Unter dem Namen "foodpoint_wen" kocht der 25-Jährige live vor der Kamera und präsentiert seine besten Gerichte. 635 Menschen folgen seinem Kanal bereits.
Hier zeigt Philipp Sommer seine Gerichte
Stoff aus der Region
Nach der erfolgreichen Bewerbung stand im April der erste Besuch bei Schneiderin Tina Zeitler aus Plößberg an. Den Wassermann einzukleiden, ist auch für sie eine neue Aufgabe. "Bei den Teichnixen haben wir mit Glitzer oder besonderen Farben gearbeitet." Beim Wassermann wird auf auffällige Details verzichtet. "Es soll ja nicht kitschig aussehen." Und dennoch: Zu jedem Stück Stoff hat sich die Schneiderin Gedanken gemacht.
Über einem weißen Hemd mit Perlmuttknöpfen trägt Philipp Sommer künftig eine beige Weste. Deren Muster lässt an feine Schuppen erinnern. Darüber kommt ein dunkelgrünes Sakko – ein sogenannter Cutaway. Dabei handelt es sich um einen Gehrock, der in seiner heutigen Form um 1900 in England entwickelt wurde. Das Sakko läuft hinten lang aus, vorne ist der Schnitt so offen, dass man die Hose fast bis zum Bund sehen kann. "Den Stoff haben wir von der Tuchfabrik Mehler aus Tirschenreuth", sagt Zeitler. Eine braune Hose macht das Outfit komplett. "Die Farben sollen an unsere Weiher erinnern. Diese sehen je nach Lichteinfall braun oder grünlich aus."
Zu sehen ist der neue Oberpfälzer Wassermann am Dienstag, 23. August, bei der offiziellen Übergabe in Friedenfels. Am 25. September wird er die Erlebniswochen Fisch in Kemnath eröffnen. "Ich bin gespannt auf die kommenden zwei Jahre und darauf, wie sie mich persönlich weiterbringen werden", sagt Philipp Sommer. Etwas Herzklopfen und Aufregung macht sich bei all der Vorfreude bereits jetzt bemerkbar, ist der neue Wassermann ehrlich.
Die bisherigen Teichnixen der Oberpfalz
- 1999 bis 2001: Carola Beer von der Fischzucht Beer in Kleinsterz
- 2001 bis 2003: Michaela Veigl aus Haunritz bei Kemnath
- 2003 bis 2005: Katrin Schießl aus Asbach bei Schwarzenfeld
- 2005 bis 2008: Franziska Zeitler aus Rothenbürg
- 2008 bis 2011: Verena Stier aus Thanhausen bei Bärnau
- 2011 bis 2013: Teresa Weiß aus Mähring
- 2013 bis 2015: Carina Doss aus Mitterteich
- 2015 bis 2018: Lena Bächer aus Muckenthal
- 2018 bis 2022: Sophia Bächer aus Muckenthal
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