Die strahlende Sonne und der blaue Himmel wollen nicht zur Novemberstimmung passen, die auf dem Campingplatz herrscht. Mehrere Stellplatzmieter werkeln in ihren kleinen Parzellen, versteckt hinter hohen Hecken. Die Hecken sind seit der Gründung in den 70er Jahren gewachsen, wie die Camper-Gemeinschaft. Jeder kennt jeden. Familien haben sich über Jahre hinweg ihr Feriendomizil geschaffen. Alles vorbei. Der Markt Plößberg hat den Dauercampern zum 31. März 2021 gekündigt. Erfahren haben sie das aus der Zeitung.
"Da wurde nichts gemacht"
Gerd Harant ist schwer enttäuscht darüber. Der 66-jährige Plößberger steht auf seiner fast leeren Parzelle. "Ich habe 15 Minuten geweint wie ein Kind." 900 Euro zahlt Harant jährlich für den Stellplatz, auch während des Lockdowns im Frühjahr. "Dann hat der Markt den Platz geschlossen, ohne uns zu informieren." Harant spricht von Stellplatzgebühren zwischen 600 und 900 Euro. Viele haben 30 Jahre lang bezahlt. 2,8 Millionen Euro etwa, rechnen Harant und sein Freund Christian Wolf aus, habe Plößberg in den Jahrzehnten von den gut 110 Dauercampern eingenommen. Warum im Rathaus nun von 800 000 Euro Verlust durch den Campingplatz die Rede sei, würde keiner verstehen. "Da wurde nichts gemacht. Die Sanitäranlagen sind wie immer. Nicht einmal die Löcher in den Zufahrtsstraßen wurden aufgefüllt!"
Umzug zum Doost
1974, gleich nach der Gründung des Zeltplatzes, erinnern sich Harant und Wolf, seien die Camper schon einmal vertrieben worden. Ein Investor wollte Ferienhäuser bauen. Aber der sei wieder abgesprungen. 46 Jahre lang ist Gerd Harant Fan vom Plößberger Campingplatz. Schon als Kind sei er mit seinen Eltern gekommen. Jetzt hat Harant einen neuen Dauerstellplatz "am Doost" bei Störnstein gefunden. Selbst, wenn die Gemeinde einlenken würde, sagt er, "will ich nicht mehr bleiben". Harant hat seine kleinen Bäumchen auf seiner Parzelle gefällt und dieses traurige Kapitel seines Lebens abgeschlossen.
Die Männer geraten ins Schwärmen über alte Zeiten. Zur Toilette habe man bis zum Badeplatz gehen müssen, in zig Silvesternächten seien sie bei 15 Grad minus mit 16 Leuten rund ums Lagerfeuer gesessen. "Im ersten Dauercamper-Vertrag hat Plößberg ausdrücklich angeordnet, dass außereheliche Beziehungen auf dem Campingplatz nicht erlaubt sind", lachen sie über solch überholte Platzregeln. Was Harant und Wolf ärgert, sind Aussagen des Marktes Plößberg über den schlechten Zustand des Campingplatzes. Und beim Spaziergang durch die Anlage sind eher schmucke Parzellen zu finden. Nur auf den Plätzen, die schon abgebaut werden, liegen Reste von Baumaterial.
Kindheit am Campingplatz
Auf der Terrasse ihres Wohnwagens steht das Ehepaar Witt aus Tirschenreuth. "Wir haben vor fünf Jahren 10 000 Euro reingesteckt. Jetzt soll das alles weg", klagt die 64-jährige Inge Witt. Christian Witt (63) erzählt, seine Eltern hätten ein paar Jahre den Kiosk beim Badeweiher betrieben. "Ich habe meine Kindheit hier verbracht." "Die Fledderer sind schon da", regt sich Christian Witt über Leute auf, die jetzt über den Platz laufen und Wohnwagen und Zubehör zu Spottpreisen kaufen wollen. Einer hätte ihm sogar den Abbau angeboten. "Der wollte 1500 Euro dafür und hätte auch noch alles mitgenommen." Die Witts können sich selbst helfen. "Und abgebaut", sagen sie, "wird noch lange nicht". Die Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht lenkt Plößberg ein oder die Unterschriftenaktion wird erhört.
Das ist alles schrecklich traurig. Aber was soll man machen.
Da brechen Welten zusammen
Nicht alle sind derart positiv gestimmt. Harant erzählt von zwei über 80-jährigen Leutchen, die von Anfang an hier seien und den Abbau allein nicht mehr bewältigen könnten. "Für sie brechen Welten zusammen." Abgesehen von den Abbau- und Verlustkosten zwischen 3000 und 5000 Euro, die jedem nun entstünden.
"Alles schrecklich traurig"
"Das ist alles schrecklich traurig. Aber was soll man machen", klagt Waltraud Hasing. Die 82-jährige Regensburgerin holt mit ihrem Sohn Achim einige Sachen aus dem Wohnwagen. Die betagte Dame hat vor 25 Jahren einen Dauerstellplatz gemietet auf Anraten von Weidener Verwandtschaft. "Meine Kinder, meine Enkel und meine Urenkel sind hier groß geworden", erzählt Waltraud Hasing, die jeden Sommer in Plößberg verbracht hat.
Jetzt kann Waltraud Hasing nicht mehr schlafen, so sehr setzt ihr die Kündigung ihrer Sommeridylle zu. "Ich wollte noch ein paar Jahre hier verbringen", sagt sie unter Tränen.
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